„Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“ Oberflächlich betrachtet, kann diese Erklärung heuchlerisch klingen und einen zur Verzweiflung bringen. Wenn diese Worte nur so dahergeredet werden, sind sie nicht mehr als eine gutgemeinte Beruhigung oder eine unbekümmerte Achtlosigkeit gegenüber menschlichem Unglück oder unseren eigenen Schwächen. „Ich habe allen Grund, mir Sorgen zu machen“ mag gut und gern die Reaktion sein — worauf der Betreffende in düsteren Farben die Einzelheiten schildert.
Von einem tieferen, geistigen Standpunkt aus gesehen, sind diese Worte jedoch, wie die Christliche Wissenschaft lehrt, göttlich, ewig wahr. Es gibt tatsächlich nichts, worum wir uns Sorgen zu machen hätten. Es hat niemals so etwas gegeben und wird es niemals geben. Wir brauchen uns nicht zu sorgen oder zu ängstigen, daß etwas schiefgehen werde. Nichts kann schiefgehen, denn Gott ist die einzige und ganz und gar gute Ursache von allem, was je geschieht. Gott regiert Seine Schöpfung unablässig, unmittelbar; nichts kann je irgendwo Seiner Fürsorge entgleiten. Und Sein Wille ist, daß jedem von uns uneingeschränkt und ununterbrochen Gutes zuteil werde.
Welch ein himmelweiter Unterschied scheint doch zwischen diesen wunderbar ermutigenden Wahrheiten und der menschlichen Situation mit ihren nie endenden Befürchtungen und Sorgen zu bestehen! Wie oft hören wir einen Christlichen Wissenschafter oder vielleicht sogar uns selbst sagen: „Ich weiß, daß in Wirklichkeit alles in Ordnung ist.“ Aber die Wirklichkeit ist nicht anderswo. Die Wirklichkeit ist dort, wo wir sind, weil Gott und Seine Schöpfung alles ist, was wirklich existiert. Die Mission der Christlichen Wissenschaft besteht zum Teil darin, uns zu zeigen, wie wir die scheinbare Kluft zwischen den geistigen Tatsachen und dem, was sich täglich um uns her abspielt, überbrücken können.
Als ich wissen wollte, ob die Christliche Wissenschaft etwas zu bieten habe, was ich brauchte, wurde mir erklärt, daß die bekannte Stelle im ersten Buch Mose: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe, es war sehr gut“ 1. Mose 1:31. genau das bedeutet, was sie besagt, ohne Ausnahme. Dies beeindruckte mich sehr. Ja, dieser Satz kam mir immer wieder in den Sinn. Ich konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken. Plötzlich erkannte ich, daß sich nichts geändert hatte. Gott sah noch immer alles an, was Er gemacht hatte, und fand es sehr gut. Dies bedeutete, daß jeder und alles in Sicherheit war, weil Gott alles kennt, was es gibt.
Später festigte sich dieses Gefühl des unwandelbaren Guten, als ich in Wissenschaft und Gesundheit Mrs. Eddys Erklärung fand: „Alles, was gemacht ist, ist das Werk Gottes, und alles ist gut. Wir lassen diese kurze glorreiche Geschichte der geistigen Schöpfung (wie sie im ersten Kapitel des ersten Buches Mose dargelegt ist) in der Hand Gottes, nicht in der des Menschen, in der Obhut des Geistes, nicht in der der Materie; und jetzt und immerdar erkennen wir die Allerhabenheit, Allmacht und Allgegenwart Gottes freudig an.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 521.
Die Christliche Wissenschaft lehrt: Gottes Herrschaft ist nicht auf ein geistiges Universum, Himmel genannt, beschränkt, in dem das Dasein sorgenfrei ist. Gottes Universum ist das einzige Universum, das es gibt, denn Gott ist Alles. Gottes Fürsorge erstreckt sich auch auf das, was wir als das Hier und Jetzt betrachten, denn Gott ist das regierende Prinzip hier und jetzt. Dies bedeutet nicht, daß Gott sich mit menschlichen Angelegenheiten beschäftigt. Es besagt aber, daß die menschlichen Angelegenheiten sich einem Verständnis von Gott anpassen müssen. Im Sinne der Christlichen Wissenschaft zu beten heißt nicht, darauf zu vertrauen, daß Gott, weil Er gut ist, uns nichts Schlimmes widerfahren noch etwas Törichtes oder Falsches tun läßt. Es heißt vielmehr, geistig zu verstehen, daß es nie etwas zu fürchten gibt, weil Gott die einzige Macht im Universum ist.
Das Buch des Propheten Jesaja hat eine Botschaft für den, der sich ständig Sorgen macht. Auf Gott Bezug nehmend, heißt es dort: „Du wirst den in vollkommenem Frieden halten, dessen Gemüt auf dich gerichtet bleibt: denn er verläßt sich auf dich.“ Jes. 26:3 [n. der engl. King-James-Ausgabe]. Beachten Sie das Wort „bleibt“ — nicht ein flüchtiger Augenblick des Vertrauens, sondern ein beständiges Bewußtsein von Gottes Macht und Gegenwart ist erforderlich.
Die Gegenwart Gottes bedeutet, daß alles Gute gegenwärtig ist und nichts fehlt. Leben ist immer gegenwärtig, nicht Tod oder Unglück, nicht ein trostloses, furchterfülltes Leben, sondern Leben selbst, Gott, das wahre Leben und Sein alles Guten. Gottes Liebe, die strahlende Wärme und Gewißheit der Seligkeit, ist gegenwärtig. Die Gegenwart Gottes schließt die Möglichkeit aus, daß es irgend etwas geben könne, worüber wir uns sorgen müßten. Und es ist absolut unmöglich, daß Gott je abwesend sein könnte. Mrs. Eddy sagt: „Wenn Gott immer gegenwärtig ist, dann ist Er weder von Seinem eigenen Selbst noch vom Universum abwesend.“ Die Einheit des Guten, S. 60.
