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Gnade und Werke

Aus der Februar 1983-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Seit Anbeginn der Kirche ist für die christliche Theologie der Begriff der göttlichen Gnade grundlegend gewesen. Paulus befaßte sich häufig mit diesem Thema — tatsächlich enthalten die Briefe des Paulus mehr Hinweise auf Gnade als alle übrigen neutestamentlichen Evangelien, Briefe und anderen biblischen Bücher zusammengenommen. Er fängt seine Briefe immer wieder mit Begrüßungen und Segnungen der Gnade an. In der paulinischen Tradition erklärt er in seinem Brief an die Hebräer: „ ... es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade ... “ Hebr. 13:9.

Paulus wußte aus eigener Erfahrung sehr wohl um Gottes Gnade. Hatte er nicht auf dem Weg nach Damaskus die züchtigende Hand der göttlichen Liebe gespürt? Gottes Gnade hatte Paulus errettet — das Resultat war jener buchstäbliche Wandel vom Saulus zum Paulus, der ihn aus seiner Position als jemand, der über die Christen richtete und sie verurteilte, zu einer ihm von Gott bestimmten Mission als Lehrer, Prediger und Heiler hob. Paulus trat nun in die Fußtapfen des Meisters Christus Jesus. Er wußte, daß das ein unmittelbares Ergebnis der umwandelnden Kraft der Gnade Gottes war: „Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, daß ich ein Apostel heiße, darum daß ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber von Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ 1. Kor. 15:9, 10.

Das in den neutestamentlichen Schriften mit „Gnade“ übersetzte griechische Wort ist charis. Ein Bibelkommentar bemerkt dazu, daß der Stamm u. a. die Bedeutung hat „das Erfreuende, das Freudebringende“ und daß die Griechen einander gewöhnlich mit den Worten: „Freude sei mit dir!“ begrüßten. (Die Christen grüßten dann einander mit den Worten: „Gnade sei mit dir!“) Im selben Nachschlagewerk heißt es weiter: „In der früheren Ausdrucksweise [vor der christlichen Zeitrechnung] findet sich wenig, um die herausragende Stellung [im Neuen Testament] dieses spezifischen Begriffs zu erklären; eine neue Erfahrung erforderte eine neue Bezeichnung., Gnade‘ bezeichnet das Prinzip in Gott für des Menschen Errettung durch Jesus Christus. Sie ist Gottes unermeßliche Liebe zu den Sündern ohne deren Verdienst, offenbart und wirksam in Christus.“ James Hastings, Dictionary of the Bible (New York: Charles Scribner’s Sons, 1947), S. 313. Ein anderes Bibelwörterbuch definiert charis ferner als den „göttlichen Einfluß auf das Herz sowie dessen Widerspiegelung im Leben“ James Strong, „Greek Dictionary of the New Testament“ in The Exhaustive Concordance of the Bible (New York: Abingdon-Cokesbury Press, 1953), S. 77..

Die meisten Christen sind sich darin einig, daß der einzelne durch Gottes Gnade errettet wird. Ja, im Brief an die Epheser finden wir folgende Bestätigung: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet worden durch den Glauben, und das nicht aus euch; Gottes Gabe ist es.“ Eph. 2:8. Der Schreiber dieses Briefes führt dann weiter aus, daß man nicht durch die eigenen Werke gerettet wird, denn das würde zu falschem Leistungsstolz führen. Aber nirgendwo in der Bibel findet man einen Hinweis, daß man seinen Glauben nicht etwa demonstrieren solle. Jakobus stellt das klar heraus: Ich will „dir meinen Glauben zeigen aus meinen Werken“ Jak. 2:18.; und Paulus mahnte: „Schaffet, daß ihr selig werdet.“ Phil. 2:12.

Die Lehren der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) lösen das Problem, das mitunter als Gegensatz in der christlichen Theologie erscheint: Wir werden durch Gottes Gnade gerettet; doch wir müssen schaffen, daß wir selig werden. Die Lösung dieses offensichtlichen Widerspruchs beginnt mit einer geistigen Erkenntnis des folgenden Kernpunktes, der im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, herausgestellt wird: „, Jetzt‘, rief der Apostel, ,ist die angenehme Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils‘, und er meinte damit nicht, daß sich die Menschen jetzt auf das Heil oder die Sicherheit einer zukünftigen Welt vorbereiten müßten, sondern daß jetzt die Zeit sei, dieses Heil im Geist und im Leben zu erfahren.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 39.

Wenn wir akzeptieren, daß die Zeit jetzt tatsächlich da ist und daß man in der Gegenwart die Erlösung erfahren muß, dann muß diese Tatsache demonstrierbar sein — durch Heilung und Wiedergeburt. Jedesmal wenn eine Heilung von Krankheit oder Sünde durch Gebet bewirkt wird, beweisen wir, daß Gottes Gnade jedem gegeben ist. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Mensch — gerade in diesem Augenblick — der vollkommene Ausdruck des vollkommenen Gemüts, Gottes, ist. Der Mensch hat die Aufgabe, den Willen des himmlischen Vaters zu erfüllen. Jedes gute Werk geistigen Heilens, das sich darauf gründet, Gottes gnadenreichen Plan für Seine Schöpfung voll und ganz anzuerkennen, ist ein unwiderlegbarer Beweis, daß die göttliche Liebe ihre Kundwerdung segnet. Hat Gnade einen Wert, dann hat sie eine Wirkung. Göttliche Gnade schließt Werke nicht aus, sie spornt vielmehr dazu an.

