Das Vordringen der physischen Forschung, mit dem Ziel, die endgültige Wahrheit, die Ursache, die Substanz und die Gesetze des Universums zu finden, und die gleichzeitige Beteuerung der orthodoxen Religion, daß diese endgültige Wahrheit bereits in ihren Dogmen enthalten sei, haben einen Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion geschaffen. Für keines von beiden war dieser Konflikt von Nutzen. Er hat die Wissenschaften wegen ihrer sogenannten atheistischen Tendenzen in gewissem Maße der religiösen Kritik ausgesetzt. Er hat die Religion weitgehend der wesentlichen Unterstützung seitens derer beraubt, die wissenschaftlich geschult und nicht willens waren, ihr Recht auf intellektuelle Entfaltung aufzugeben.
Dieser Konflikt beruht darauf, daß sowohl der Wissenschaftler wie auch der religiös Interessierte zugegebenermaßen glaubt, daß ihre betreffenden Gebiete Annäherungen an die Wahrheit vertreten, die voneinander verschieden und einander entgegengesetzt sind. Bevor die Christliche Wissenschaft auf der menschlichen Bildfläche erschien, behauptete der religiös Interessierte, daß Gott nicht durch Vernunft oder Logik gefunden werden könne, sondern allein durch den Glauben gefunden werden müsse. Der Wissenschaftler andererseits ist nicht in der Lage und gar nicht willens, irgendeine als Wahrheit dargestellte Erklärung anzunehmen, die nur auf dem Glauben an die alten Bibelstellen beruht.
Die Christliche Wissenschaft hat diesen Konflikt durch ihre Erklärung von der Wahrheit des Seins behoben. Obwohl sich diese Erklärung eindeutig auf die Bibel stützt, hält sie auch der genauesten Prüfung stand. Die Christliche Wissenschaft ist daher eine Religion, die die wissenschaftliche Genauigkeit bewiesener Wahrheit hat und in der die Wissenschaft die Heiligkeit und läuternde Macht der auf Wahrheit gegründeten Religion erlangt.
Wenn dem so ist, können dann Wissenschaft und Religion wirklich als unvereinbar in getrennte Gebiete voneinander abgesondert werden? Muß man zwischen den beiden wählen und dabei entweder die Gewißheit wissenschaftlicher Logik opfern, um die Erleuchtung durch den Glauben zu bewahren, oder auf die Führung durch läuternden Glauben verzichten, um mit mathematischer Genauigkeit Forschung zu betreiben? Die Christliche Wissenschaft beantwortet diese dringende Frage zur vollen Zufriedenheit beider, des Wissenschaftlers und des religiös Interessierten.
Sowohl Wissenschaft wie Religion streben nach Wahrheit. Was ist Wahrheit? Die Wahrheit ist das, was ist; das, was wirkliches und ewiges Dasein hat. Sie ist absolute Wirklichkeit. Wenn mit fettgedrucktem W geschrieben, ist Wahrheit in der Christlichen Wissenschaft ein Ausdruck für Gott, die Quelle oder den Schöpfer alles dessen, was wirklich existiert. Gott wird in der Bibel Wahrheit genannt. Moses erklärte: „Ein Gott der Wahrheit und ohne Falsch, gerecht und rechtschaffen ist er“ 5. Mose 32:4 (n. der engl. Bibel);, und Johannes schrieb: „Der Geist ist's, der da Zeugnis gibt, denn der Geist ist die Wahrheit.“ 1. Joh. 5:6; Die Christliche Wissenschaft bejaht diese Definitionen der Wahrheit als Gott oder Geist, der gerechte und rechtschaffene Macht und unendliche Intelligenz besitzt; als „Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis“ Jak. 1:17;. Ist dies nicht die wissenschaftliche, geistige Definition der Grundursache?
Da die Macht der Wahrheit geistig und sittlich und nicht materiell ist, sollte Wahrheit, Gott, oder die Grundursache, als das Gegenteil der Materie verstanden werden; und die Materie sollte selbstverständlich als das vermeintliche Gegenteil der Wahrheit betrachtet werden, denn Wahrheit kann — ebenso wie die Grundursache — kein wirkliches Gegenteil haben.
Was ist dann reine Wissenschaft? Sie ist Wissenschaft ohne Irrtum oder die Wissenschaft der reinen Wahrheit. Da Wahrheit im erweiterten Sinn Gott ist, ist die reine Wissenschaft göttliche Wissenschaft. Sie ist nicht menschengemacht: sie ist von Gott und muß daher geistig sein. Reine Religion ist Religion ohne Irrtum oder die Religion der Wahrheit, oder Gottes. Folglich ist sie nicht menschengemacht, sondern sie kommt von Gott, und sie ist nicht Gegenstand gedankenloser Hinnahme, sondern befreienden, geistigen Verständnisses. Wenn man von dieser grundlegenden Voraussetzung ausgeht, ist es dann nicht offensichtlich, daß die Materie weder ein Teil der reinen Wissenschaft noch der reinen Religion ist und daß beide notwendigerweise metaphysisch sein müssen? An diesem Punkt treffen Wissenschaft und Religion zusammen, da sie — gänzlich frei von menschlichen Mutmaßungen — Reinheit erlangt haben.
