Im Gebet erhaschen wir einen Schimmer von der geistigen Wirklichkeit; aber manchmal scheint eine Unvollkommenheit, die wir zu zerstören suchen, immer noch wirklich zu sein. Gnade ist die Eigenschaft des Prinzips, die uns befähigt, nicht nur zu sehen, sondern auch zu beweisen, daß das Böse unwirklich ist.
Krankheit ist tatsächlich unwirklich. Die Christliche Wissenschaft zeigt, daß Krankheit eine der unangenehmen Illusionen der physischen Sinne ist; es gibt auch angenehme Illusionen. Weil die Menschheit die angenehmen Illusionen nur ungern fallenläßt, findet sie es schwierig, Krankheit zu überwinden. Wenn wir Herrschaft über Krankheit erlangen wollen, müssen wir das Denken aufgeben, das Illusionen für wirklich hält.
In einem alten Kirchenlied heißt es:
Wunder der Gnade ! Wie lieblich der Klang,
der mich so Elenden hat erlöst !
Gnade mag uns als ein Wunder erscheinen, aber vom Standpunkt der Christlichen Wissenschaft aus kann sie als etwas Natürliches angesehen werden. Es wäre tatsächlich mehr verwunderlich, sich vorzustellen, daß es dem göttlichen Prinzip des Universums an Intelligenz oder Macht oder Liebe fehle, uns zu erretten. Noch verwunderlicher aber wäre es zu glauben, daß das Prinzip nicht imstande sei, das menschliche Denken umzuwandeln.
Die Opferung Jesu war viel mehr als eine bloße Geste der göttlichen Liebe, die uns zeigen sollte, daß, wenngleich wir noch nicht imstande sein mögen, die Sünde hier zu überwinden, wir hiernach von ihr frei sein können. Dieses Opfer war und ist das höchste Beispiel jener Liebe, die der Meister lehrte. Es zeigt uns, daß wir das Leben finden, wenn wir unsere menschliche Auffassung vom Leben für unsere Freunde — und Jesus betrachtete selbst seine Feinde als seine Freunde — und für die Wahrheit niederlegen.
Des Meisters Auferstehung und Himmelfahrt ließen den Sieg erkennen, den Liebe mit sich bringt. Die Wissenschaft zeigt, daß jeder, der den Christuslehren folgt, aufhören kann, sich an die Illusionen der physischen Sinne zu klammern — aufhören kann zu sündigen —, um so Herrschaft über Disharmonie und Krankheit zu gewinnen.
Gnade ist in der wahren Substanz, oder dem göttlichen Prinzip, immer vorhanden gewesen. Wenn wir jedoch nur materielle Zustände beobachten, die sich aus anderen materiellen Zuständen entwickeln, übersehen wir dieses grundlegende Element des Universums und seiner Geschichte. Manche materielle Dinge kann man nur mit Hilfe eines Mikroskops beobachten; bei anderen ist ein Teleskop notwendig; wieder andere werden nur durch infrarotes oder ultraviolettes Licht sichtbar. Gnade kann nur durch Glauben erkannt werden.
Es ist nichts Geheimnisvolles damit verbunden. Es erfordert Glauben, ein Experiment in der Physik durchzuführen — Glauben an die Methode, die man anwendet, Glauben an die Sinne, deren man sich dabei bedient. Der Glaube des Experimentierenden zeigt sich darin, daß er das Experiment durchführt. Wir beweisen unseren Glauben an die Gnade des göttlichen Prinzips, wenn wir uns auf der Suche nach Hilfe an das Prinzip oder dessen Gesetz wenden, das die Wissenschaft des Christus, der Wahrheit, ist.
Paulus sagte: „Aus Gnade seid ihr gerettet worden durch den Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.“ Eph. 2:8; Dies ist die Antwort auf die Frage: „Kann ich geheilt werden?“ Es ist eine wissenschaftliche und praktische Antwort.
Durch ein solches Vorgehen erhalten wir den Beweis von der Liebe Gottes zum Menschen. Dieser Beweis wird in den geschichtlichen Ereignissen offenkundig, die in der Bibel aufgezeichnet sind, und gipfelt in dem Erscheinen Jesu von Nazareth. Er nimmt in unserem eigenen Leben die Gestalt von Heilung an. Mrs. Eddy schreibt: „Durch alle Generationen hindurch, vor wie nach der christlichen Zeitrechnung, ist der Christus, als die geistige Idee — die Widerspiegelung Gottes —, mit einem gewissen Maß von Macht und Gnade zu allen denen gekommen, die bereit waren, Christus, Wahrheit, zu empfangen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 333.
Das Urdasein wie auch das gegenwärtige Dasein war niemals und ist auch jetzt nicht bloße materielle, sich selbst entwickelnde Substanz. Wir sind nicht aufgrund von Gesetzen der Wahrscheinlichkeit oder aufgrund von Kräften der Materie die Menschen geworden, die wir sind. Das Gute, das uns zuteil geworden ist, und das Gute, das wir ausdrücken, ist unser durch Gnade.
Als Ideen des einen Gemüts sind wir tatsächlich aus dem Prinzip selbst hervorgegangen, aus dem Geist, nicht aus der Materie. Wenn wir dies verstehen, sehen wir, daß der Mensch geistig ist und daß Krankheit und Disharmonie Illusionen sind, die wir erleben, weil wir zu viel Glauben an die falsche, materielle Grundlage der Schöpfung haben. Wir können den falschen Glauben aufgeben und dafür dem göttlichen Prinzip, Liebe, vertrauen. Dann werden wir uns der Gnade bewußt, und wir gewinnen Gewalt über unser Denken, so daß wir die Illusionen von Disharmonie und Krankheit zerstören können. Aber damit dies möglich wird, müssen wir den falschen Sinn der Dinge, in dem materielle Freuden zugleich mit materiellen Schmerzen bestehen, zerstören wollen.
Unser Wunsch, nur die geistige Wirklichkeit zu sehen und uns ihrer zu freuen, bringt uns mit der Gnade des göttlichen Prinzips auf gleiche Linie. Dieselbe Gemüts-Kraft, die zu allen Zeiten gewirkt hat, um mehr gottähnliche Begriffe vom Dasein hervorzubringen, drückt sich heute durch jeden aus, der bereitwillig seine menschliche Auffassung von dem, was im Leben wichtig ist, für ein Leben der Liebe niederlegt.
Dadurch, daß wir um geistige Güte beten, daran arbeiten, uns mit dem Ausdruck der Liebe zu identifizieren, danach streben, die Nichtsheit der Materie und die Allheit des Geistes zu erkennen, wachsen wir in der Gnade. In demselben Maße erkennen wir dann die uns von Gott verliehene Gewalt über Sünde und Krankheit, und wir können sie demonstrieren.