Jeder Grashalm, jede Blume, jeder Baum und jedes Haus hat eine Struktur, die ihm Kraft, Form und Ausdruck verleiht und es ihm möglich macht, seine Funktion zu erfüllen.
Und wie steht es mit der Kirche?
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns), definiert „Kirche“ in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift folgendermaßen: „Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.“ Sie erinnert uns daran, daß dieser „Bau“, oder diese Struktur, einen praktischen Ausdruck finden muß, indem sie anschließend sagt: „Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583;
Die Kirchenorganisation ist das menschliche Instrument, mit dessen Hilfe der geistige Begriff und die Demonstration von Kirche auf geordnetem Wege sichtbar gemacht werden kann. Solange wir eine Vorstellung von einem physischen Körper haben, brauchen wir eine menschlich organisierte Kirche. Wir sollten uns jedoch niemals derart von organisatorischen Aufgaben in Anspruch nehmen lassen, daß sie ein Ersatz für das geistige Erfassen und Demonstrieren der Christlichen Wissenschaft werden.
Wie können wir die Entfaltung eines geistigeren Begriffs von Kirche und eines christlicheren Begriffs von Kirchenorganisation wirksam fördern? Diese Frage läßt sich am besten beantworten, wenn wir unsere Haltung gegenüber der Kirche ganz objektiv prüfen. Ist die Kirche für uns eine geistige Idee, die, wenn verstanden, den heilenden, richtungweisenden Einfluß der göttlichen Wahrheit und Liebe in unser Leben bringt? Oder ist sie für uns nur eine menschliche Einrichtung, die der Menschheit in Zeiten der Not hilft? Sehen wir die Dinge wissenschaftlich? Bestimmt der materielle Sinn unsere Handlungen, oder werden wir vom geistigen Sinn geführt, der unser Bewußtsein erleuchtet?
Nehmen wir z. B. das künstliche Licht. Es erleuchtet nur einen Teil eines dunklen Zimmers. Es kann einen so starken Schatten werfen, daß wir die Dunkelheit manchmal stärker empfinden als das Licht. Ebenso erscheinen uns wahre Führung und göttliche Erleuchtung um so begrenzter, je mehr unsere Wahrnehmung von einem materiellen Sinn der Dinge abhängig ist. Verlassen wir uns dagegen auf das Licht des geistigen Verständnisses, sehen wir durch die Finsternis materieller Logik hindurch.
Die Tendenz, sich hauptsächlich oder ausschließlich menschlichen Aktivitäten zuzuwenden und zweitrangige Ziele zu verfolgen, entspringt einer Abhängigkeit vom materiellen Sinn und vergrößert diese Abhängigkeit. Chronischer Zynismus, Skepsis und Kritiksucht könnten dann leicht zu unseren „Weggenossen“ werden und unsere Einstellung unserer Kirche gegenüber beeinflussen. Dann dauert es nicht lange, bis wir aufgrund persönlicher oder materieller Bewertungsmaßstäbe die Motive und Tätigkeiten unserer Mitglieder in Frage stellen und gegenüber Mary Baker Eddy und ihrer Rolle als Führerin und Gründerin ihrer Kirche gleichgültig werden. Anstatt Mrs. Eddy und ihre Nachfolger zu unterstützen, läßt unsere Anerkennung nach, und wir begegnen ihnen herausfordernd oder mit einem Gefühl der Überlegenheit.
Brennt eine Glühbirne durch, so scheint die darauf folgende Dunkelheit doppelt stark und doppelt hinderlich zu sein. Das kluge Kirchenmitglied weiß, daß regelmäßiges Studium des Handbuchs Der Mutterkirche vor „Stromausfall“ schützt. Wenn wir uns durch die stockdunkle Nacht materiellen Denkens tasten, ist es oftmals schwer, die Richtung zu erkennen, die unsere Führerin uns im Kirchenhandbuch weist — diesem verläßlichen Führer, Kompaß und Begleiter unserer Lehrbücher, der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit —, obgleich wir es dann am nötigsten brauchen. Wenn wir das Kirchenhandbuch und seine klare Weisung, die uns den „Bau der Wahrheit und Liebe“ wahrnehmen läßt, studieren, erleben wir, wie Oberflächlichkeit durch ein leuchtend helles geistiges Licht ersetzt wird und wie der Buchstabe und der Geist der Christlichen Wissenschaft an die Stelle von selbstsüchtigen Gedanken und deren Befriedigung treten.
