Eine junge Frau wurde bei einem Unfall aus dem Auto geschleudert. Sie verlor das Bewußtsein, und ohne ihr Wissen brachte man sie im Rettungswagen in ein Krankenhaus. Dort stellten die Ärzte fest, daß sie nur noch einige Stunden zu leben habe. Sie hatte einen komplizierten Schädelbruch erlitten, und beide Sehnerven waren durchtrennt.
Die Eltern der jungen Frau wurden benachrichtigt. Sofort setzten sie sich mit einem Ausüber der Christlichen Wissenschaft in Verbindung. Als die Eltern und der Ausüber im Krankenhaus eintrafen, erfuhren sie, daß man einige Wunden genäht habe, aber daß die Ärzte meinten, man könne sonst nichts weiter tun. Den Eltern wurde auch wieder erklärt, daß ihre Tochter nicht mehr lange leben werde.
Immer noch bewußtlos, wiederholte die junge Frau einen Vers aus der Bibel. Es waren die Worte Christi Jesu aus dem Johannesevangelium: „Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast.“ Joh. 11:41.
Es wurde keine medizinische Behandlung vorgenommen. Man verließ sich allein auf das hingebungsvolle christlich-wissenschaftliche Gebet ihrer Eltern und des Ausübers. Die unmittelbare Krisis ging vorüber. Doch als die Frau eine Woche lang bewußtlos blieb, sagten die Ärzte voraus, daß sie zeitlebens ein Krüppel sein werde, selbst wenn sie am Leben bliebe, und daß Blindheit sehr wahrscheinlich sei.
Die christlich-wissenschaftliche Behandlung wurde fortgesetzt. Und in der folgenden Woche kam die Frau zu sich. Sie bat ihre Eltern, ihr aus der Bibel und aus Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy vorzulesen. Die Wahrheiten, die sie hörte — Wahrheiten über den Menschen als geistiges Ebenbild Gottes —, inspirierten sie, so daß sie die göttliche Wirklichkeit in einem neuen Licht sah. Später sagte sei: „Das war tatsächlich ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich bekam eine klarere Auffassung von der Tatsache, daß der Mensch in Wirklichkeit geistig ist, nicht materiellen Verletzungen preisgegeben — weil er das Bild und Gleichnis Gottes, des Geistes, ist. Ich wußte, daß dies trotz allen gegenteiligen Anscheins die Wahrheit war und sie mich heilen würde.“
Welche Erwartung! Noch Meinung der Ärzte bestand keine Hoffnung. Doch die Eltern hatten gebetet. Und der Ausüber hatte gebetet. Und aus den Worten der jungen Frau sprach die Erwartung des Guten. Sie wußte, daß die Wahrheit sie heilen würde. Und sie wurde geheilt, und zwar völlig.
Nach einigen Wochen wurde die Frau entlassen. Später berichtete sie, was ein bekannter Gehirnchirurg über die bemerkenswerte Heilung gesagt hatte: „Als ich nach Hause ging, sagte er zu meinen Eltern:, Gebet hat Ihre Tochter geheilt!‘ “ Bestätigend fügte sie hinzu: „Jede einzelne Verletzung wurde geheilt, und ich konnte von allen meinen Fähigkeiten vollen Gebrauch machen“. Siehe Ein Jahrhundert christlich-wissenschaftlichen Heilens (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1979), S. 216–219.
Das war ganz gewiß eine wunderbare Heilung, ein herrlicher Beweis von der liebevollen Fürsorge Gottes für Seine Kinder. Man könnte jedoch von zahlreichen anderen Fällen berichten, in denen Christliche Wissenschafter Krankheiten, persönlichen Schwierigkeiten, ja scheinbar unmittelbarer Lebensgefahr mit der Gewißheit entgegentraten, daß Gott gut ist und daß die Allgegenwart Seiner unendlichen Liebe Befreiung bringt.
Eine solche Erwartung ist ein mächtiger Impuls für das christliche Heilen. Aber sie beruht nicht auf positivem Denken, Willenskraft oder rosarotem Optimismus. Dem, der die Wahrheit erkannt hat, bringt die Wahrheit ihre eigene feste Überzeugung. Wenn etwas wahr ist, dann ist s wahr, und daran gibt es nichts zu rütteln. Weil die Sonne gestern und vorgestern und solange wir uns erinnern können immer aufgegangen ist, erwarten wir, daß sie auch morgen aufgehen wird. Daran zweifeln wir nicht. Wir wissen, daß nach jede Nacht ein neuer Morgen aufdämmert. Die Sonne wird aufgehen, so ist es eben.
