In der Heiligen Schrift finden wir zahlreiche Fälle, in denen der Glaube an Gott und ein Verständnis von Ihm Heilung hervorbrachten. Aber solche Heilungen wurden oft als Wunder angesehen, die durch den willkürlichen Eingrift Gottes oder durch die Bemühungen besonders gottbegnadeter Menschen zustandekamen. In den letzten Jahren haben verschiedene Religionsgemeinschaften Versammlungen zum ausschließlichen Zweck des Heilens abgehalten; und das auslösende Moment für diese Zusammenkünfte ist, daß die biblischen Verheißungen größere Anerkennung gefunden haben.
Aber die Frage bleibt: Können wir uns wirklich selbst heilen?
Darauf gibt es eine definitive Antwort — zwar ein entschiedenes Ja — aufgrund der Macht Gottes, die in der Christus-Wissenschaft ans Licht gebracht wird.
Vor über hundert Jahren erfaßte Mrs. Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, nach hingebungsvollem Studium der Bibel und durch göttliche Offenbarung das reine Prinzip, das Jesu Heilungen, über die in den Evangelien berichtet wird, zugrunde liegt. Sie erklärte ihre Entdeckung im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit. Darin wird erläutert, daß die Macht Gottes, der Wahrheit, jedwedes Leiden der Menschheit heilen kann. Hier finden wir auch die demonstrierbare Wissenschaft, die jeder anwenden kann, um die absolute Herrschaft zu beweisen, die Gott über alles, was Er geschaffen hat, ausübt.
Da die Christliche Wissenschaft keine bloße Theorie, sondern eine Wissenschaft ist, kann sie bewiesen werden. Wie das Gesetz der Harmonie in der Musik Mißklang beseitigt, so zerstört Gottes Gesetz unharmonische Zustände. Und dieses Gesetz steht all denen immerdar zur Verfügung, die sein Prinzip verstehen möchten und sich bemühen, es anzuwenden.
Wissenschaft und Gesundheit prophezeit: „Wenn die Wissenschaft des Seins allgemein verstanden wird, dann wird jeder Mensch sein eigener Arzt und Wahrheit das allgemeine Heilmittel der Welt sein.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 144. Durch das Studium der Christlichen Wissenschaft lernen wir verstehen, daß der Mensch in seinem wahren Sein Gottes Kind ist, das von Seiner Gegenwart nicht getrennt werden kann.
Hier ein Beispiel: Vor einigen Jahren, als mein Sohn noch klein war, klagte er eines Tages, daß er sich nicht wohl fühle, und er schien Fieber zu haben. Weitere körperliche Symptome waren recht beängstigend. Er kam zu mir, um getröstet zu werden. Nachdem ich ihn eine Weile fest umarmt und mir klargemacht hatte, daß er nicht von Gott getrennt werden kann und der Irrtum unwirklich ist, schlug ich ihm vor, er solle sich eine Behandlung im Sinne der Christlichen Wissenschaft geben. (Er besuchte seit einiger Zeit eine Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft, wo er etwas über Gott, die Beziehung des Menschen zu Ihm und über die heilende Kraft der Wahrheit gelernt hatte.) Er war einverstanden, wenn ich ihm helfen würde.
Wir gingen in sein Zimmer und setzten uns eng nebeneinander auf das Bett. Ich meinte, er solle mit dem anfangen, was er über Gott wisse. „Er ist Liebe, und Er ist mein Vater und meine Mutter“, antwortete er sofort. Er dachte einen Augenblick nach und fügte dann hinzu: „Er ist Wahrheit und Leben, und Er hat mich lieb.“
„Prima“, sagte ich ermutigend zu ihm. „Und was weißt du über dich?“
Ohne zu zögern, antwortete er: „Ich bin Gottes Kind, und ich bin Gottes Bild und Gleichnis.“
Wir dachten hierüber ein Weilchen nach, und dann fragte ich ihn: „Ist Gott krank?“
Er strahlte mich an und sagte: „Nein, Er kann nicht krank sein!“ Er schien ein wenig darüber nachzudenken; dann leuchtete sein Gesicht auf — er hatte es verstanden —, und er sagte: „Wenn Gott nicht krank ist, bin ich es auch nicht, weil ich ja Sein Bild und Gleichnis bin.“ Er sprang vom Bett und rief: „Und ich bin auch nicht krank! Jetzt geh’ ich spielen.“
Er wollte gerade aus dem Zimmer laufen, da drehte er sich um und fragte mich: „Papa, habe ich mir eine Behandlung gegeben?“
Ich versicherte ihm, daß er das getan hatte, und freudig rief er aus: „Das ist Klasse!“
Und es war auch große Klasse. Die Symptome waren alle verschwunden. Das Erlebnis wurde jedoch nicht vergessen; es ergaben sich noch viele andere Gelegenheiten, die heilende Wirksamkeit der Christlichen Wissenschaft zu beweisen, und zwar nicht nur für meinen Sohn, sondern auch für die ganze Familie.
