Gott offenbart sich beständig und berührt die Menschheit durch Seinen Christus. Durch aktives Beten können wir den Christus erkennen und verstehen, daß Gott vollkommen, vollständig, unser aller Vater und Mutter ist. Gebet beginnt dort, wo wir sind; und es wird erhört, sobald es uns auch nur ein wenig bewegt. Wenn wir zu Gott beten, erkennen wir an, daß Gott uns nahe und der Mensch untrennbar mit Ihm verbunden ist.
Solches Anerkennen wirkt wie Licht in der Dunkelheit. Und auf diese Weise wird Gebet erhört; es erleuchtet unser Bewußtsein, es veranlaßt uns, mehr als nur die materiellen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, und befähigt uns, das unwandelbare Gute gerade dort zu sehen, wo es scheinbar nicht ist. Dieser innere Wandel zeigt sich auch äußerlich. Aber Gebet ändert nicht einfach die Umstände; es ändert uns. „Aller christlicher Glaube, alles christliche Hoffen und Beten, jedes innige Verlangen bedeutet im Grunde genommen die Bitte: Mache mich zum Bild und Gleichnis der göttlichen Liebe“ Botschaft an Die Mutterkirche für 1902, S. 6., schreibt Mary Baker Eddy. Wenn wir uns mehr als das Ebenbild der göttlichen Liebe sehen, begegnen wir den Problemen mit einer erhebenderen und heilenden Einstellung.
Dem geistigen Menschen, dem ewigen Selbst eines jeden von uns, mangelt es an nichts, er braucht nicht einmal erneuert zu werden. Der Mensch muß nicht Gott gleich werden; er ist stets das genaue Ebenbild Gottes.
Aber das menschliche Wesen betet; und die Art und Wirksamkeit seines Gebets hängt von seiner moralischen und geistigen Verfassung ab und oft auch von einem Bedürfnis: dem allgemeinen Wunsch, Gott näher zu kommen; der notwendigen Läuterung eines speziellen Lebensbereiches; der Lösung eines dringenden Problems; einer umfassenderen Liebe zu der Menschheit. Das aufrichtige, unerschütterliche Verlangen, Gott zu verstehen und unser Handeln mit diesem Verständnis in Übereinstimmung zu bringen, ist das Gebet, das all das Gute auf Erden aktiviert.
Was wir durch Gebet erreicht haben, gehört uns für immer. Wir können sicher sein, daß ein Wandel in unserem Leben, der durch aufrichtiges Gebet herbeigeführt wurde, nicht rückgängig gemacht werden kann. Eine durch christlich-wissenschaftliches Gebet erzielte Heilung schließt einen Rückfall aus. Ebenso ist auch geistige Erneuerung unwiderruflich, denn aufrichtiges Gebet bestätigt immer wieder: „Dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.“ Matth. 6:13.
Wir müssen verstehen, was das Gebet nicht vollbringen kann, wie wir wissen müssen, was es bewirkt. Mrs. Eddy schreibt: „Das Gebet kann weder Gott ändern noch seine Pläne in sterbliche Verfahren bringen; aber es kann und wird unsere Verfahren und unseren falschen Begriff von Leben, Liebe und Wahrheit ändern, indem es uns zu Ihm emporhebt.“ Nein und Ja, S. 39.
Wenn wir „unseren falschen Begriff“ von Liebe aufgeben, so daß wir etwas von der universalen, ewigen Liebe erblicken, stellen wir fest, daß alles, was uns betrifft, der göttlichen Liebe untersteht. Das mag von uns verlangen, uns unserer Mitmenschen immer mehr bewußt zu werden und ihnen geistig und selbstlos zu dienen. Wir können uns über die Tatsache freuen, die im Brief des Jakobus steht: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.“ Jak. 5:16. Das trifft nicht nur auf unsere Gebete für andere zu, sondern auch auf die Gebete anderer für uns.
Wenn wir in einer mentalen Atmosphäre leben und arbeiten, in der wir akzeptieren, daß jeder sich bemüht, seinen Nächsten so zu sehen, wie Gott ihn sieht — in der der Christus und nicht der persönliche Sinn unser Sein bewertet —, wird unser geistiges Wachstum über alle Maßen gefördert. Und ein solches Wachstum ermöglicht es uns natürlich, einen besseren Beitrag zu unserer Kultur zu leisten, der alle Menschen bereichert.
