Ich hörte zum erstenmal etwas von der Christlichen Wissenschaft, als ich die höhere Schule besuchte. Das Leben schien hoffnungslos. Wegen Kindesmißhandlung war ich gerade bei Pflegeeltern untergebracht worden. Ich experimentierte mit Drogen, war von Amphetaminen abhängig, und außerdem war ich kurz zuvor aus dem Krankenhaus entlassen worden, wo ich mich von meinem zweiten Selbstmordversuch erholt hatte. Ein Schulfreund, der meine Situation kannte, gab mir ein Exemplar von Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy. Ich fing an, das Kapitel „Gebet“ zu lesen. Obwohl mir zu jener Zeit nicht alles verständlich erschien, war es doch inspirierend und gab mir Hoffnung. Meine Pflegeeltern bestanden darauf, daß die Christliche Wissenschaft schlecht sei, und verboten mir, Wissenschaft und Gesundheit zu lesen. Aus Respekt vor ihnen verfolgte ich das Studium nicht weiter.
Nach Abschluß der höheren Schule schlug ich die Gesangslaufbahn ein, nahm einen Job und zog von Zuhause weg. Jedoch entstanden große Schwierigkeiten, da ich häufig epileptische Anfälle hatte, die mich schon seit meiner Kindheit quälten. Eines Tages erwähnte ein Mädchen, das bei der gleichen Aufführung mitwirkte, die Christliche Wissenschaft. Ich erinnerte mich an die Hoffnung und die Inspiration, die ich einmal aus dem Lehrbuch geschöpft hatte, und war begierig, mehr zu erfahren. Wir unterhielten uns über diese Wissenschaft, und am nächsten Tag brachte sie mir ein Exemplar von Wissenschaft und Gesundheit, das Buch Ein Jahrhundert christlich-wissenschaftlichen Heilens und andere Literatur der Christlichen Wissenschaft. Ich hatte noch nicht einmal einen Monat lang Wissenschaft und Gesundheit und die Bibellektion Im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. gelesen, als ich feststellte, daß ich keine Anfälle mehr gehabt hatte. Außerdem erkannte ich, daß sich in meinem Denken eine sehr bestimmte und wundervolle Umwandlung vollzog. Ich wußte, ich hatte die Wahrheit gefunden. Das war vor sechs Jahren, und seitdem habe ich keinen Anfall mehr erlebt.
Es war nicht leicht, den Gebrauch von Tabak, Alkohol und Drogen zu überwinden. Ich war praktisch deren Sklave. Als ich jedoch anfing, mehr über den Menschen als Idee Gottes zu lernen, verloren sie einfach ihren Reiz. Von Bedeutung war nicht lediglich das Aufgeben, sondern daß ich überhaupt das Verlangen verlor, mich auf solche materiellen, zeitlichen Mittel zu verlassen, um Befriedigung zu finden. Eine Freiheit und Freude, die von nichts anderem als von Gottes Liebe abhängig waren, gaben mir Zufriedenheit.
Nachdem ich das Heim verlassen hatte, wo ich als Kind mißhandelt worden war, hatte ich mich immer genötigt gesehen, für mich selbst zu kämpfen und alles zu tun, was mir zum Durchkommen notwendig erschien — einschließlich lügen. Ich meinte, mir sei großes Unrecht widerfahren, und suchte damit so manches zu entschuldigen, was ich tat. Meine Entschuldigung war: „Es tut mir leid, aber so bin ich groß geworden.“ Ich war kalt und lieblos. Mein Studium der Christlichen Wissenschaft jedoch lehrte mich, daß Liebe den Haß auslöscht und daß der Mensch notwendigerweise seinen Schöpfer, die göttliche Liebe, widerspiegelt. Es wurde mir klar, daß ich mehr Liebe und Vergebung zum Ausdruck bringen mußte, nicht Haß und Rache. Diese neue Anschauung befreite mich von dem Gefühl, daß mir großes Unrecht geschehen sei. Ich hörte auf, den Lauf der Dinge zu meinen Gunsten beeinflussen zu wollen, und beschäftigte mich mehr damit, die Wahrheit zu verstehen und sie in die Tat umzusetzen. Ich wußte, daß sich mir dadurch der Weg öffnen würde.
Das heißt nun nicht, daß es leicht war, meinem Leben einen Sinn zu geben. Weit mehr war erforderlich, als lediglich die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit zu lesen, denn ich mußte das, was sie sagten, in die Praxis umsetzen. Am Anfang von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Ein Buch führt neue Gedanken ein, aber es kann sie der Menschheit nicht schnell zum Verständnis bringen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. vii. Dies war (und ist auch weiterhin) die Probe bei meinem Studium der Christlichen Wissenschaft — zu erkennen, daß ihre Weisungen nicht wundervolle Erklärungen sind, die man vor sich hin sagt, sondern absolute Wahrheiten, die in die Tat umgesetzt werden müssen. Ich mußte sie glauben, verstehen und vor allen Dingen demonstrieren, und zwar in der Schule, im Beruf, zu Hause oder im Umgang mit meinen Freunden. Ich mußte das sein, woran ich glaubte — immer.