Dieses Beispiel einer Heilung veranschaulicht eine wichtige Tatsache in der Christlichen Wissenschaft: Die Wahrheit über Gott und den Menschen ist so einfach, daß es keiner umfangreichen, zeitraubenden, intellektuellen Auslegung oder Erklärung bedarf. Die Anwendung der Wahrheit verlangt jedoch Verständnis und den absoluten Glauben, daß es die Wahrheit ist. Wir müssen uns bewußt werden, daß der zu Gottes Ebenbild erschaffene Mensch nicht von Ihm getrennt werden kann und immer geistig, immer vollkommen ist. Wenn wir dieses geistige Bewußtsein erreichen, hat Krankheit, eine Illusion, keine Grundlage, um ihren Anspruch zu stützen, und wir können beweisen, daß sie keine Macht über uns hat. Dann kann sich die Heilung genauso schnell vollziehen, wie es bei meinem Sohn der Fall war.
Mrs. Eddy erklärt: „Ein wissenschaftlicher Gesundheitszustand ist ein Bewußtsein von Gesundheit, Heiligkeit, Unsterblichkeit — ein durch Christus, Wahrheit, erlangtes Bewußtsein; Krankheit dagegen ist ein mentaler Zustand oder Irrtum, den Wahrheit zerstört.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 349. Um diesen „wissenschaftlichen Gesundheitszustand“ zu erlangen, müssen wir uns beharrlich und hingebungsvoll bemühen, denn um uns her sehen wir Anzeichen des sterblichen Daseins und der Unbeständigkeit von Gesundheit im sterblichen Körper. Das Studium der Christlichen Wissenschaft hilft uns, die Unwirklichkeit des sterblichen Daseins und der darin enthaltenen Unvollkommenheiten zu erkennen. Wenn wir unsere wahre geistige Beziehung zu Gott besser verstehen und einsehen, daß der von Gott geschaffene Mensch — der einzige Mensch — unmöglich krank sein kann, verliert die Krankheit, eine Illusion, ihre Macht, und Heilung tritt ein.
Was geschah bei meinem Sohn?
Zuerst bestätigte er, daß Gott sein Vater und seine Mutter ist, daß Er göttliche Liebe ist, gerade das Prinzip, das den Menschen regiert. Dann erkannte er an, daß er als Gottes Ebenbild nicht von Ihm getrennt werden kann. Danach verneinte er, daß es irgendeine Unvollkommenheit (Krankheit) in Gott geben könne, und er bekräftigte, daß daher Gottes Ebenbild nicht krank sein kann. Und schließlich beanspruchte er seine Freiheit von der Illusion der Unvollkommenheit und freute sich über seine Vollkommenheit. Der Junge erlangte ein klareres Verständnis der Wahrheit über Gott und den Menschen, und die Wahrheit zerstörte die falsche Annahme.
Wir können heilen, wenn wir uns vorbehaltlos vom Standpunkt des geistigen Verständnisses aus sehen. Christi Jesu Verheißung „[Ihr] werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ Joh. 8:32. gilt heute noch genauso wie vor Jahrhunderten. „Der Mensch ist Gottes Bild und Gleichnis; was immer Gott möglich ist, ist dem Menschen als Gottes Widerspiegelung möglich“ Verm., S. 183., schreibt Mrs. Eddy in den Vermischten Schriften.
Wenn wir uns von den vorherrschenden (und falschen) Annahmen des sterblichen Daseins frei machen, verliert die Illusion einer Krankheit ihre Macht, uns zu beeinflussen; und die Illusion verschwindet, denn sie besteht nur als eine Mutmaßung im sterblichen Denken. Dann erkennen wir, daß der Mensch Gottes geistige, unsterbliche, ewige Idee ist und von seinem Schöpfer nicht getrennt werden kann. Hierin liegt für uns die Sicherheit, die wir benötigen, um uns — und andere — zu heilen.
