Was gibt einem die Macht, auf geistige Weise zu heilen? Viele Menschen haben einen hohen sittlichen Standard und heilen doch nicht. Warum nicht? Weil sich der sittliche Mensch noch über den Glauben an den menschlichen Begriff vom Leben zum Verständnis des göttlichen Begriffs vom Leben erheben muß, in dem Sünde und Krankheit unbekannt sind. Das Verständnis, daß Geist Alles und die Materie nichts ist — da sie das Gegenteil vom Geist ist —, macht es uns möglich, die göttliche Natur auszudrücken, den Christus, den Gott Seinem Menschen, Seinem Gleichnis, verleiht. Und die göttliche Natur heilt.
Die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjən s'aiəns. versichert uns, daß alle Menschen die göttliche Natur durch die Demonstration ihres wahren Menschentums erlangen können. Jesus war der Wegweiser. Mary Baker Eddy sagt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“: „Die göttliche Natur fand ihren höchsten Ausdruck in Christus Jesus, der den Sterblichen die wahrere Widerspiegelung Gottes leuchten ließ und ihr Leben höher hob, als ihre armseligen Gedankenvorbilder es gestatteten — Gedanken, die den Menschen als gefallen, krank, sündig und sterbend darstellten.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 259;
In welchem Ausmaß demonstrieren Sie und ich die göttliche Natur? Sie gehört ewiglich zu uns, denn der Mensch ist Gottes Widerspiegelung, und die falsche Auffassung von uns, die die physischen Sinne darbieten, kann niemals die Natur ändern, die Gott uns gibt. Aber wir müssen jetzt jene vollkommene Natur in ihrer Wissenschaft erfassen, sie lieben, sie ausdrücken und sie uns zunutze machen, um jede Annahme auszulöschen, die die Reinheit des Menschen Gottes leugnet.
In unserer gegenwärtigen Daseinsauffassung erlangen wir hier und da einen Schimmer von der göttlichen Natur. Gerechtigkeit, Liebe, Barmherzigkeit, Wahrhaftigkeit, Weisheit und Intelligenz sind uns allen bekannt. Aber erfassen wir sie als untrennbar von Gott, ihrem Prinzip, und in ihrer unendlichen Natur? Vielleicht glauben wir, daß wir von der immergegenwärtigen Quelle der göttlichen Eigenschaften abgeschnitten werden oder sie nur undeutlich oder schwach ausdrücken könnten. Der wahre Charakter beginnt bei Gott, nicht beim Menschen, und ist in seiner Güte unbegrenzt.
Das Wissen um die absolute Geistigkeit gibt uns Macht über das Böse. Obwohl Sittlichkeit von Gott stammt und für unseren Fortschritt in den höheren Bereich des Geistes wesentlich ist, erhebt sie uns nur so weit, daß wir die Wirklichkeit lediglich von einem begrenzten, menschlichen Standpunkt aus wahrnehmen können. Der sittliche Mensche liebt das Gute, aber er glaubt noch an Materie, Krankheit und Tod. Geistigkeit gibt uns den höheren Standpunkt, von dem aus wir sehen, daß die Wirklichkeit völlig geistig ist und von der Materie und ihren Bedingungen getrennt besteht. Die göttliche Natur erhebt uns über alle Fleischlichkeit; sie ist die Widerspiegelung des reinen Gemüts und löscht alles Falsche aus.
Die Menschen erkennen oft die Notwendigkeit, Gottes Natur widerzuspiegeln, aber sie haben keine Hoffnung, die sündigen, unbarmherzigen, selbstischen mentalen Impulse, die sie gegen die Geistigkeit des Menschen blind machen, aus ihrem Denken austreiben zu können. Die Christliche Wissenschaft weist auf die Wahrheit hin, daß wir nicht aus uns selbst die göttliche Natur widerspiegeln; Gott hat bereits Seinen Menschen als geistiges Wesen geschaffen. Aber wir sind dafür verantwortlich, zu beweisen, was Gott getan hat.
Mrs. Eddy schreibt: „Der wirkliche Mensch kann von der Heiligkeit nicht abweichen, noch kann Gott, der den Menschen entfaltet hat, die Fähigkeit oder die Freiheit zur Sünde erzeugen.“ S. 475;
Die Christlichen Wissenschafter lernen, wie man auf metaphysische Weise den tiefsitzenden Anspruch des sterblichen Gemüts ausrottet, daß es einen Menschen schaffen könne, dessen Natur nicht göttlich ist; daß es einen Menschen zu beherrschen vermöge, Haß und Unsittlichkeit in ihm aufrühren, seine Liebe erkalten lassen und ihn sogar veranlassen könne, seine Mitmenschen unmenschlich zu behandeln.
„Des Menschen Unmenschlichkeit gegen den Menschen“, wie der Dichter Robert Burns die Schlechtigkeit der Sterblichen bezeichnete, ist in unserer Zeit zum Schlagwort geworden. Und George Bernard Shaw läßt in seinem Werk „Der Jünger des Teufels“ Anderson sagen: „Die größte Sünde gegen unsere Mitmenschen ist nicht, sie zu hassen, sondern gleichgültig gegen sie zu sein: das ist der Höhepunkt der Unmenschlichkeit.“ Gleichgültigkeit beraubt vielleicht die Menschen ihrer göttlichen Natur mehr als jede andere Sünde. Der unterste Teil der Hölle in Dantes „Inferno“ war eiskalt. Weder Kälte noch Haß können den wahren Charakter eines Menschen zerstören, aber diese Irrtümer verzögern seine Demonstration der göttlichen Natur, durch die das Heilen vollbracht wird.
Jesus faßte die Art und Weise, wie die göttliche Natur erlangt wird, in einigen wenigen Forderungen zusammen: Gott und den Nächsten zu lieben, die goldene Regel zu betätigen und den falschen Begriff vom Selbst zu opfern. Er sagte: „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde.“ Joh. 15:13;
In der Christlichen Wissenschaft ist Selbstaufopferung eine Freude, nicht eine unangenehme Pflicht. Selbstaufopferung bedeutet, aus der Vorstellung von einem sündigen, fleischlichen Selbst zu erwachen und sich der Selbstheit bewußt zu werden, die Gott schuf, damit sie Seine vollkommene Natur widerspiegele. Weil die fleischliche Natur unwirklich ist, kann sie die geistige Natur nicht herausfordern oder sich ihr widersetzen, und wir können diese Tatsache stets durch die Wissenschaft beweisen.
Geistiges Heilen ist nicht übernatürlich. Es bringt der Erde die Ordnung der Schöpfung, wie Gott sie im Himmel in all ihrer Harmonie und Reinheit und in ihrem Frieden aufrechterhält. Mrs. Eddy sagt: „Wunder sind in der Wissenschaft unmöglich, und hier nimmt die Wissenschaft gegen die volkstümlichen Religionen Stellung. Die wissenschaftliche Offenbarwerdung von Kraft entstammt der göttlichen Natur und ist nicht übernatürlich, denn die Wissenschaft erklärt die Natur.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 83.
Die Macht zu heilen ist für alle erreichbar, die bereit sind, den Preis der Selbstaufopferung zu zahlen, womit jene läuternde Erfahrung gemeint ist, durch die der falsche Begriff vom Menschen dem göttlichen Raum gibt. Diese Selbstaufopferung kann nur erreicht werden, wenn wir geduldig und beharrlich beweisen, daß der Mensch Gottes Ebenbild und seine Natur immerdar göttlich ist.