Aber die geistige Wahrheit ist noch zuverlässiger als selbst „Tatsachen" wie der Sonnenaufgang. Nur die geistigen Tatsachen des Seins — der göttlichen Wirklichkeit — sind wirklich substantiell, unfehlbar und ständig zufriedenstellend. Die göttliche Wahrheit, Gott, ist ewig und vollkommen gut. Und das geistige Licht, das von der Wahrheit ausgeht, kann seinen vollen, stetigen Glanz niemals verlieren. Die geistige Nahrung, mit der Wahrheit die ganze Schöpfung versorgt, kann sich nie erschöpfen. Gott ist gut — immerdar. Das war Er immer und wird es immer sein. Seine Schöpfung ist völlig geistig. Das war sie immer und wird es immer sein.
Wenn wir die Wahrheit des Seins erfaßt haben, können wir uns mit unerschütterlicher Erwartung auf die Wahrheit verlassen, daß Gottes Güte nur zu Gutem führen kann. Ganz gleich, in welchen menschlichen Situationen wir uns befinden oder wie lange wir schon nach Heilung suchen, wir können — allem äußeren Augenschein zum Trotz — Segen erwarten, wenn wir etwas von Gottes grenzenloser Liebe und ewiger Güte wissen. Wir können erwarten, daß sich unser Leben durch Gebet verändert, daß wir erlöst und geheilt werden.
Es ist so wichtig, das Gute zu erwarten — besonders bei der Heilung chronischer Leiden oder angesichts einer ernsten Krise. Eine düstere Betrachtung des Lebens als auf die Materie beschränkt — körperlichen Qualen, angeblichen Gefahren, Begrenzungen und selbstauferlegten Gebrechlichkeiten unterworfen — ist das Ergebnis der Versuche des mutmaßlichen fleischlichen Gemüts, uns in seinen eigenen Verstrickungen der Sterblichkeit gefangenzuhalten. In einer derartig beschränkten Wahrnehmung der Wirklichkeit gibt es weder Licht noch Heilung. Und wenn man von einem solch scheinbar hoffnungslosen Standpunkt ausgeht, könnte man meinen, daß man nur noch Leiden oder Begrenzung zu erwarten habe.
Und doch ist der Christus, die stets gegenwärtige geistige Idee, immer im individuellen Bewußtsein am Werk. Der Christus kommt, um jeden krankhaften Sinn vom Leben in der Materie hinwegzunehmen und das Denken so zu erheben, daß es die gegenwärtige Herrlichkeit des Menschen als geistiges Wesen wahrnimmt und erkennt, daß das Leben des Menschen Gott, das göttliche Leben, widerspiegelt. Durch Gebet werden wir geistig erleuchtet, was uns zeigt, daß reines Verlangen, geistig voranzuschreiten und zur Ehre Gottes geheilt zu werden, erfüllt wird. Wissenschaft und Gesundheit gibt uns unter Hinweis auf den biblischen Bericht vom Auszug der Hebräer die folgende feste Zusicherung: „Wie die Kinder Israel siegreich durch das Rote Meer, die dunkle Ebbe und Flut menschlicher Furcht, hindurchgeführt wurden — wie sie durch die Wüste geleitet wurden, mit müden Schritten durch die große Einöde menschlicher Hoffnungen wanderten und die verheißene Freude vorahnten —, so wird die geistige Idee alle rechten Wünsche auf ihrem Weg vom Sinn zur Seele leiten, von einem materiellen Daseinsbegriff zu einem geistigen, hinan zu der Herrlichkeit, die denen bereitet ist, die Gott lieben.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 566.
Wenn wir die Verwirklichung der Güte Gottes erwarten, wenn wir „die verheißene Freude“ vorahnen, wird sich unsere Heilarbeit für uns selber und für andere beleben. Allem Augenschein zum Trotz können wir dem Feind mutig ins Angesicht schauen — Irrtümern wie Krankheit, Verletzungen oder Sünde —, und dadurch, daß wir uns völlig auf die göttliche Wahrheit verlassen, können wir den Sieg erringen. Und mit jeder Heilung wird uns die „Herrlichkeit, die denen bereitet ist, die Gott lieben“, immer klarer. Verdient dieser Segen nicht unsere Erwartung?
