So nah war er der Liebe,
kein Vorwurf in dem Wort:
„Weib, was habe ich mit dir zu schaffen?
Meine Stunde ist noch nicht gekommen“,
als Jesus in Kana
verwandelte das Wasser einst in Wein.
Sprach er nicht ganz, wie ein Sohn unsrer Zeit
vielleicht still sagen mag:
„Ach, Mutter, wart, ich bin noch nicht so weit“?
Und doch, Maria muß gekannt,
gesehen haben Werke, die
das Kind, der Jüngling tat —
mehr Werke, als man glaubt —,
und sie im Herzen still bewahrt
voll Stolz und voller Schmerz,
weil menschlich ihr Zusammensein
so kurz bemessen war.
Und er, der so wohl wußte,
wie Liebe für die Ihren sorgt,
der liebevolle Sohn,
hätt' er nicht lange vor der Kreuzigung
für seine Mutter schon geplant?
Mit seinem Wort am Kreuz,
da er als letztes löste dieses zarte Band,
erinnerte er wohl Johannes nur an das,
denn nur Johannes bringt es,
was schon besprochen war
vor jenem Tag:
„Weib, siehe, das ist dein Sohn“ —
und zu Johannes:
„Siehe, das ist deine Mutter!“

So nah der Liebe
Aus der Februar 1965-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft