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Das Geheimnis am Minnehaha-Creek

Aus der Januar 1984-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Rasen vor dem Haus war an der Stelle noch ganz platt gedrückt, wo Karins neues rotes Fahrrad gelegen hatte. Warum hatte sie es gestern abend bloß nicht weggestellt? Sie wußte, daß sie das sofort hätte tun sollen, als die Mutter sie vom Spielen hereinrief.

Sie rannte die Treppe hinauf zum Telefon, um die Mutter im Büro anzurufen. „O Mutti!“ jammerte sie und hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten, „jemand hat mein Fahrrad weggenommen! Wie können wir es zurückbekommen?“

„Soll das heißen, du hast es die ganze Nacht über draußen gelassen, und jetzt ist es verschwunden?“

„Ja“, schluchzte Karin. „Ich habe vergessen, es wegzustellen.“

„O Karin, das tut mir aber leid“, seufzte die Mutter. „Nun gut, das einzige, was wir jetzt tun können, ist, zu wissen, daß Gott niemals etwas abhanden kommt, weil Er überall ist. Und deshalb kann keinem Seiner Kinder etwas abhanden kommen.“

Karin versuchte, den berichtigenden Worten ihrer Mutter zu folgen. „Dann kann mir also mein Rad nicht genommen werden, weil ich Gottes Kind bin.“

„Das ist richtig, Karin. Als Gottes Kind kannst du auch in Wirklichkeit nicht nachlässig sein. Ebensowenig wie unser Vater-Mutter Gott es sein kann. Er vergißt niemals, für uns zu sorgen. Wir gehören Gott, und Er liebt uns. Ja, Er liebt jeden einzelnen von uns.“

„Er sollte aber nicht den lieben, der mir mein Rad weggenommen hat!“

„Aber das ist es ja gerade, Karin. Es ist unsere Aufgabe, ihn so zu sehen, wie wir uns selbst sehen, nämlich als Gottes vollständige Idee. Und zu erwarten, daß der Betreffende nur das will, was richtig und gut ist. Wenn wir das tun, können wir ihn so sehen und lieben, wie Gott es tut.“

Karin war neun Jahre alt und hatte von klein auf gelernt, sich im Gebet an Gott zu wenden. Sie wußte, daß rechtes Denken und rechtes Handeln Gebet sind. So begann sie nun, ihre Gedanken über denjenigen, der ihr Fahrrad weggenommen hatte, zu berichtigen. Sie überlegte sich, daß er ebenso Gottes Kind, Gottes Idee, war wie sie; und wenn sie wirklich davon überzeugt war, daß er Gottes Idee war, mußte sie ihn einfach lieben, wie Gott ihn liebt.

Karin hielt an diesen Tatsachen fest, und sie wurden ihr immer klarer, bis sie es akzeptierte und innerlich spürte, daß sie die Wahrheit waren.

Von da an rechnete Karin fest damit, daß sie ihr Fahrrad zurückbekommen würde.

Als die Nachricht sich verbreitete, daß Karins neues rotes Fahrrad verschwunden war, versuchten Karola, Petra, Susanne und die anderen, die am Minnehaha-Creek wohnten, es zu finden.

Die Nachbarskinder führten eine Suchaktion durch. In Seitengassen und Garagen, auf den Wiesen und in Scheunen suchten sie nach dem Fahrrad. Sie stocherten sogar in Heuhaufen herum, um zu sehen, ob es vielleicht darin vergraben war.

Die größeren Jungen und Mädchen schlossen sich zu einer Gruppe zusammen, die sie „die Gendarmen vom Minnehaha-Creek“ nannten. Sie fühlten sich wie echte Detektive. Nach ihrem ersten Treffen, auf dem sie ihre Detektivabenteuer planten, begannen sie mit Vergrößerungsgläsern nach Anhaltspunkten zu suchen. Sie untersuchten den Boden nach Fußabdrücken. Einige Kinder brachten sogar ihre Hunde mit und hofften, daß diese eine Spur aufnehmen würden.

Etwa zwei Wochen lang ging die Suche weiter. Aber als niemand irgendwelche Anhaltspunkte fand, verlor die Gruppe das Interesse daran und fiel auseinander. Und das Geheimnis um das verschwundene Fahrrad blieb ungeklärt.

