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Gibt dir die Sonntagsschule nichts?

Aus der Februar 1983-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Noch immer sehe ich das Gesicht meiner Mutter, als ich ihr mit siebzehn Jahren eröffnete, daß ich die Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft verlassen und statt dessen die Gottesdienste besuchen wollte. Mein Grund? Die Sonntagsschule gab mir nichts mehr.

Während der Osterferien besuchte ich dann einmal einen Vortrag über die Christliche Wissenschaft. Ich kann mich zwar nicht mehr entsinnen, was meine Mutter gesagt hatte, um mich zu diesem Vortrag zu kriegen, doch danach war ich ein anderer Mensch. Nicht nur hatte ich mich nicht gelangweilt, sondern ich hatte auch meinen ersten Schimmer von dem Christus erhalten, der mir die Wahrheit über Gott, den Menschen und ihre Beziehung zueinander enthüllte. Ich hatte etwas von der völlig geistigen Idee des Seins erkannt. Danach rannen mir tatsächlich Tränen über die Wangen. Ich war zu der Lebendigkeit geistiger Ideen erwacht und hatte für einen Augenblick die Wirklichkeit des geistigen Daseins gespürt.

Ich war auch demütig genug, um meine Enttäuschung über die Sonntagsschule offen auszusprechen. Ich bat diesen freundlichen Vortragenden, ihn privat sprechen zu dürfen. Er willigte ein. „Die Sonntagsschule gibt mir nichts mehr“, brachte ich ein wenig verdrießlich hervor.

Er schaute mich voller Liebe und Festigkeit an. Mit einem kleinen Schmunzeln sagte er dann sechs Worte, die meine Lebenseinstellung grundlegend änderten. „Gibt dir? Und was gibst du?“ Er brauchte kein Wort hinzuzufügen. Ich war geheilt. Aber wovon geheilt? War ich von der Notwendigkeit geheilt, ein größeres Verständnis von der Christlichen Wissenschaft zu erlangen? Wohl kaum! Ich war jedoch von einer selbstsüchtigen Lebensauffassung geheilt — von der Erwartung, daß Wissen, Zufriedenheit und Freude mir einfach in den Schoß fallen würden. Ich erkannte, daß in einem von Geben motivierten Leben die Tatsache hindurchscheint, daß der wirkliche Mensch schon jetzt vollkommen ist. Der Prediger Salomo begründet die Vollkommenheit des Menschen als Gottes Schöpfung mit den folgenden Worten: „Ich merkte, daß alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun.“ Pred. 3:14. Für den zu Gottes Ebenbild erschaffenen Menschen gibt es nichts, was er erlangen, nichts, was er verlieren könnte. Wenn wir uns in der Kunst des Gebens üben, können wir die Freude dieser Wahrheit über unser wirkliches Selbst zu erleben beginnen.

Und genau das tat ich gleich am nächsten Sonntag. Anstatt dazusitzen wie eine alte Batterie, die darauf wartet, wieder aufgeladen zu werden, konnte ich meine Freude und meine neugefundene Überzeugung kaum zurückhalten. An jenem Sonntag war ein Mädchen in der Klasse, das ich noch nie gesehen hatte. Ich sah es auch nie wieder. Aber einige Wochen später zeigte mir ein Kirchenmitglied einen Brief von diesem Mädchen, in dem es über sein Erlebnis in unserer Sonntagsschulklasse berichtete. Als einzige Christliche Wissenschafterin besuchte sie die Konfessionsschule einer anderen Religionsgemeinschaft, und es schien ihr fast unmöglich, dem Druck ihrer Mitschülerinnen zu widerstehen, ihre Religion aufzugeben. Beißender Spott hatte sie fast dazu gebracht, das Studium und die Ausübung der Christlichen Wissenschaft aufzugeben. Aber, so schrieb sie, in der Sonntagsschule war ein Mädchen, das so viel Begeisterung und Liebe zur Christlichen Wissenschaft zeigte, daß sie den Mut und die Kraft fand, dabeizubleiben, ganz gleich, was ihre Schulfreundinnen sagen würden. Und genau das tat sie! Du kannst dir sicher vorstellen, wie mir in dem Augenblick zumute war.