Einige Jahre lang war ich nicht in der Lage, meine Schulden zu bezahlen. Das College verließ ich ohne Abschluß und nahm eine Arbeit an. Um meinen Verpflichtungen nachkommen zu können, mußte ich zeitweise bis zu drei Beschäftigungen gleichzeitig nachgehen. Je schwerer ich allerdings arbeitete, um so weniger schien ich zu besitzen. Nach vielem Beten wurde mir klar, daß nicht das Geld auf der Bank, sondern Dankbarkeit und Liebe Versorgung darstellt. Ich erkannte: Je mehr man zu lieben lernte, um so natürlicher hatte man das Gefühl, geliebt zu werden. Als ich aufhörte, darauf zu schauen, wieviel Geld ich benötigte, und anfing, für das dankbar zu sein, was schon zur Verfügung stand, wurden meine Bedürfnisse gestillt. Christus Jesus sagte: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.“ Matth. 6:33. Fortschritt zeigte sich erst, als ich diese Tatsache wirklich verstand. Kurz darauf erhielt ich ein Stipendium von der Juilliard School of Music, wo ich jetzt studiere. Gleichzeitig arbeite ich am Wochenende bei einer internationalen Fluggesellschaft als Chefsteward.
Auf dem Gebiet der Musik hat mich die Christliche Wissenschaft viel gelehrt. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Die Offenbarwerdung Gottes durch die Sterblichen ist wie das Licht, das durch die Fensterscheiben fällt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 295. Die Fensterscheibe kann sich sicherlich nicht das durch sie hindurchfallende Licht als Verdienst anrechnen. Es ist unsere Aufgabe, unser Denken so transparent zu halten, daß Gott, unser wirkliches Gemüt, hindurchscheinen kann. Gewissermaßen ist der Mensch das Lied, das Gott singt — individuell, vollständig, harmonisch. Dieses erweiterte Verständnis bringt Freiheit und Zuversicht mit sich.
Durch meine Arbeit bei der Fluggesellschaft hatte ich oft Gelegenheit, des Menschen Einheit mit Gott zu beweisen. Ein solcher Beweis war die Heilung von einer Lebensmittelvergiftung. Unser Flugzeug befand sich auf einem achtstündigen Rückflug von Südamerika, als ich mich plötzlich sehr krank fühlte. Die Symptome waren so alarmierend, daß viele in der Besatzung eine Funkmeldung zur Landung durchgeben oder eine Durchsage machen wollten, um zu sehen, ob ein Arzt an Bord sei.
Ich lehnte es ab, mich auf irgend etwas anderes als auf Gott zu verlassen, weil mir klar war, daß ich ein besseres Verständnis von Seiner Allheit und Güte erlangen mußte. Zweifellos würde ich durch dieses Verständnis meine vollständige Freiheit und Stärke wiedergewinnen. Mein Zustand verschlechterte sich jedoch, und mitunter dachte ich, es sei leichter, das Bewußtsein zu verlieren, als weiterhin zu beten. Einen Augenblick lang fühlte ich mich verlassen und fragte mich, ob vielleicht diese Annahme für mich zu groß sei, um sie bewältigen zu können. Doch als ich mich an den Vers aus dem einundneunzigsten Psalm wandte: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen“ Ps. 91:1 [n. der engl. King-James-Ausgabe]., wuchs in mir die Überzeugung, daß es nichts zu fürchten gab. In den nächsten sieben Stunden bestand ich darauf, daß Gott Alles-in-allem ist, daß Er Liebe und Leben ist und daß ich gerade jetzt eins mit Ihm war.
Bei unserer Ankunft in den Vereinigten Staaten wurde ich von einem Arzt untersucht, wie das bei meiner Arbeit für den Fall einer Erkrankung während des Fluges vorgeschrieben ist. Er erklärte, daß ich aufgrund einer schweren Lebensmittelvergiftung unter Wasserentzug litt und sofort ärztlich behandelt werden müsse. Doch ungeachtet der äußeren Erscheinung und der Diagnose hatte ich nicht den geringsten Zweifel, daß das einzige Gesetz in Tätigkeit Gottes gesetz war. Ich hatte mich bereits auf die Seite der Wahrheit gestellt, und keine materielle Diagnose konnte mir meine Überzeugung nehmen.
Ich konnte nicht sofort gehen, doch durch beständiges Gebet wuchsen mein Verständnis von Gott und meine Bereitschaft, mich auf Ihn zu verlassen. Innerhalb weniger Stunden war ich frei und wieder völlig bei Kräften. Das Flugzeug landete um sechs Uhr morgens, und um elf Uhr am selben Morgen war ich in der Schule.
Vor kurzem hatte ich Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft. Dadurch vertiefte sich mein Wissen und Verständnis von dem Gesetz Gottes und dessen Anwendung in jeglicher Situation. Ich wurde Mitglied einer Zweigkirche Christi, Wissenschafter. Als mein Verständnis von der Wahrheit und meine Fähigkeit, sie zu beweisen, zunahmen, wollte ich mit diesem Verständnis mehr als nur mir und meiner Karriere dienen. Mir war klar, daß ich einen wirklichen und wichtigen Beitrag zu meinem Gemeinwesen und der Welt leistete, wenn ich der Sache der Christlichen Wissenschaft diente.
Ein Christlicher Wissenschafter zu sein bedeutet für mich, mein Leben in Einklang mit Gott zu bringen, und ich bin für die daraus erwachsene Freiheit ständig dankbar. Die Christliche Wissenschaft hat mich gelehrt, daß die Wahrheit in unserem Denken immer gegenwärtig sein muß. Wenn wir dann mit einer Lüge konfrontiert werden, können wir sie als gerade das sehen, was sie ist — nichts —, und frei sein. Ganz gleich, wie sehr es auch stürmen mag, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das unwandelbare Prinzip gerichtet halten, lassen wir uns von unserem Kurs nicht abbringen und können immer den Weg erkennen.
