Wenn wir in der Betrachtung der Widersinnigkeiten des sterblichen Lebens verharren, können wir nie zu korrekten Schlüssen in bezug auf die göttliche Wahrheit kommen. Die Frage: „Was ist Wahrheit?“ hat die denkende Welt seit Jahrtausenden beschäftigt, aber der Fluch, der auf dem Genuß der Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse liegt, wie es im zweiten Schöpfungsbericht der Genesis berichtet wird, schließt zu allen Zeiten irrendes Denken von der Harmonie, dem Himmelreich, aus.
Mrs. Eddy erklärt: „Um richtig folgern zu können, sollten wir nur eine Tatsache vor Augen haben, nämlich das geistige Dasein. In Wirklichkeit gibt es kein anderes Dasein, denn Leben kann nicht mit seinem Ungleichnis, der Sterblichkeit, vereinigt werden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 492;
Viele Religionssysteme versäumen, den Widerspruch zwischen göttlichen Wahrheiten und dem Augenschein der physischen Sinne zu erklären. Nur in der Wissenschaft des Christentums finden wir die Lösung in der Entlarvung des physischen Augenscheins als unwirklich, als Illusion, als Nichts. Jesus demonstrierte die Einheit des Menschen mit Gott und die Nichtsheit des Bösen, indem er Sünde und Krankheit zerstörte und materielle Begrenzungen überwand. Er bezeichnete das Böse als einen Lügner und sagte: „Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Matth. 5:17; Mit seinen Werken erfüllte er die geistigen Gesetze der Allmacht Gottes und bewies die Ohnmacht und Nichtsheit des Bösen.
Die Christliche Wissenschaft erklärt die Werke Jesu nicht als Wunder, sondern als natürliche Demonstrationen der Allheit Gottes, des Guten. Wenn wir die Regeln dieser Wissenschaft, wie sie in „Wissenschaft und Gesundheit“ vollständig dargelegt sind, befolgen, können wir im Maße unseres wachsenden Verständnisses dieselben Werke tun, die Jesus tat und seine Jünger zu tun lehrte, und auf diese Weise die Illusion des Bösen zerstören.
Der absolute Standpunkt, von dem wir in unserer metaphysischen Arbeit ausgehen, ist ein vollkommener Vater und ein vollkommener Sohn, ein vollkommener Schöpfer und eine vollkommene Schöpfung. Wenn diese Wahrheit der Widerspiegelung verstanden und demonstriert wird, zerstört sie den Augenschein der physischen Sinne; wenn unser Herz bereit ist, wird die Christus-Idee immer gerade dort erscheinen, wo ein Bedürfnis zu sein scheint, und wird uns somit höher heben. Diese Bereitschaft zeigt sich, wenn wir durch unsere ernsten Gebete an die Stelle falschen, unvollkommenen, materiellen Denkens das christusgleiche Bewußtsein setzen.
Die Christus-Idee kommt, um zu erleuchten, zu erlösen und zu heilen. „So kommt denn und laßt uns miteinander rechten, spricht der Herr. Wenn eure Sünde gleich blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden.“ Jes. 1:18; Demut ist absolut unerläßlich bei diesem Vorgang der Erlösung. Obwohl wir in unserer metaphysischen Arbeit vom absoluten Standpunkt ausgehen, müssen wir diesen Standpunkt in jeder Phase unseres Lebens beweisen. Schritt für Schritt muß das Problem des Seins von jedem einzelnen ausgearbeitet werden, wobei er dort beginnt, wo er sich menschlich gesehen befindet.
Mrs. Eddy schreibt: „Der fromme Polykarp sagte: ‚Ich kann mich nicht auf einmal vom Guten zum Bösen wenden.‘ Ebensowenig vollbringen andere Sterbliche den Wandel vom Irrtum zur Wahrheit mit einem einzigen Sprung. Bis die Wissenschaft des Seins erreicht ist, bleibt das Dasein eine Annahme des körperlichen Sinnes.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 77; Und an einer anderen Stelle schreibt sie: „Gott verlangt Vollkommenheit, aber nicht eher, als bis die Schlacht zwischen Geist und Fleisch ausgefochten und der Sieg gewonnen ist.“ S. 254;
Die geistige Vollkommenheit ist hier und jetzt eine unumstößliche Tatsache. Wir müssen jedoch zu dieser Tatsache erwachen, und nur in dem Maße, wie wir diese Wahrheit demonstrieren, sind wir eigentlich zu ihr erwacht.
Manche Menschen könnten glauben, daß sich die göttliche Idee des Bösen bewußt sein muß, um auf der Ebene des empfänglichen, menschlichen Denkens erscheinen und die Menschheit erlösen zu können. Das würde besagen, daß das Böse ein Bestandteil ist, der zum Bewußtsein des göttlichen Gemüts gehört und somit Anspruch auf Wirklichkeit hat. Im Buch des Propheten Habakuk heißt es aber von Gott: „Deine Augen sind rein, daß du Übles nicht sehen magst.“ Hab. 1:13.
Wenn durch die geöffneten Fensterläden Licht in einen Raum fällt, wird es nicht ein Teil der Finsternis, sondern es vertreibt sie. Die Fensterläden mußten allerdings geöffnet werden. Wir können dies mit der Aufnahmebereitschaft, der gebeterfüllten Haltung vergleichen, die unser Bewußtsein für das Licht der Wahrheit öffnet.
Bei allen Phasen der sterblichen Annahme, mit denen wir täglich in Berührung kommen, müssen wir vom absoluten Standpunkt aus arbeiten, um über solche Annahmen Herr zu werden. Wir sollten aber niemals versucht sein, unseren Nächsten zu kritisieren oder ihm Vorschriften zu machen, wie er vorgehen soll, es sei denn, wir werden darum gebeten, denn die Erlösung ist individuell.
Auch sollte keine Person als Autorität gelten auf diesem schmalen Wege, denn jeder muß sich selbst für die Inspiration bereiten, die allein aus dem göttlichen Gemüt zu ihm kommen kann. Unsere einzige Autorität für die Christus-Wissenschaft sind die Bibel und die Schriften Mary Baker Eddys. Wohl kann einer dem anderen helfen, für die Wahrheit aufnahmebereit zu werden, das irrige Denken aufzudecken und zu überwinden, aber Inspiration kommt immer nur aus der individuellen Wahrnehmung der Einheit und Allheit Gottes und Seiner unendlichen Kundwerdung.