Es hilft nichts, über die weitverbreiteten Verbrechen und Gewalttätigkeiten entsetzt zu sein, sich vor ihnen zu fürchten oder gar zu resignieren. Das Problem ist keineswegs auf ein einzelnes Land begrenzt; doch aufgrund der jüngsten Entwicklungen in den Vereinigten Staaten haben hier die Gewaltverbrechen allgemein um 13 Prozent zugenommen, wie aus einem Jahresbericht des FBI hervorging. Ferner sind eine Welle von Kindesmorden in Atlanta, eine Reihe von Vergewaltigungen in Boston, zahlreiche Berichte über Brandstiftungen und der Attentatversuch auf Präsident Reagan zu verzeichnen. Die Menschen fragen natürlich warum. Sie wollen wissen, was dagegen getan werden kann.
Solche Greuel spiegeln ein bißchen mehr wider als nur individuelle Kriminalität; sie werden durch die gedankliche Einstellung der Gesellschaft genährt. Diese Tatsache entschuldigt sie allerdings keineswegs. Aber sie weist auf die Natur und das Ausmaß des Problems hin — und auf die Tatsache, daß wir alle, individuell und kollektiv, zu einer Lösung beitragen können.
In einer erstaunlich einsichtsvollen Ansprache warnte unsere Führerin, Mary Baker Eddy, ihre Schüler im Jahre 1895 vor den finstersten und äußerst abwegigen Elementen des sündigen sterblichen Denkens. Sie rief eindringlich zu Wachsamkeit und gebeterfülltem gedanklichem Handeln auf und versicherte: „Durch das immer dringendere Bedürfnis, uns auf Gott zu verlassen, damit Er uns gegen die hinterlistigeren Formen des Bösen verteidige, wenden wir uns rückhaltloser an Ihn um Hilfe, und so wird das Bedürfnis zu einem Mittel der Gnade.“ Vermischte Schriften, S. 115.
Der erste Schritt ist doch gewiß, sich an den allmächtigen Gott zu wenden, der Prinzip und Liebe ist, denn menschliche Wege und Mittel sind offensichtlich unzureichend. Jedoch macht es Mrs. Eddy in allen ihren Schriften klar, daß ein wirksames Gebet weit mehr umfaßt als bloßes Bitten oder Flehen. Mit ihrem scharfsinnigen, geistigen Blick für die Realität weist sie auf die Elemente völliger Verderbtheit hin, die unter der Oberfläche des sterblichen Denkens schlummern. Wir müssen ihnen offen entgegentreten, sie aufdecken und durch das beweisbare Gesetz Gottes zerstören, wie es in seiner Wissenschaft verstanden wird — in der erlösenden Wissenschaft des Christus.
Das Hauptproblem, das allem Gewaltverbrechen zugrunde liegt, ist moralischer Schwachsinn — ein Zustand gedanklicher Betäubung, in dem Gewissen und jedes Schuldgefühl für Sünde verlorengegangen sind. Mrs. Eddy schreibt: „Wenn dieser Gemütszustand nicht überwunden wird, endet er in einem gänzlichen Verlust der moralischen, intellektuellen und geistigen Einsicht ...“ Ebd., S. 112. Ein solcher Gemütszustand ist besonders anfällig für kriminelle Impulse. Seine Auswirkungen kann man auch an der Gleichgültigkeit erkennen, mit der die Gesellschaft verbrecherische Handlungsweisen unbeeindruckt hinnimmt — an einem Zustand der Trägheit und Untätigkeit, der durch Resignation statt Entschlossenheit gekennzeichnet ist.
Es kann jedoch viel durch den einzelnen, durch die führenden Denker und durch gemeinsames Handeln getan werden, um dieses Bild zu ändern. Dem Denken muß mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden; denn Taten sind Ausdruck von Gedanken. Im Lehrbuch der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) fragt Mrs. Eddy: „Ist es nicht klar, daß das menschliche Gemüt den Körper zu einer bösen Tat bewegen muß? Ist nicht das sterbliche Gemüt der Mörder?“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 104. Der Herausforderung durch mörderische Gedanken, bösartige Anschläge, zornige Reaktionen und verderbte Beweggründe kann und muß mit moralischer und geistiger Kraft begegnet werden, und zwar muß sich der einzelne wie auch die Gesellschaft als Ganzes darum bemühen.
Es muß erkannt werden, in welch hohem Maße das menschliche Gemüt beeinflußbar ist. Mrs. Eddy berührt diesen Punkt, wenn sie schreibt: „Die verworrene Sinnwidrigkeit der Gelehrsamkeit ist es, die wir beklagen — das bloße Dogma, die spekulative Theorie und die widerlichen Romane. Die Novellen, die sich nur durch ihre übertriebenen Bilder, ihre unmöglichen Ideale und durch ihre Beispiele der Verderbtheit auszeichnen, geben unseren jungen Lesern eine verkehrte Geschmacksrichtung und erfüllen sie mit ungesunden Gefühlen.“ Ebd., S. 195. Die zahlreichen Berichte über Personen, deren Phantasie durch in Filmen oder im Fernsehen dargestellte Gewalttaten dazu angeregt wurde, diese selbst in die Tat umzusetzen, veranschaulichen die Anfälligkeit eines Denkens, das nicht geistig vor bösen Suggestionen geschützt ist.