Christus Jesus verstand seine Einheit mit Geist, Leben und Liebe, und das befähigte ihn, dieses leuchtend helle geistige Licht auszustrahlen. Er wußte, daß dieses Licht — dieses göttliche Licht, das die Dunkelheit des sterblichen Sinnes durchdringt — keinen Widerstand kennt. Er beschrieb es folgendermaßen: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Joh. 8:12;
Jahrhunderte hindurch hat die Welt den Menschen Jesus für den Messias oder Christus gehalten, und dieses Mißverständnis hat notwendigerweise den individuellen Ausdruck von Christlichkeit begrenzt. Dasselbe kann man auch von der Kirche sagen. Der wahre Begriff von Kirche besteht im Bewußtsein, und nicht an einem materiellen Ort. Ein geistig erleuchtetes Bewußtsein läßt das Licht der Wahrheit am besten durchscheinen.
Durch das Licht des Christus, das keinen Widerstand erfährt, sehen die Mitglieder ihre Kirche und deren Möglichkeiten aus neuer Sicht. Dieses Licht treibt die Heilung und Evangelisierung der Menschheit voran. Wenn wir uns an der Kirchenarbeit beteiligen, bietet sich die Möglichkeit, Probleme von Einzelgruppen und im Gemeinwesen lösen zu helfen. Wir erleben dabei echtes geistiges Wachstum durch christliche Betätigung, und dies verleiht unserem Leben einen höheren Sinn.
Ich erinnere mich, wie ich mich einmal dem Gipfel eines viel bestiegenen Berges näherte. Das Gefühl des Triumphes und des Glücks war überwältigend. Doch in diesem freudigen Augenblick sah ich zwei Dinge, die mich zur Vorsicht mahnten: In unmittelbarer Nähe war auf einem steilen Abhang ein Schild mit der Aufschrift angebracht: „Bei Nässe das Gras nicht betreten — Rutschgefahr.“ Das andere war ein starkes Drahtseil, das im Felsen verankert war und eine gefährliche Stelle absicherte, die vor der letzten Wegstrecke zum Gipfel lag. Diese beiden Dinge waren keine Begrenzungen. Sie waren wohlüberlegte Vorkehrungen, vorsorgliche Sicherheitsmaßnahmen für den begeisterten Bergsteiger, dessen Enthusiasmus ungewollt traurige Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Ich hatte erstaunliche Höhen erklommen — die Aussicht war großartig —, und ich war beschützt, denn ich beachtete das Warnschild.
Für ebensowichtig halte ich unseren Gehorsam gegenüber dem Kirchenhandbuch. Es führt die Kirche Christ, Wissenschafter, und ihre Mitglieder auf sicherem Weg und beschützt sie vor unbedachten Abkürzungen. Das geistige Verständnis von Kirche ist das Licht, das alle Generationen aus materiellem Denken zur geistigen Erkenntnis der Gegenwart Christi und seiner erlösenden Macht führt.
Die Mitglieder der Kirche Christi, Wissenschafter, haben ein großes Werk zu vollbringen: Sie müssen in ihrem eigenen Leben die reine Lehre der Christlichen Wissenschaft demonstrieren und allen Völkern Heilung bringen. Diese Arbeit beginnt damit, daß sie die Kirche schätzen lernen, die Organisation durch aktive Mitwirkung unterstützen und die Christliche Wissenschaft demonstrieren. Nichts kann uns größeren Segen bringen. Warum? Weil dadurch das göttliche Gesetz erfüllt wird. Die Gründerin der Kirche Christi, Wissenschafter, schreibt: „Diese Kirche ist unparteiisch. Ihre Regeln gelten nicht nur für ein Mitglied, sondern gleicherweise für alle. Davon bin ich überzeugt, daß jede Regel und Satzung dieses Kirchenhandbuchs die Geistigkeit dessen, der sie befolgt, erhöhen und seine Fähigkeit, die Kranken zu heilen, die Leidtragenden zu trösten und die Sünder wachzurütteln, stärken wird.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 230.
