Die göttliche Liebe ist allmächtig. Es gibt keine andere Macht. Diese Macht zu fühlen, wenn uns tiefe Furcht, Verzweiflung oder Trauer erfüllt, bedeutet, zu wissen, daß Gott nicht nur existiert, sondern daß es gerade Seiner Natur entspricht, jeden von uns zu lieben, für uns zu sorgen, uns zu trösten und zu heilen.
Der Christus, die Wahrheit, weckt in unserem Herzen das Gefühl der Gewißheit, daß die göttliche Liebe mit uns ist. Der Christus verwandelt die dunkelste, hoffnungsloseste Stunde in das Aufdämmern eines erneuerten, vergeistigten Bewußtseins. Jeder, der diese Erfahrung gemacht hat, kann wirklich mit dem Psalmisten singen: „Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet.“ Ps. 30:12.
Vor einiger Zeit ging ein Freund von mir weiter; er war mir in meinem wachsenden Verständnis der Christlichen Wissenschaft eine große Hilfe gewesen. Die erste Reaktion war Unglaube, daß ein Mensch, der sich so ausschließlich der Aufgabe gewidmet hatte, Gottes Willen zu tun, uns verlassen konnte, ohne sein Werk vollendet zu haben. Mir war, als ob ich einer Freundschaft beraubt worden sei, die mir mehr bedeutete, als Worte ausdrücken können. Ich glaubte, daß auch die Welt einen großen Verlust erlitten habe — den Verlust eines Menschen, der sich ganz und gar und mit Erfolg der Heilarbeit der Christlichen Wissenschaft gewidmet hatte.
Etwa zur selben Zeit mußte ich selbst einige schwere Erfahrungen durchmachen, und als die Nachricht vom Heimgang meines Freundes kam, hatte ich das Gefühl, in einen Abgrund gestürzt worden zu sein. Und so war es tatsächlich, denn als ich ernsthaft anfing, zum Vater zu beten, und Trost in Seinem Wort suchte, wurde ich mir bewußt, daß ich mich einfach selbst bemitleidete. Wie kam ich denn dazu, zu meinen, daß mein Freund sein Werk unvollendet hinterlassen habe? Und wenn es auch stimmte, daß ich ihn jetzt nicht sehen oder mit ihm sprechen konnte, konnte ich jemals den Geist unserer Freundschaft verlieren — ein geistiges Band, gebildet in dem gemeinsamen Wunsch, Gottes Willen zu tun und Seine Wissenschaft zu demonstrieren?
Ich fragte mich, ob meine Verzweiflung nicht der ähnelte, die die Jünger nach der Kreuzigung Christi Jesu empfunden haben mußten. Auch sie waren tief betrübt. Sie hatten sogar seine Lehren angezweifelt. Aber dann erschien er ihnen und demonstrierte damit ein für allemal, daß Leben Gott ist, weder in noch von der Materie. Und indem er die Gültigkeit seiner Lehren bewies, beendete er sein Werk.
Als ich über diese Berichte aus der Heiligen Schrift nachdachte, wurde mir die Bedeutung eines Abschnitts aus Mrs. Eddys Schriften klarer: „Jeus wahres und bewußtes Sein verließ nie den Himmel um der Erde willen. Es weilte immerdar droben, selbst während die Sterblichen glaubten, es sei hier.“ Nein und Ja, S. 36. Ich fing an zu erkennen, daß dies für alle Kinder Gottes wahr ist — daß unser wirkliches Sein immerdar bei unserem Vater-Mutter Gott geweilt hat und niemals auch nur für einen Augenblick von Seiner Liebe und Fürsorge getrennt ist. Ein sterblicher, materieller Begriff vom Menschen — eine falsche Auffassung — scheint uns zu verlassen.
Eine andere Erklärung Mrs. Eddys gewann ebenfalls eine neue Bedeutung: „Der Übergang von einer niederen zu einer neuen und höheren Anschauung vom Leben, und sei es auch durch die Pforte, die man Tod nennt, verleiht denen, die das Gegenwärtige genutzt haben und reif für das Ernte-Heim sind, eine klarere, vertrautere Auffassung vom Leben.“ Vermischte Schriften, S. 84. Als ich erkannte, daß diese Beschreibung zu keinem besser paßte als zu meinem Freund, erfüllte mich ein tiefes Gefühl des Friedens und des Trostes.
Dennoch spürte ich, daß noch etwas fehlte, ehe die Heilung vollständig war; und es dauerte nicht lange, bis ich wußte, was es war. Ich erkannte: Wenn ich das, was ich von meinem Freund erhalten hatte, tatsächlich wertschätzte und die Freundschaft, die ich genossen hatte, wirklich pflegte, dann mußte ich der Wahrheit gehorchen — ich mußte Jeus Gebote befolgen, die Mrs. Eddy wiederholte: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur.“ „Macht Kranke gesund.“ Matth. 5:48, Mark. 16:15. Matth. 10:8. Siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 37.
Gott teilt Seiner Idee, dem Menschen und dem Universum, Gutes mit, und das ist alles, was vor sich geht. Weil diese Erklärung absolute Wahrheit ist, hat sie Macht. Aber ihre Macht kann nur bewiesen werden, wenn wir ihre Wahrheit erkennen und jede gegenteilige Annahme in Frage stellen. Wenn die Lehren unseres Meisters und Mrs. Eddys für uns von Bedeutung sein sollen, müssen wir sie individuell in unserem Leben beweisen, indem wir uns selbst und andere von den falschen Annahmen heilen, daß Leben, Intelligenz und Substanz in der Materie seien.
Diesen praktischen Beweis des Christentums verlangte der Meister von seinen Jüngern. Und Mrs. Eddy verlangt ihn von allen Christlichen Wissenschaftern. In dem Maße, wie wir geistige Tatsachen aktiv in die Tat umsetzen, werden wir den Geist unserer Beziehung zu unseren „Mitarbeitern“ in der Wahrheit aufrechterhalten, auch wenn sie nicht länger bei uns sind. Wir beweisen dann Mrs. Eddys Erklärung: „Wo Gott ist, können wir einander begegnen, und wo Gott ist, können wir uns niemals trennen.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 131.
