In Dresden befindet sich ein Museum, das eine erstaunliche Sammlung von Kostbarkeiten enthält. Es gibt dort goldene Teller und Tassen, Gegenstände aus Elfenbein, Rubine, Smaragde — ein wahres Vermögen. Diese Schätze aus dem Besitz der sächsischen Königshäuser wurden im sechzehnten Jahrhundert als Sammlung gestiftet und jahrhundertelang im Grünen Gewölbe des Dresdner Schlosses aufbewahrt.
Als ich mir vor kurzem diese exquisiten Gegenstände anschaute, mußte ich an einen Schatz denken, der für die Menschheit von unschätzbarem Wert ist: das Kleinod der Christlichen Wissenschaft. Welche Gelegenheit und Verpflichtung hat doch jedes Mitglied einer Zweigkirche Christi, Wissenschafter, einer Christlich-Wissenschaftlichen Vereinigung oder einer Gruppe Christlicher Wissenschafter, diesen Schatz zu erkennen, und zu bewahren, so daß auch er der Menschheit weiterhin zugänglich bleibt. Als Antwort auf die Frage, warum das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, kritisiert werde, schreibt Mrs. Eddy: „Einfach darum: Weil die Schätze dieses Lehrbuchs dem Blick vieler Menschen noch nicht enthüllt sind, ist die Schönheit der Heiligkeit noch nicht erlangt.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 1 14. Für die Hüter dieses Kleinods der Christlichen Wissenschaft gibt es noch immer Arbeit!
Unsere wachsame mentale Verteidigung unserer Sache muß sogar noch stärker sein als die zwei Meter dicken Mauern und die mit eisernen Läden geschützten Fenster der „Geheimen Verwahrung“ im Dresdner Schloß. Wir sind Teilhaber eines großen und glorreichen Vermächtnisses, und wir vereinen uns in unserer Liebe zur Christlichen Wissenschaft und zur Menschheit, wenn wir dieses Vermächtnis erfüllen.
Wir leben in einer Zeit, in der die übermäßige Materialität des fleischlichen Gemüts alles angreift, was ihm nicht gleicht. Und dazu gehört alles, was auf Geistigkeit, Reinheit und Güte Gewicht legt. Jedes Mitglied Der Mutterkirche und jedes Mitglied einer Zweigkirche kann an der Einheit festhalten, die das natürliche Ergebnis unserer Demonstration von Kirche ist, und es kann leugnen, daß der tierische Magnetismus Macht hat zu spalten. Wir müssen diese kostbare Einigkeit unbedingt spüren und bewahren, damit die einzelnen Mitglieder und Zweigkirchen Fortschritte machen und so besser imstande sind, ihrem Gemeinwesen und der ganzen Welt Segen zu bringen.
Einigkeit beruht auf der Einheit und Allheit Gottes und auf dem Einssein des Menschen mit Ihm als Seiner Widerspiegelung. Wenn einer Beziehung die Einheit des Menschen mit Gott zugrunde liegt, ist die Harmonie dieser Beziehung gesichert. Die metaphysische Wahrheit, daß der Mensch, die geistige Idee Gottes, ewig mit dem Vater-Mutter Gott eins ist, bildet die Grundlage für das Verständnis und die Demonstration der Brüderschaft der Menschen. Unsere Einheit mit Gott, und folglich die Einheit miteinander, ist in Wirklichkeit eine bereits bestehende geistige Tatsache. Unsere wahre Identität als Mensch braucht sich nicht zur Einheit hindurchzukämpfen. Daher ist es zweifellos möglich, diese Einheit in menschlichen Angelegenheiten zu demonstrieren — und das schließt Harmonie unter Kirchenmitgliedern mit ein. Nur wenn wir die Beziehung des Menschen zu Gott aus den Augen verlieren, scheint Disharmonie in unseren menschlichen Beziehungen aufzutreten.