Bald begannen einige zu Karin zu sagen: „Dein Fahrrad wirst du nie wiedersehen.“ Oder: „Wer es hat, könnte es mit einer anderen Farbe überstreichen, und selbst wenn du davorständest, würdest du nie wissen, daß es dein Rad ist.“ Aber Karin und ihre Mutter hielten an der Wahrheit über Gott und Seine vollkommene Schöpfung fest. Siehe 1. Mose 1:27, 31.

Mehrere Wochen, die endlos schienen, gingen vorbei. Eines Abends vor dem Schlafengehen fühlte Karin sich besonders unglücklich. Wie gewöhnlich um diese Zeit kam die Mutter nach oben; sie sprachen dann immer über besondere Gedanken und Ereignisse des Tages. Die Mutter bemerkte Karins Traurigkeit und wußte, daß sie nicht darüber reden wollte. So griff sie nur nach ihrer kleinen Hand. Karin schaute betrübt auf. „O Mutti“, klagte sie und stieß einen langen Seufzer aus, „es dauert so lange, bis mein Rad zurückkommt!“

Die Mutter legte den Arm um sie. Sie konnte sehen, wie sehr Karin sich bemühte, sich fest an die Wahrheit zu halten und nicht zu zweifeln.

Karin, ist derjenige, der dein Fahrrad hat, ein Kind Gottes?“

Karin nickte.

„Aber kann denn ein Kind Gottes wirklich etwas haben wollen, was ihm nicht gehört?“

„Nein, eigentlich nicht. Aber was können wir denn machen?“

„Weißt du, mein Schatz, Mrs. Eddy sagt, Engel sind, Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen‘ Wissenschaft und Gesundheit, S. 581.. Bitten wir doch Gott um einen Engelsgedanken.“

Einige Augenblicke später fragte die Mutter: „Was allein würde das Kind, das dein Fahrrad hat, wirklich glücklich machen?“

Karin stützte ihr Kinn in die Hände und dachte nach. „Wenn ich etwas weggenommen hätte, was mir nicht gehört, wäre ich nicht froh, daß ich es habe. Aber wenn ich es zurückgäbe, dann wäre ich glücklich!“ Karin fuhr fort: „Wenn also das Kind, das mein Fahrrad hat, es zurückbringt, dann wird es sich richtig glücklich fühlen!“ Karin lächelte jetzt.

Sie und ihre Mutter umarmten einander und lachten, als sie sich das glückliche Kind vorstellten, das das Fahrrad zurückbrachte.

Zwei Tage später zog Karin gleich nach dem Frühstück mit einem kräftigen Schwung ihr Springseil hinten auf dem Flur vom Haken und lief die Treppe hinunter nach draußen, um Seil zu springen. Sie sprang so lange, bis sie es fünfzigmal schnell hintereinander konnte, und dann hüpfte sie den Pfad an der Seite des Hauses entlang und um die Ecke. Plötzlich hielt sie inne, ihr stockte der Atem, dann stürmte sie mit Gejauchze los. Dort auf dem Rasen lag ihr Fahrrad, genau an der Stelle, wo sie es sechs Wochen zuvor liegengelassen hatte! Sie hob es auf und umarmte es und stürzte dann ins Haus, um ihre Mutter anzurufen.

„Mutti!“ rief sie. „Es ist hier! Mein Rad ist wieder da! Und es sieht immer noch wie neu aus!“

„Karin, das ist wunderbar! Und wie glücklich muß der sein, der es zurückgebracht hat!“

„O ja, Mutti! Er freut sich, und wir sind froh. Ich weiß gar nicht, wer am glücklichsten ist.“

Durch das Geheimnis am Minnehaha-Creek lernte Karin viel darüber, was es bedeutet, Gott, der Liebe ist, in all ihren Nöten zu vertrauen. Und sie lernte, mit ihren eigenen Sachen besser umzugehen.

Und obwohl niemand je herausgefunden hat, wie das Fahrrad verschwand, wo es gewesen war und wie es zurückgekommen ist, muß doch jemand anders auch etwas über wahres Glück gelernt haben.

Anmerkung für Eltern

Dies ist eine wahre Geschichte — ein schönes Beispiel für den praktischen Erfolg, der durch die Anwendung der Lehren Christi Jesu erzielt wird. Die Kinder werden sich dabei sicher an die Lehre über Vergebung aus Matthäus 18:21, 22 erinnern.

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