Die Christliche Wissenschaft [Christian Science] lehrt die Allheit Gottes, des Guten, sowie die sich daraus ergebende Nichts- heit des Bösen oder des Irrtums. Sie stellt in dieser Frage keine bloßen Theorien auf; sie demonstriert den Unterschied zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen durch das Heilen.
Wer die Tatsache von der Allheit Gottes ehrlichen Herzens auf die Krankheit anwendet, kann beweisen, daß Krankheit nichts als ein Irrtum der Annahme ist. Ein klares Bewußtsein von der Allheit des Guten schließt die Möglichkeit von einem Bewußtsein von Krankheit aus. Wäre die Krankheit wirklich, so würde sie nicht verschwinden; wenn wir aber durch das Verständnis das Bewußtsein von der Allheit des Guten erlangen, verschwindet die Krankheit, und die Gesundheit wird als eine immer gegenwärtige Tatsache aufgerichtet.
Die heilende Macht der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] kann nur in dem Verhältnis demonstriert werden, wie die Allheit des Guten tatsächlich verstanden wird. Wir können sie nicht demonstrieren, indem wir lediglich über die Allheit des Guten sprechen oder nachdenken; das Gute muß erkannt, verstanden, verwirklicht werden. Um das tun zu können, müssen wir alles beseitigen, was einen klaren Blick von dem Guten als Gott, Geist, Gemüt, Prinzip verschleiern würde.
Wenn wir ein Zimmer mit einem schönen Blick aus dem Fenster haben und Unkraut aufwächst und uns den Ausblick nimmt, so würde der Gedanke, das Unkraut lieber nicht abzumähen, weil uns das von dem Ausblick ablenken würde, sehr schnell als unsinnig erkannt werden. Und doch ist es genau dieselbe gedankliche Einflüsterung, die zu uns kommt, wenn wir uns in das Studium der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] vertiefen, wenn wir uns bemühen, sie zu verstehen und im täglichen Leben anzuwenden.
Die Heilung tritt nur dann ein, wenn wir das absolut Wirkliche erkennen. Die Übel, die den Glauben an die Materie als etwas Lebendiges, Substantielles, Intelligentes oder Wahres begleiten, zeigen sich in Formen von selbstsüchtigem Wünschen, mentaler Trägheit, Ungeduld, Neid oder Stolz und halten uns davon ab, die Wirklichkeit zu erkennen. Diese Übel verneinen die Allheit des Geistes, Gottes, des Guten. Aber das ist nicht alles. Das sterbliche Gemüt argumentiert, es sei nicht notwendig, diese Irrtümer zu zerstören, ja wir könnten sie ignorieren und uns gleichzeitig der schönen Aussicht erfreuen. Wenn wir diese Suggestionen nicht handhaben und nicht darangehen, diese Übel zu zerstören, mögen wir uns wundern, warum wir nicht die Wahrheit in ihrer unendlichen Macht demonstrieren. Die Tatsache bleibt bestehen, daß wir das absolut Wirkliche nur dann gewahren und die Demonstration nur dann möglich machen, wenn wir den Irrtum ausschalten.
In einem Artikel mit der Überschrift „Wege, die vergeblich sind“ hat uns Mrs. Eddy eine eingehende Abhandlung über den tierischen Magnetismus gegeben — dies ist der Ausdruck, der in der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] benutzt wird, um den Anspruch des Bösen auf hypnotische Macht zu bezeichnen. Dieser Artikel erscheint in ihrem Buch „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ und beginnt mit den folgenden Worten (S. 210): „Gewisse Menschen sind der Ansicht, daß das christlich-wissenschaftliche Gemüts-Heilen zweiseitig sein und nur den Irrtum im allgemeinen brandmarken sollte — daß es insbesondere nichts aussagen sollte über den Irrtum, der die Menschen verdammt. Sie sind Verfechter eines falschen, bequemen Friedens, Menschen, die Mücken seihen und Kamele verschlucken. Sie sind zu feige, zu unwissend oder zu boshaft, um das unsichtbare Böse aufzudecken, das einzelnen oder der menschlichen Gesellschaft im allgemeinen zugefügt wird, und sie entschuldigen sich damit, daß sie die Existenz dieses Bösen leugnen. Dieser Falsche Weg, der die Sünde verbirgt, um die Harmonie aufrechtzuerhalten, hat dem Bösen freien Lauf gegeben, indem es ihm erst gestattete zu schwelen und dann in verzehrenden Flammen auszubrechen.“
In seiner Bergpredigt sagte uns Christus Jesus: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Matth. 5:48). Es ist eine Freude, über solch eine Vollkommenheit nachzudenken, doch wir werden es nicht weiterbringen als uns die Vollkommenheit vorzustellen, wenn wir nicht bereit sind, es mit dem Irrtum aufzunehmen und ihn in der Weise zu handhaben, die in dieser Predigt des Meisters angedeutet wird.
Der Verfasser des Hebräerbriefes spricht von Jesus, wenn er schreibt (4:15): „Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mitleiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht ist allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde.“ Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß Jesus das absolut Wirkliche erkannte, denn sein Heilungswerk legte unfehlbar Zeugnis ab für die Allgegenwart und Allmacht Gottes, des Guten. Aber aus seinen Predigten geht hervor, daß er die Ansprüche des Bösen kannte; und er bestand darauf, daß seine Nachfolger den Versuchungen des Bösen widerstehen, genau wie er es getan hatte, und auf diese Weise die Vollkommenheit erlangen, „gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist“.
Jesus war unser Wegweiser. Der Weg, den er uns zeigte, ist der Weg, der zu der Erhebung über alles Böse führt, über alle Materialität und Disharmonie, in das Bewußtsein der unendlichen Liebe, der Regierung des Guten, der Harmonie der Seele. Er sagte: „Die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden“ (Matth. 7:14). Sicherlich beschreibt seine Bergpredigt — in der wir nicht nur die Seligpreisungen finden, sondern auch Warnungen vor der Heuchelei, vor dem Dienen zweier Herren, vor dem Richten, davor, die Perlen vor die Säue zu werfen, vor falschen Propheten und bloßem Lippendienst — die enge Pforte, durch die wir eintreten müssen, ehe wir den schmalen Weg zum göttlichen Leben gehen können.
Wenn wir nicht heilen, wie Jesus es tat, können wir nicht ehrlicherweise sagen, daß wir das absolut Wirkliche erkennen. Wir müssen arbeiten, um die Irrtümer aufzudecken, die unseren Blick von der Wirklichkeit verschleiern wollen. Wir müssen sie ausrotten. Wenn wir das getan haben, können wir die Wirklichkeit sehen; und durch unser weiteres Studium können wir lernen, die Wirklichkeit noch besser zu verstehen. Dann vermögen wir Hindernisse oder Verzerrungen noch schneller aufzudecken und spontaner zu handeln, um sie zu zerstören.
Auf Seite 468 des Buches „Wissenschaft und Gesundheit“ von Mary Baker Eddy finden wir eine Erklärung, die die tatsächliche Grundlage für jede christlich-wissenschaftliche Behandlung bildet. Unsere Führerin hat vorgesehen, daß diese Erklärung in jedem Sonntagsgottesdienst verlesen wird. Es ist bedeutsam, daß die „wissenschaftliche Erklärung des Seins“ mit der Handhabung des Irrtums beginnt. Der erste Satz lautet: „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie“, und im nächsten Satz heißt es: „Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung, denn Gott ist Alles-in-allem.“