In der Definition von „Kirche“ vereint Mrs. Eddy die Synonyme Wahrheit, Liebe und Prinzip. Sie beginnt die Definition folgendermaßen: „Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht“.Wissenschaft und Gesundheit, S. 583. Wir müssen klar erkennen, wie wichtig es ist, in unseren Kirchen die der Wahrheit entspringende Kraft und Beständigkeit mit der aus der Liebe strömenden Sanftheit und Anpassungsfähigkeit zu vereinen. Und alle unsere Kirchentätigkeiten müssen unter der Führung der göttlichen Gesetze des Prinzips stehen. In den Vermischten Schriften sagt Mrs. Eddy: „Unsere Losungsworte sind Wahrheit und Liebe, und wenn wir in diesen beharren, werden sie uns ganz erfüllen, und wir werden eines sein im Herzen, eins im Beweggrund, im Vorsatz und im Streben“. Verm., S. 135. Es mag leichter, ja sogar logischer erscheinen, aufzugeben, ein Amt niederzulegen oder sich von der Kirche loszusagen, aber wenn man durchhält und sich durch unterschiedliche menschliche Meinungen hindurchbetet, erlebt man, wie der Christus in jeder schwierigen Situation zutage tritt.
Jede Zweigkirche, Vereinigung oder Gruppe Christlicher Wissenschafter kann sich freuen, unter Gott vereint zu sein, was eine wichtige Rolle in der Erfüllung des Zwecks der Kirche spielt. Das eine Gemüt, das jeder einzelne in Wahrheit zum Ausdruck bringt, kann die Mitglieder zu weisen Entscheidungen führen, wenn sie der göttlichen Weisung gehorchen. Wir haben den Segen unseres immer gelassenen, tröstenden Pastors, der Bibel und des Buches Wissenschaft und Gesundheit. Zusammen mit dem Handbuch Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy helfen uns diese Bücher bei jeder Entscheidung, bei jedem Schritt vorwärts. Da unser Pastor nie abwesend oder fehlbar ist, ist er ein weiserer Ratgeber als noch so charismatische menschliche Persönlichkeiten.
Einer der kürzesten und schönsten Psalmen in der Bibel — er umfaßt nicht mehr als drei Verse — beginnt mit dem Satz: „Siehe, wie fein und lieblich ist’s, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!“ Ps. 133:1. Der Psalmist vergleicht dann diese Eintracht mit kostbarer Salbe oder wohlriechendem Öl. Jedes Kirchenmitglied kann das kostbare Öl des Heilens mit sich bringen, um jede Disharmonie zu besänftigen, die einer Zweigkirche vielleicht zu schaffen macht, sei es nun Uneinigkeit über die Lage des Leseraums oder ein Mangel an Mitgliedern, die für Kirchenarbeit zur Verfügung stehen. Dieses Öl ist unser wachsames Gebet, unsere Hingabe, unsere Liebe und Inspiration, in der Tat alle die Eigenschaften, die im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit dem Begriff „Öl“ zugeschrieben werden. Siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 592., In dem Maße, wie diese Eigenschaften mit Geduld und Liebe angewandt werden, löst sich das Problem, und die Kirche wird durch die Heilung stärker.
Der Psalmist vergleicht die Eintracht auch mit dem Tau, der sich bildet, wenn die Luft ruhig ist oder sich leicht bewegt. Bei starkem Wind kann sich kein Tau bilden. Die Mitglieder können darüber wachen, daß kein Wind des Zorns, der Zerstörung oder der sterblichen Leidenschaft — die negativen Merkmale, die dem „Wind“ im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit zugeschrieben werden Siehe ebd., S. 597. — dem einzelnen und der Kirche den erfrischenden Tau geistigen Wachstums vorenthalten kann. Sie können vor Gefahren wie z. B. Cliquenbildung auf der Hut sein, indem sie daran festhalten, daß alle unter der Herrschaft des einen Gemüts vereint sind. Keiner ist von der allumfassenden Liebe ausgeschlossen. Wenn diese Tatsache klar verstanden wird, beseitigt sie Spaltungen und unterschiedliche Meinungen.