Selbstverständlich fehlt „Gebeten“ zu bösen Göttern und mentalen Gesuchen mit bösen Absichten jede heilende Kraft wahren Gebets. Stellt jemand fest, daß gegen ihn und seine redlichen Absichten gebetet wird, werden alle bösen Einflüsse zerstört, wenn er sich an Gott wendet. Wahrheit, Leben, Liebe regieren alles. Es gibt nur einen Gott und deshalb nur ein Gemüt, und dieses Gemüt ist das Gemüt eines jeden von uns und bestimmt alle unsere Handlungen.
Haben die frühen Christen wegen der Tätigkeit Sauls vielleicht auf ähnliche Weise gebetet, als sein irriges Beten und Handeln in neue Bahnen gelenkt wurde? Obwohl er ein Jude war, der sich zu nur einem Gott bekannte, wollte er offensichtlich mit den Christen nichts zu tun haben, denn bis zu seiner Bekehrung war er fanatisch bemüht, die junge christliche Bewegung zu zerstören. Befolgten die Christen die Anweisungen des Meisters, müssen sie auch für Saul gebetet haben — sie konnten ihn nicht ausschließen. Es ist durchaus möglich, daß ein solches Einbeziehen der Verfolger, wie es Stephanus mit seinem Gebet veranschaulichte, S. Apg. 7:57–60. die christliche Bewegung und damit den Lauf der Geschichte änderte.
Ehe wir jammern, weil unsere Bittgebete in einem speziellen Fall nicht erhört wurden, sollten wir uns wohl fragen, ob wir wirklich gebetet haben. Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft gibt uns Mrs. Eddy zwei Fragen, die wir in bezug auf jedes Gebet stellen müssen: „Lieben wir unseren Nächsten mehr infolge dieser Bitte? Verharren wir in der alten Selbstsucht, zufrieden, daß wir um etwas Besseres gebetet haben, obwohl wir keinen Beweis für die Aufrichtigkeit unserer Bitten dadurch liefern, daß wir in Übereinstimmung mit unserem Gebet leben?“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 9.
Ein junger Mann, der sich manchmal Gott nahefühlte, zu anderen Zeiten aber meinte, er sei von Ihm völlig getrennt, hörte einen Vortragenden der Christlichen Wissenschaft sagen: „Sie können immer wieder durch Gebet zu Gott zurückfinden.“ Diese Worte änderten das Leben dieses jungen Menschen. Wenn Gott weit entfernt schien, nahm er sich die Zeit, um sich mit Ihm zu vereinen. Er betete Bittgebete sowie Gebete der Bestätigung und der Verneinung; er kehrte sich wortlos von der Verfolgung materieller Ziele ab, er bemühte sich ernsthaft und mit Hingabe, Wahrheit und Liebe zu verstehen. Jedesmal wenn Gott weit entfernt schien, beharrte der junge Mann im Gebet, und er „fand zu Gott zurück“.
Das erste Kapitel im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, trägt den Titel „Gebet“. Ein aufmerksames Studium dieser siebzehn Seiten hilft dem Leser nicht nur herauszufinden, warum seine Bitten nicht immer erhört werden, sondern führt ihn auch in die höheren Gebete ein, die die segnende Kraft Gottes demonstrieren.
Gebet, das unser Leben mit Gott in Einklang bringt, wird vom Wirken des Christus belebt. Ein solches Gebet befolgt nicht nur den Rat des Paulus: „Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war“ Phil. 2:5., sondern führt uns auch zu seiner Erklärung: „Wir aber haben Christi Sinn.“ 1. Kor. 2:16. Auf diese Weise bewirken unsere Gebete, daß die Kranken geheilt, die Sünder bekehrt und die Toten zum Leben erweckt werden.
Wenn wir uns heute die Zeit nehmen, so gut zu beten, wie wir können, werden unsere Gebete morgen reiner und wirkungsvoller sein, denn im Grunde ist ein besseres Verständnis von Gott die Antwort auf unser Gebet, und dieses bessere Verständnis von Gott stärkt unsere Gebete und macht sie wirksamer.