Wie bereits bemerkt, wird Gnade aus theologischer Sicht auch als eine göttliche Gunst definiert, die dem Menschen ohne jedes Verdienst zuteil wird. Doch nur in dem Sinne ist sie unverdient, daß die göttliche Liebe ewiglich für den Menschen sorgt — nicht, weil der Mensch etwas tut, um jene Liebe zu gewinnen, sondern weil es dem eigentlichen Wesen der göttlichen Liebe entspricht, für ihr eigenes Ebenbild zu sorgen. Der Mensch verdient Gottes Liebe, weil Gott den Menschen zu Seinem exakten Ebenbild geschaffen hat — auf daß er geliebt werde und Liebe ausdrücke. Die Liebe unseres himmlischen Vaters ist immer gegenwärtig und aufbauend, ganz gleich, wie der menschliche Zustand aussehen mag. Aber der Segen der Liebe Gottes für einen jeden bringt auch eine spezifische Forderung an den einzelnen mit sich: so zu lieben und füreinander zu sorgen, wie Gott uns liebt.

Wir spüren den Einfluß der Liebe Gottes auf das Herz; er zeigt sich in unserer Erfahrung in der Ausübung des christlichen Heilens. Und das Heilen — im weitesten Sinne — weist auf das endgültige Verschwinden einer jeden Spur von Sterblichkeit und damit zusammenhängenden Begrenzungen hin; es bedeutet die Heilung von Krankheit und Schmerz, von Verzweiflung, Unmoral, Armut, Hoffnungslosigkeit, Furcht, Gewalt usw. — all den hinderlichen Lügen, mit denen sich die Menschheit konfrontiert sieht. Jede Falschheit und was immer als ihre Auswirkung im menschlichen Leben erscheint, kann überwunden werden, wenn wir das wahre Wesen Gottes und des Menschen als Seiner reinen, geistigen Kundwerdung erkennen. Das schließt die Heilung alles dessen ein, was als unheilbare Krankheit oder hartnäckige Sünde bezeichnet werden könnte. Hinsichtlich solcher Heilungen stellt Mrs. Eddy fest: „Dies alles wird durch die Gnade Gottes vollbracht — ist das Resultat, wenn Gott verstanden wird.“ Die Christliche Wissenschaft im Gegensatz zum Pantheismus, S. 10.

Als Christus Jesus den Mann am Teich von Bethesda heilte, der beinahe vierzig Jahre gelähmt war, war es Gottes Gnade, die den Worten des Heilands göttliche Autorität verlieh: „Nimm dein Bett und gehe hin!“ Und obwohl des Mannes armseliges Leben vor dieser Heilung nach menschlichem Ermessen vielleicht wenig aufzuweisen hatte, um Gottes Gnade zu rechtfertigen, kennt die göttliche Liebe doch nur das, was sie geistig geschaffen hat, und weiß, daß es immer wert ist, geliebt zu werden. Jesus brachte diese reine, verständnisvolle Liebe Gottes zum Ausdruck, und kraft dieser Liebe heilte er. Aber Gottes Gnade forderte auch von dem Mann, der geheilt worden war, den demonstrierten Beweis ihrer Wirksamkeit. Er forderte ihn ausdrücklich auf: „Sündige hinfort nicht mehr.“ Siehe Joh. 5:1–14.

Gottes Gnade — die errettende Wirkung der Erkenntnis Seiner wahren Natur — steht allen Menschen offen. Jeder kann Gott und des Menschen Beziehung zu Ihm verstehen lernen. Jeder kann beten und mit der Demonstration der unmittelbaren Wirkung des göttlichen Gesetzes beginnen. Aber das erfordert, in Übereinstimmung mit rechtem Denken recht zu leben — d. h., sein Heil auszuarbeiten oder jenen gegenwärtigen Beweis zu liefern, der mit der göttlichen Gnade übereinstimmt. Im Brief an Titus steht: „Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen und nimmt uns in Zucht, daß wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt.“ Titus 2:11, 12.

Darum sollen wir heute schon ein gottseliges Leben führen — wir müssen nach unserem besten Wissen und Verständnis jene geistigen Eigenschaften zum Ausdruck bringen, die allein von Gott herstammen. Jeder von uns soll gute Werke tun wie jemand, über den der himmlische Vater Seinen reichen Segen ausgeschüttet hat. Es ist doch wunderbar, daß kein Herz der göttlichen Gnade entfliehen kann. Welch eine Freude, daß wir alle die Möglichkeit haben, zu wachen, zu beten und zu beweisen, daß gerade jetzt jene Gnadenzeit ist, der Tag des Heils. Gnade und Werke — beide gehören, christlich-wissenschaftlich gesehen, zusammen.

(Anmerkung — Die folgenden Zitate werden zum weiteren Studium angeführt: 1. Petr. 4:10; 2. Kor. 9:6, 8, 15. Vermischte Schriften 77:1–78:6 und Botschaft an Die Mutterkirche für 1901 10:21–11:13, beide von Mary Baker Eddy.)

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