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DIE BIBEL ALS ZUSAMMENHÄNGENDES GANZES: PAULUS, DER MISSIONIERENDE APOSTEL

[Diese Artikelserie zeigt die stetige Entfaltung des Christus, der Wahrheit, die ganze Heilige Schrift hindurch.]

Die Pastoralbriefe und das Märtyrertum des Paulus

Aus der August 1977-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Etwa im Jahre 60 n. Chr. schrieb Paulus aus seiner Gefangenschaft in Rom an die Philipper; er sprach von seinem Plan, ihre Kirche zu besuchen, und bat in seiner Mitteilung an Philemon sogar um Unterkunft. Wenn es sich auch schwer feststellen läßt, welchen Verlauf die darauf folgenden Ereignisse nahmen, besteht doch die Möglichkeit, daß er in einem ersten Prozeß freigesprochen wurde und sein Wunsch, die Länder im östlichen Mittelmeerraum noch einmal zu besuchen, in Erfüllung ging.

Manche Gelehrte bezweifeln eine Freilassung, indem sie sich auf den Mangel an eindeutigen Beweisen berufen. Einige bezweifeln eine Reise in östlicher Richtung mit der Begründung, daß Paulus beabsichtigte, von Italien nach Spanien weiterzureisen (s. Röm. 15:24, 28). Auf seine Freisprechung läßt jedoch eine Anzahl von Stellen neben denen in den Briefen an die Philipper und an Philemon schließen. In 2. Tim. 4:16 ist vom „ersten Verhör“ die Rede; es ist also möglich, daß der Apostel nach einem Prozeß freigelassen und später noch einmal verhört wurde. 1. Tim. 1:3 und 2. Tim. 4:20 (in denen erwähnt wird, daß Trophimus in Milet zurückblieb) sind vielleicht ein Hinweis auf einen anderen Besuch in Ephesus, Mazedonien und Milet als den in Apg. 20 beschriebenen (damals reiste Trophimus mit Paulus weiter). Außerdem mag Titus 1:5 einen längeren Aufenthalt auf Kreta andeuten als den in Apg. 27 erwähnten kurzen Besuch. Es besteht also die Möglichkeit, daß Paulus über Ephesus nach Philippi reiste, wenn er überhaupt aus der Haft entlassen wurde.

Ferner wird von vielen Gelehrten angezweifelt, daß Paulus der Verfasser der „Pastoralbriefe“ ist (1. und 2. Timotheus und Titus). In den Pastoralbriefen vermißt man stellenweise Paulus’ starken und energischen Stil, und es werden viele Wörter verwendet, die sonst in keinen anderen Briefen des Paulus zu finden sind. Aber an zumindest einigen Stellen der Briefe, die an seine vertrauten Begleiter Timotheus und Titus gerichtet sind, erkennt man vielleicht des Apostels Gedanken und Ausdrucksweise.

Angenommen, diese Briefe wären authentisch und Paulus machte eine letzte Reise nach dem Osten, so könnte er seinen ersten Brief an Timotheus (und auch den an Titus) irgendwo unterwegs geschrieben haben. Timotheus, ein treuer Begleiter des Paulus durch viele Widerwärtigkeiten, war sehr wahrscheinlich ein erfahrener Christ, obwohl Paulus manchmal auf seine Jugend Bezug nimmt und in 1. Tim. 1:2 von ihm als „meinem rechten Sohn im Glauben“ spricht. In Vers 3–11 rät Paulus ihm, sein seelsorgerisches Amt trotz des Widerstandes beizbehalten, um die Reinheit der christlichen Lehre zu bewahren. Wo Timotheus lebte, hatten sich einige Meister der Schrift in unnützes Geschwätz eingelassen, und so betonte der Apostel, daß die Liebe aus einem reinen Herzen fließen müsse, einem guten Gewissen, einem bescheidenen Glauben. Timotheus sollte seine Aufgaben furchtlos weiterführen und „eine gute Ritterschaft“ üben (V. 18).

Das dritte Kapitel dieses Briefes enthält die großen Richtlinien, die Paulus für den Charakter eines Aufsehers über Kirchenangelegenheiten oder eines „Bischofs“, wie es in der Lutherbibel heißt, gibt. Dann verurteilt Paulus die Irrformen in Lehre und Praxis, insbesondere die strenge Askese. Das wahre Ziel liegt in der Übung der Gottesfurcht, denn sie „ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens“ (4:8).

Timotheus mag manchen jünger erschienen sein, als es seine verantwortungsvolle Stellung erforderlich gemacht hätte. Doch Paulus ermutigte ihn, sich von niemandem wegen seiner Jugend die gebührende Achtung versagen zu lassen und gläubig zu bleiben, „denn wenn du solches tust, wirst du dich selbst retten und die dich hören“ (V. 16). Und in den letzten Kapiteln des ersten Briefes an Timotheus befaßt sich Paulus mit der Fürsorge für ältere Kirchenmitglieder, mit der Ernennung würdiger Gemeindevorsteher und mit der Verbesserung der Beziehungen zwischen Sklaven und deren Meistern. Der Apostel verurteilt das Gezänk der Menschen, die der Wahrheit beraubt sind, sowie weltliche Habsucht und rät: „Fliehe solches! Jage aber nach der Gerechtigkeit ... kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, dazu du berufen bist“ (6:11, 12).