Eine Zweigkirche hatte jahrelang versucht, sich über den Entwurf für eine Sonntagsschule zu einigen. Ein Plan nach dem anderen war wegen fehlender Einigkeit unter den Mitgliedern abgelehnt worden. Vor einer Geschäftssitzung fühlten sich einige Mitglieder veranlaßt zu beten, um zu erkennen, daß die Kirchenmitglieder unter der Führung des Gemüts in Liebe vereint waren. Sie beteten, um zu verstehen, daß nichts die Kirche spalten oder sie vom geistigen Fortschritt in der Demonstration der Einheit abhalten konnte. Auf dieser Versammlung wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, den jüngsten Entwurf ausführen zu lassen. Es war eine begeisternde Versammlung, auf der man die Einheit und Freude spüren konnte. Von diesem Augenblick an ging alles zügig voran, und die Sonntagsschule war in sehr kurzer Zeit fertiggestellt.
Der letzte Vers des 133. Psalms spricht von den Bergen Zions und schließt mit den Worten: „Denn dort verheißt der Herr den Segen und Leben bis in Ewigkeit.“ In der englischen Übersetzung von James Moffatt lautet dieser Teil des Verses: „Denn in dieser Gemeinschaft hat der Ewige den Segen eines endlosen Lebens verankert.“ Das „endlose Leben“ unserer Kirchen hängt nicht von der Dauerhaftigkeit von Backsteinen und Holz ab oder von der Beständigkeit finanzieller Mittel, um sie instandzuhalten, sondern es hat sehr viel mit der liebevollen Gemeinschaft der Mitglieder zu tun. Wir können uns gegenseitig zu der Erkenntnis verhelfen, daß wir ein heiliges Vermächtnis haben, das uns verpflichtet, die Mission der Kirche Christi, Wissenschafter, voranzutragen, die im zweiten Absatz der Definition von „Kirche“ in Wissenschaft und Gesundheit umrissen ist. Diese Mission geht weit über Cliquen und persönlichen Stolz hinaus. Sie wird durch Liebe vorangetragen: Liebe zu Gott, Liebe der Mitglieder zueinander und zu ihrem Gemeinwesen. Diese Liebe bekundete z. B. ein Mitglied, das die Kirche so sehr liebte, daß es die Reinigung der Kirche übernahm, als es keine andere Arbeit gab.
In der Bibel lesen wir, „daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen“ Röm. 8:28.. Wenn in unseren Kirchen Disharmonie herrscht, sollten wir uns dann nicht fragen: „Liebe ich Gott genug, mit allem, was dies bedeutet?“? Liebe zu Gott läßt uns mitten in einer Meinungsverschiedenheit innehalten, um zu überlegen: „Was will Gott?“ oder: „Was sagt Er?“ Wie sehr wir auch im Recht sein mögen, Liebe zu Gott führt uns dazu, menschlichen Willen beiseite zu schieben, weil wir Seinen Willen tun wollen. Liebe zu Gott läßt uns die persönliche Vorherrschaft durch ein Mitglied zugunsten von Gottes allerhabener Führung und Allmacht leugnen.
Jeder kann diese echte Liebe Gottes widerspiegeln, durch die er erkennt, daß jedes einzelne Mitglied der Kirche fähig ist, hilfreich und liebevoll zu sein, individuell und unabhängig jede Fähigkeit widerzuspiegeln, die nötig ist, um die Aufgabe jener Kirche zu erfüllen. Unsere Liebe zu den anderen Mitgliedern ermöglicht es uns, mit geistiger Sicht alles umzukehren, was sich als persönliche Vorherrschaft oder Schwäche, Eigenwillen oder Schüchternheit ausgibt. Wenn wir uns standhaft um diese geistige Sicht bemühen, lösen sich die Cliquen und persönlichen Meinungen auf, die die Ausstrahlungskraft und Liebe unserer Kirche zu schwächen drohen. Persönliches Charisma hat keinen Platz in der Kirche Christi, Wissenschafter, in der der unpersönliche Christus der einzige Weg, Christus Jesus der Wegweiser und Mary Baker Eddy unsere Führerin ist.
Die Gemeinschaft der Mitglieder unserer Kirche besteht schon jetzt. Sie ist eine Einheit, die auf einer geistigen Grundlage ruht. Wenn wir diese Tatsache erkennen, können wir Meinungsverschiedenheiten und persönliche Meinungen beseitigen und mit der wichtigen Aufgabe fortfahren, das Kleinod der Christlichen Wissenschaft mit der Menschheit zu teilen.