Die Bibel sagt von einem Menschen: „Wie er in seinem Herzen denkt, so ist er.“ Spr. 23:7 [n. der engl. King-James-Ausgabe]. Dasselbe könnte auch von einem Land gesagt werden. Das führt zu Fragen wie:
• Welche Gedanken akzeptieren und beherbergen wir als unsere eigenen?
• Lassen wir es zu, daß lebhafte Darstellungen von blutrünstigem, moralisch verwerflichem oder verderbtem Verhalten in unserem Heim durch das Fernsehen oder andere Medien verbreitet werden?
• Wie steht es mit der Fernseh-Kost, die wir unseren Kindern gestatten?
• Nach welchen Normen für Ehrlichkeit und Moral richten wir unser Verhalten in unserem häuslichen Leben, bei der Regelung unserer finanziellen Angelegenheiten, bei unseren zwischenmenschlichen Beziehungen im Berufsalltag, in unserer Kirchentätigkeit?
• Wenden wir — wenn auch nur in geringem Maße — zu Hause, im Klassenzimmer, im Büro, in der Kirche gedankliche Manipulation an?
Und im Bereich der Gesellschaft selbst:
• Bringt die in Filmen und im Fernsehen gezeigte Gewalttätigkeit Kindern (und Erwachsenen) besondere Methoden bei, wie man Verbrechen begehen und dann ungeschoren davonkommen kann?
• Werden dadurch der Öffentlichkeit Verhaltensweisen eingeimpft, die die geltende Moral untergraben?
• Wird dadurch den Menschen unauffällig die gedankenlose Überzeugung eingeflößt, daß Verbrechen und Gewalttätigkeit als normaler Teil des Lebens hingenommen werden müßten?
• Welche wirkung hat die zunehmende Anwendung hochentwickelter Techniken der gedanklichen Manipulation (in der Publicity, Werbung, in Marketing, Management, Erziehung usw.) auf die mentale und moralische Lauterkeit der Menschen?
Aber etwas mehr als Fragen sind vonnöten. Unser Einstehen für moralische Lauterkeit, christliches Verhalten und soziale Gerechtigkeit muß im geistigen Verständnis und in der Demonstration fest verankert sein. Mrs. Eddy schreibt: „Eure Schutz- und Verteidigungsmittel gegen die Sünde sind beständige Wachsamkeit und Gebet, daß ihr nicht in Versuchung fallt, sondern erlöst werdet von jedem Anspruch des Bösen, bis ihr geistig erkennt und durch die Wissenschaft beweist, daß das Böse weder Ansehen, Macht noch Dasein besitzt, da Gott, das Gute, Alles-in-allem ist.“ Verm., S. 115.
Wer die Christliche Wissenschaft gebeterfüllt anwendet, weiß, daß er tatsächlich die Gesetze Gottes zum Einsatz bringt und sich auf sie verläßt. Diese geistigen Gesetze sind beweisbar und universal in ihrer alles durchdringenden Auswirkung; sie sind allen anderen Mitteln und Wegen weit überlegen, weil sie von der Allmacht und Allgegenwart Gottes, des Geistes, der Liebe, Zeugnis geben. Man entdeckt, daß einen diese Wissenschaft befähigt, die Einflüsterungen und Versuchungen der Sünde umzukehren und an solchen Gedanken festzuhalten, die vom göttlichen Prinzip, Gemüt, kommen. Die unzähligen Wahrheitserklärungen in der Heiligen Schrift und im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft bestärken einen in diesem Bemühen.
Diejenigen, die im Lichte der Christlichen Wissenschaft beten, haben die Gelegenheit — ja, die besondere Verantwortung —, die gegenwärtige Verbrechenskrise wie eine ansteckende Seuche zu behandeln und ihr mit der Wahrheit entgegenzutreten. Sie müssen sich klar darüber werden, daß die Verbrechen in Atlanta, in Washington oder irgendwo in der Welt nicht um sich greifen können, weil sie keine geistige Gültigkeit haben. Wir können bewußt jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in die Arme unseres Vaters legen, der sie alle sowohl vor dem Drang zu verbrecherischem Handeln als auch vor dessen gewalttätigen Auswirkungen beschützt.
Wenn die Wissenschaft des Christentums völlig verstanden und praktiziert wird, wird sich herausstellen, daß sie in der Lage ist, die unmoralischen Krankheitsstoffe, die auf die Gesellschaft eindringen, unschädlich zu machen und an die Stelle von moralischem Schwachsinn christliche Lauterkeit und geistige Klugheit zu setzen. In dieser Wissenschaft findet man das Verständnis des unwandelbaren geistigen Gesetzes. Dieses Gesetz besteht, um alles menschliche Tun und Denken zu regieren, indem es den einzelnen und die Gesellschaft von sündigen Beweggründen und Neigungen befreit, das Himmelreich auf Erden enthüllt und das wahre Wesen des Menschen als die reine Widerspiegelung des unendlichen Gemüts, das ihn schafft, ans Licht bringt.