Selbst der, der chronisch Sorgen mit sich herumträgt, sorgt sich in der Regel nicht um Gott. Die meisten von uns, die überhaupt an das göttliche Sein glauben, sind überzeugt, daß Gott keine Sorgen kennt — nichts kann Ihm je Schaden zufügen. Wir sorgen uns um uns selbst und um unsere Lieben. Aber Gottes Sicherheit ist des Menschen Sicherheit; denn Gottes Daseinszustand ist des Menschen Daseinszustand. Die Spannungen des täglichen Lebens können uns glauben machen, daß es immer etwas gebe, worum wir uns Sorgen machen müßten. Wir können daran denken, daß es immer etwas gibt, worum wir uns nicht zu sorgen brauchen: Gott, das unfehlbar rechte Prinzip allen Daseins. Wenn wir unser Denken auf die absolute Herrschaft des Prinzips gerichtet halten, können wir mit der Gewohnheit des Sorgens brechen und sind dadurch besser imstande zu berichtigen, was der Berichtigung bedarf.
Nehmen wir an, wir sorgten uns um jemanden, der uns besonders nahesteht. Wir lassen es zu, daß Befürchtungen, menschliche Umstände oder vergangene Erlebnisse unsere Aussichten bestimmen. Wieder gibt uns der Prophet die Antwort: „So spricht der Herr, der Heilige in Israel und ihr Meister: Fraget mich um das Zukünftige.“ Jes. 45:11 [Lutherbibel, Textfassung 1912]. Wenn wir Gott, das allwissende Gemüt, „fragen“, dann ist eines sicher: Gemüt wird uns nicht sagen: Ja, es gibt da etwas, worum wir uns Sorgen machen müssen. Das göttliche Gemüt könnte sich nicht einmal für einen kleinen Augenblick der leisesten Spur von Sorge bewußt sein.
Das göttliche Gemüt überschaut nicht die menschliche Zukunft und beruhigt uns dann. Tatsächlich gibt es auch keine sorgenvollen Gemüter, die bei Gott Beruhigung suchen. Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, daß Gott das einzige Gemüt des Menschen ist. Wissenschaft und Gesundheit sagt eindeutig: „Es kann nur ein Gemüt geben, weil es nur einen Gott gibt; und wenn die Sterblichen auf kein anderes Gemüt Anspruch erhöben und kein anderes Gemüt akzeptierten, dann würde die Sünde unbekannt sein.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 469. Und das gilt auch für die Sorge.
Die Tatsache, daß wir uns überhaupt sorgen, zeigt, daß wir bis zu einem gewissen Grade die Annahme, wir besäßen ein persönliches Gemüt, akzeptiert haben. Wenn wir Gott „fragen“, wenden wir uns an unser göttliches Gemüt und weisen die Annahme zurück, wir hätten ein von Gott getrenntes, persönliches, sorgenvolles Gemüt. Was wir finden, ist nicht menschliche Beruhigung, sondern geistige Gewißheit — eine immerwährende Zusicherung, daß das Gute alles ist und daß es unmöglich auch nur die geringste Spur von irgend etwas anderem geben kann.
Die Wurzeln unserer Sorgen liegen oft in der Vergangenheit. Die Erinnerung an Dinge, die früher schiefgegangen sind, bewirkt, daß wir uns darum sorgen, was als nächstes geschehen wird. Obgleich Krankheit geheilt, Kummer gestillt und Unrecht berichtigt ist, scheint in uns in Zeiten der Besorgnis die Erinnerung an das Unglück und Mißgeschick der Vergangenheit wieder aufzusteigen. Wenn wir unsere absolute Freiheit von schlechten Erinnerungen beanspruchen, genügt es nicht, lediglich zu versuchen, sie zu vergessen oder auszulöschen. Was vonnöten ist, ist die Erkenntnis, daß es kein Mißgeschick, keine falsche Wendung und kein trauriges Erlebnis gegeben hat, weil Gott die große Ursache des Universums ist. Die Vergangenheit kann uns nicht mehr verfolgen, sobald wir völlig die geistige Tatsache akzeptieren, daß sich nie etwas Trauriges ereignet hat. Und was nie geschehen ist, läßt auch keine Erinnerungen zurück. In Gottes Universum gibt es weder Furcht vor der Vergangenheit noch Zweifel in bezug auf die Zukunft, sondern einzig und allein die gegenwärtige Erkenntnis, daß alles „sehr gut“ ist.
Es ist nicht unsere Aufgabe, die Schöpfung zu beschützen. Gott tut es dadurch, daß Er alles ist, was es gibt. Dies bedeutet nicht, daß wir gegenüber den Nöten anderer gleichgültig sind. Christus Jesus sorgte für die Menschheit. Wir sollten es ebenfalls tun.
Es besteht ein feiner Unterschied zwischen Sorge tragen und Sorge haben. Wir müssen uns das Sorgetragen angelegen sein lassen. Sorge zu tragen ist eine göttliche Tätigkeit, sich Sorgen zu machen eine menschliche, die niemandem hilft. Je mehr wir Sorge tragen, desto weniger sollten wir uns Sorgen machen. Wir bedürfen der christlichen Liebe, um dem Sorgen ein Ende zu machen und „die Allerhabenheit, Allmacht und Allgegenwart Gottes“ anzuerkennen. Dies ist die höchste Sorge, die es in unserer Welt geben kann. Sie verleiht der Zusicherung Nachdruck: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“