Es steht nicht fest, welchen Weg Paulus nahm, nachdem er den ersten Brief an Timotheus abgeschickt hatte. Sein Brief an einen anderen Begleiter, Titus, läßt jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt einen Besuch auf Kreta vermuten. Paulus verließ dann Kreta, um in Nikopolis (vermutlich an der griechischen Adriaküste) den Winter zu verbringen; und nach seiner Abreise mag er den Brief an Titus, der auf Kreta zurückgeblieben war, geschrieben haben (s. Titus 1:5; 3:12).

Auch in diesem Brief spricht Paulus über Kirchenverwaltung und die Qualifikationen von Amtsinhabern. Insbesondere stellt er Titus selbst als Vorbild hin, „auf daß der Widersacher beschämt werde und nichts habe, daß er von uns könne Böses sagen“ (2:7, 8). Abschließend hält der Apostel die Kreter zu gesittetem Verhalten an, weist aber auch darauf hin, daß sie letzten Endes durch die Liebe Gottes errettet würden.

Während dieser letzten Mittelmeerreise — wenn Paulus sie überhaupt gemacht hat — mag der Apostel Troas, Korinth und Milet besucht haben (s. 2. Tim. 4:13, 20) und vielleicht auch andere Städte, wo er Gemeinden gegründet hatte. Manche Gelehrte glauben, Paulus habe schließlich seine letzten Jahre in Rom verbracht. Ob er nun freiwillig oder als Gefangener zurückkehrte (oder die Stadt nie verlassen hatte), es ist möglich, daß er um 64 n. Chr. der Christenverfolgung unter Kaiser Nero zum Opfer fiel.

Paulus befand sich offensichtlich im Gefängnis, als er seinen zweiten Brief an Timotheus schrieb — ja in strenger Haft —, und wurde schlecht behandelt, als ob er ein Verbrecher wäre (s. 2:9). Es ist unklar, ob nun das erste Verhör des Paulus dieser Gefangennahme vorausging und seine Freilassung zur Folge hatte oder ob es ein Teil eines ganzen Prozesses war, dem er sich am Ende seines Wirkens gegenübersah. Jedenfalls erging es Paulus genauso wie Jesus, als dieser von Petrus verleugnet wurde: seine Freunde verließen ihn. Doch die Worte des Stephanus während seines Märtyrertums hallen wider, wenn Paulus schreibt: „Es sei ihnen nicht zugerechnet.“ Und in seiner Not ermangelte es ihm auch nicht an Trost: „Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich“ (4:16, 17).

Schon zu Beginn des zweiten Briefes an Timotheus schaute Paulus über die Schatten des Todes hinaus, die sich um ihn her zu senken schienen, hin zu dem Licht fortdauernden Lebens (s. 1:1). Er ermahnte Timotheus, sich nicht zu schämen, daß er zum Segen des Evangeliums Widerwärtigkeiten erleiden müsse. „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht“ (V. 7). Paulus selbst wandte sich an Christus Jesus, „welcher hat dem Tode die Macht genommen“ und sowohl Leben als auch Unsterblichkeit ans Licht gebracht (V. 10; s. 2:8–11).

Paulus beschließt den Brief, indem er das mögliche Ende seines eigenen Wirkens erwägt. Er schreibt (wörtlich übersetzt): „Ich gieße schon mein Leben aus, und die Zeit meines Abscheidens ist da“ (4:6). Obgleich ihn nahezu alle verlassen hatten, blieb der treue Lukas doch noch bei ihm. Der Apostel bat auch Timotheus, sich ihm noch vor dem Winter anzuschließen und Markus und die in Troas zurückgelassenen wertvollen Schriftrollen — vielleicht enthielten sie die Heilige Schrift — mitzubringen. Paulus fügt hinzu, was seine letzten aufgezeichneten Worte sein könnten (V. 22): „Der Herr sei mit deinem Geiste! Die Gnade sei mit euch!“

Paulus wurde dann, wie viele glauben, im Verlauf der Verfolgung durch Nero hingerichtet; er besiegelte mit dem Märtyrertum ein Leben des unermeßlichen Dienstes an seinen Mitmenschen. Wie gut könnte doch für diesen größten Missionsapostel des christlichen Glaubens, der Juden und Heiden, Sklaven und Freien die heilende und erlösende Botschaft des Evangeliums gebracht hat, ein Nachruf mit seinen eigenen Worten geschrieben werden (4:7, 8): „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird.“

[Dieser Artikel beschließt die Serie.]

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