Eine Folgerung ist nur dann richtig, wenn sie sich auf korrekte Voraussetzungen gründet. Von den frühesten Zeiten der Geschichte bis zur Gegenwart ist die Methode des deduktiven Folgerns von Denkern angewandt worden, die gewisse Wahrheiten erkannten und von da aus Schlußfolgerungen zogen. Die Griechen befolgten diese Methode bei mathematischen Überlegungen, und ihre Schlußfolgerungen werden selbst heutzutage noch anerkannt, weil sie zuverlässig — beweisbar — sind. Die philosophischen Ableitungen der Griechen in bezug auf das Leben hingegen waren nicht zuverlässig, weil ihre Voraussetzung in diesem Punkte nicht korrekt war.
Anders verhielt es sich mit der Voraussetzung Christi Jesu, der sagte (Matth. 5:48): „[Ihr] sollt ... vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Des Meisters Deduktion, daß der Mensch vollkommen ist, weil der Vater vollkommen ist, war zuverlässig, wie seine barmherzigen Heilungswerke zeigten. Paulus beschrieb die praktischen Ergebnisse solch rechten Folgerns, wenn er sagte (1. Kor. 13:10): „Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.“ Und er suchte ferner in seinen Erörterungen die Korinther zu veranlassen, „kindische Anschläge“ oder Halbwahrheiten aufzugeben und zu erkennen, gleichwie sie erkannt wären.
Sowohl Jesus wie auch Paulus folgerten von der Grundlage des absoluten Guten aus, von der Grundlage des vollkommenen Gottes, der Seine eigene Schöpfung erkennt. Und ihre Schlußfolgerungen bekundeten sich in befreienden Beweisen — durch die Heilungswerke, die sterbliche Unvollkommenheiten überwanden.
Die Christliche Wissenschaft schließt sich ehrfürchtig dem deduktiven Folgern des Meisters an; sie beginnt mit der vollkommenen Ursache, um die vollkommene Wirkung — den Menschen als das vom Gesetz regierte Ebenbild des Geistes — zu beweisen. Mary Baker Eddy sagt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift" (S. 492): „Um richtig folgern zu können, sollten wir nur eine Tatsache vor Augen haben, nämlich das geistige Dasein. In Wirklichkeit gibt es kein anderes Dasein, denn Leben kann nicht mit seinem Ungleichnis, der Sterblichkeit, vereinigt werden.“
Es ist nicht zuviel gesagt, daß buchstäblich Millionen von Heilungen von sterblichen Sünden und Krankheiten stattgefunden haben, seit Mrs. Eddy die Wissenschaft des Christus entdeckte, die Jesus so vollständig demonstrierte. Das deduktive Folgern unseres Meisters eignet sich für jedes Zeitalter; es beweist, daß allein das Gute wirklich ist.
Aber dieses Folgern muß mit wissenschaftlicher Gründlichkeit und im Geist der Christlichkeit angewandt werden. Der Mensch, der der Heilung bedarf, muß als die geistige Idee des Gemüts identifiziert werden, die jetzt und immerdar mit dem vollkommenen Gott als dessen Sprößling und Ausdruck zusammenbesteht. Dies zieht die Abweisung des nichtigen, sterblichen Begriffs vom Menschen nach sich, der, wie Jesus sagte, die Lüge des Lügners ist; denn unser Meister folgerte, daß Gott Wahrheit ist und daß Sein Gegenteil, der Teufel oder das Böse, „nicht bestanden [ist] in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm“, und weiter: „Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben“ (Joh. 8:44).
Verkehrtes Folgern ist das Gegenteil des richtigen oder wahren Folgerns der Christlichen Wissenschaft. Verkehrtes Folgern beginnt mit dem Bösen und der Materie — dem Gegenteil des Geistes — und kommt zu der Schlußfolgerung, daß Sünde, Krankheit, Begrenzung und Tod wirklich sind und als Wirklichkeiten behandelt werden müssen. Verkehrtes Folgern ist von der Wahrheit seiner falschen Voraussetzung überzeugt, obwohl es nicht zu heilenden Schlußfolgerungen gelangt.
Als die Jünger Jesu nicht imstande waren, einen epileptischen Knaben zu heilen, rügte der Meister sie, indem er sagte (Matth. 17:17): „O du ungläubige und verkehrte Art, wie lange soll ich bei euch sein? wie lange soll ich euch dulden?“
Verkehrtes Folgern wird sich dem Christus so lange widersetzen, wie der Materialismus zu existieren beansprucht. Denn der Materialismus — Blindheit gegen die Gegenwart und Allheit und Macht des Geistes — ist die Grundlage verkehrten Folgerns. In jedem Fall, wo sich eine Heilung durch geistige Mittel allein verzögert, muß das, was am Menschen verkehrt ist — sei es nun bewußt oder unbewußt — als unwirklich erkannt werden und als unfähig, Gottes Forderung nach Gesundheit und Vollkommenheit zu widerstehen. Jesus gab mit folgenden Worten eine Erklärung für das Versagen seiner Jünger, den kranken Knaben zu heilen (Matth. 17:21): „Diese Art fährt nicht aus denn durch Beten und Fasten“, und die Christliche Wissenschaft bestätigt diese Lehre.
Mrs. Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 330): „Bis die Verfasserin dieses Buches die Unermeßlichkeit der Christlichen Wissenschaft, die Beharrlichkeit der sterblichen Illusionen und den menschlichen Haß gegen Wahrheit begriffen hatte, hegte sie die zuversichtliche Hoffnung, daß die Christliche Wissenschaft sofortige und allgemeine Aufnahme finden würde.“
Die „Beharrlichkeit der sterblichen Illusionen“ bezeichnet das Hindernis für den geistigen Fortschritt in der Zeit, in der wir leben, ob wir es nun mit einer sogenannten unheilbaren Krankheit zu tun haben oder mit einer festgefahrenen Situation bei den Bemühungen, den Weltfrieden aufzurichten.
Das verkehrte Folgern ungezählter Menschen in unserer Zeit, die die Materie zur Quelle des Lebens machen möchten, kann nur durch die Macht des Christus, die Wahrheit des Seins, überwunden werden. Mit einer verkehrten Gedankenrichtung läßt sich nicht reden. Ihre Illusionen sind für sie feststehende Tatsachen. Aber hartnäckiges Überzeugtsein von Unwahrheiten kann durch „Beten und Fasten“ ausgelöscht werden, wie Jesus es seinen Jüngern empfahl.
Das Gebet, das mit Gottes Allheit beginnt, beweist, daß das göttliche Gemüt das einzige Gemüt ist. Das Fasten, das sich weigert, die Wirklichkeit der Sünde und der Materie zuzugeben, demonstriert die Schwäche und Machtlosigkeit des Materialismus. Aber richtiges Folgern, das sich auf die Tatsache des geistigen Daseins gründet, muß konsequent betätigt werden, wenn sich die Offenbarung seiner Voraussetzung in der Macht zeigen soll, die sterbliches, lügenhaftes Denken zum Schweigen bringt, Gott im menschlichen Denken wieder Seinen rechtmäßigen Platz als dem Allmächtigen und Alles-in-allem einräumt und der mentalen Tätigkeit Einhalt gebietet, die den Frieden und den Fortschritt der Menschheit gefährdet.