Noch im selben Jahr wurde ich Mitglied Der Mutterkirche und besuchte zwei weitere glückliche Jahre die Sonntagsschule. Ich bereitete mich darauf vor, jeden Sonntag der Klasse etwas zu geben. Ein Jahr nach Abschluß der Sonntagsschule nahm ich am Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft bei dem Vortragenden teil, der damals meine Lebenseinstellung so plötzlich geändert hatte.

Selten ist ein einzelnes Erlebnis so bedeutsam, daß wir im Rückblick einen völligen Richtungswechsel in unserem Leben erkennen können. Meine Unterhaltung mit dem Vortragenden war ein solcher Wendepunkt. Anstatt eine Schulstunde, eine persönliche Beziehung, einen Gottesdienst, eine Stellung, ja sogar eine Party daran zu messen, was ich davon zu profitieren hoffte oder profitierte, beurteilte ich nun alles danach, was ich geben konnte. Manchmal besteht das Geben einfach darin, daß man im Gottesdienst betet, die Sonntagsschule unterstützt oder zur rechten Zeit eine gute Tat vollbringt. Aber wie ich gelernt habe, können wir niemals sagen, wir hätten nichts zu geben. Zu klagen, daß ein Erlebnis stumpfsinnig oder langweilig sei, könnte man mit einer Dose Zimt vergleichen, die sich beschwert, daß die Würze fehle!

Die Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen, sind nicht immer leicht. Die Annahme, wir seien eine körperliche, begrenzte Persönlichkeit, anstatt der Ausdruck Gottes, beruht u. a. auf Selbstsucht — daher der Widerstand, zu geben — und auf Faulheit — daher die Abneigung gegen individuelle Tätigkeit. Da aber Gott, das göttliche Gemüt, unendlich ist, hat das sterbliche Gemüt keinen Ursprung und folglich keine Triebkraft oder Fortdauer. Es ist immer begrenzt, von seinen eigenen Illusionen hypnotisiert; es ist also niemals zufrieden. Es nörgelt ständig: „Was fällt für mich dabei ab?“ Wenn uns aber das Geben als eine persönliche Bürde erscheint, betrachten wir es doch einmal anders: Gott ist Liebe und hat uns so erschaffen, daß wir zum Geben bereit sind; Er ist Leben und hat uns mit der Fähigkeit des Gebens ausgerüstet; Er ist Seele, und daher läßt Er das Geben zu einem schönen und befriedigenden Ereignis werden. Da wirkliche Ideen, die dem unendlichen Gemüt entspringen, bereits überall vorhanden sind, veranschaulicht das Geben einfach die Allgegenwart dieser wirklichen Ideen.

Mrs. Eddy verknüpft in ihrem Buch Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes die Identität mit der Fähigkeit, zu geben oder zu vermitteln. Sie schreibt: „Als aktiver Teil eines unermeßlichen Ganzen identifiziert Güte den Menschen mit dem allumfassenden Guten. So kann sich jedes Mitglied dieser Kirche über die oft wiederholte Frage: Was bin ich? zu der wissenschaftlichen Antwort erheben: Ich bin fähig, Wahrheit, Gesundheit und Glück zu vermitteln, und das ist der Fels meines Heils und mein Daseinszweck.“ Verschiedenes, S. 165.

In jenem ereignisreichen Jahr, als ich siebzehn war, erhaschte ich einen Schimmer von der Wahrheit, daß wir, da Gott, unser Leben, der ewige Geber ist, in Wirklichkeit dadurch leben und unsere Identität gewinnen, daß wir Sein Geben widerspiegeln.

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