Dieser Punkt des Zusammentreffens ist Christliche Wissenschaft, denn sie läßt Gott als die Grundursache erkennen und ist eine vollständige Darlegung des Christus, der Wahrheit über Gott und den Menschen. Sie ist eine Erklärung der absoluten Wirklichkeit. Diese zu finden ist der endgültige Zweck allen physischen Forschens.
In einem verlagsrechtlich geschützten, in der Zeitschrift Think (Denke) erschienenen und auszugsweise im Christian Science Monitor abgedruckten Artikel von Dr. Charles H. Townes, Nobelpreisträger für Physik, finden wir einen Hinweis darauf, daß die Wissenschaft allmählich der reinen Religion näher kommt. Unter dem Titel „Die Annäherung von Wissenschaft und Religion“ schreibt der Autor: „Für mich sind Wissenschaft und Religion weltumfassend, und sie sind sich grundlegend sehr ähnlich.“ Und weiter unten auf der Seite sagt er: „Wenn Wissenschaft und Religion sich so weitgehend ähnlich sind und nicht willkürlich auf ihre Gebiete begrenzt werden, dann sollten sie sich letztlich irgendwann und unmißverständlich einander nähern. Ich glaube, daß dieses Zusammenfließen unvermeidlich ist. Denn beide veranschaulichen die Bemühungen des Menschen, sein Universum zu verstehen, und sie müssen sich schließlich mit derselben Substanz befassen.“ Die Christliche Wissenschaft hat geoffenbart, daß diese Substanz geistig ist.
Nun wollen wir uns aber, um objektiv zu sein, vor Augen halten, daß die Physik mit dem ersten Satz der „wissenschaftlichen Erklärung des Seins“, wie sie uns in „Wissenschaft und Gesundheit“ von unserer Führerin, Mrs. Eddy, gegeben ist, beinahe schon einiggeht: „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 468; Doch die Physik ist noch weit davon entfernt, die Wahrheit des zweiten Satzes anzuerkennen: „Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung, denn Gott ist Alles-in-allem.“
Sogar dann, wenn der Naturwissenschaftler auf seine Art die Unwirklichkeit der Materie entdeckt haben wird, wird es ihm nicht gelingen, aufgrund dieses Wissens zu heilen, es sei denn, daß er die absolute Wissenschaft der biblischen Erklärung anerkenne und sich zu eigen mache, „daß der Herr allein Gott ist und keiner mehr“ 5. Mose 4:35;. Diese Erklärung ist eine Darlegung der reinen Religion. Dann wird aus ihm ein wissenschaftlicher Christ oder ein Christlicher Wissenschafter geworden sein.
Das vollkommene Beispiel dieses Zusammentreffens von reiner Wissenschaft und reiner Religion in Theorie und Praxis wurde der Welt durch den Begründer des Christentums, Christus Jesus, gegeben. Seine religiösen Lehren erklären die Allheit, die absolute Güte und das Allwirken Gottes als die unendliche, uranfängliche Ursache und das wahre Wesen der Substanz als Geist, nicht als Materie. Und er erbrachte die absoluten Beweise von der Echtheit seiner Lehren, wie sie von der Wissenschaft zu Recht verlangt werden.
Während neunzehnhundert Jahren hat die Geschichte die Gültigkeit seiner Prophezeiung bestätigt: „Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen.“ Mark. 13:31. Der tiefe wissenschaftliche Sinn seiner Lehren ist untrennbar verbunden mit der ungeheuren religiösen Bedeutung seiner Heilungswerke, die seine geistige Herrschaft über alle Ansprüche der Materie auf Wirklichkeit, Intelligenz und Macht bewiesen. Diese Herrschaft war das direkte Ergebnis des christusgemäßen Wesens unseres Meisters.
Was hier gesagt wurde ist, kurz gefaßt, der Kern der Wissenschaft des Christus, der Entdeckung unserer Führerin. Das Studium ihrer Schriften hat Berge von Beweisen nach sich gezogen; Schriften, die seit mehr als neunzig Jahren der Welt der Wissenschaft und der Welt der Religion vorliegen und diese beiden durch die Macht geistiger Erleuchtung einander immer näher gebracht haben.
