Meine erste Heilung, die durch Vertrauen auf Gott zustande kam, erlebte ich, bevor ich irgend etwas über die Christliche Wissenschaft wußte.
Damals war ich neun Jahre alt. Abgesehen von dem Einfluß, den meine Eltern durch ihre große Liebe zur Bibel auf mich ausübten, hatte ich sehr wenig religiöse Unterweisung. Ich ging regelmäßig in die Kirche, doch galt mein wirkliches Interesse dem Singen im Kirchenchor. Etwas, was ich auch gern hatte, war ein buntes Buch mit Bibelgeschichten, die ich immer wieder las. Ich wußte nicht, ob sie wahr waren oder nicht. Für mich hatte nur Bedeutung, daß es sehr gute Geschichten waren.
Eines Abends, gleich nach dem Abendessen, schickte mich meine Mutter zu einem benachbarten Lebensmittelgeschäft, wo ich einen Laib Brot besorgen sollte. Es war schon dunkel, und als ich aus dem Laden trat, verschätzte ich mich in der obersten Stufe. Abwärts ging es; ich stürzte die ganze Treppe hinab. Es war niemand da, und eine Weile lag ich mit heftigen Schmerzen am Fuße der Treppe und rang nach Atem.
Schließlich machte ich eine äußerste Anstrengung, um aufzustehen, und obwohl ich ganz gebückt gehen mußte, schaffte ich den Heimweg und gelangte, ohne von jemand gesehen zu werden, durch die Hintertür ins Haus. Ich legte das Brot auf den Tisch, doch hatte ich Angst, irgend jemand von dem Geschehenen zu erzählen, denn ich wollte kein Aufhebens machen. Ich wollte nur alleine sein. Ich schleppte mich, im wahrsten Sinne des Wortes, die Stiegen hinauf in mein Zimmer.
Ich lag im Bett, unfähig, mich ohne stark stechende Schmerzen in der Brust umzudrehen oder aufzurichten. Das Atmen bereitete mir Schwierigkeiten, und ich hatte Angst. Meine Mutter kam und sagte gute Nacht, und ich versuchte, ihr fröhlich zu antworten.
Durch mein Fenster blickte ich in eine klare Nacht mit einem schwarzen sternbesäten Himmel hinaus. Ich erinnere mich noch, wie ich diese sprühenden Lichter eingehend betrachtete. Sie schienen so freundlich zu sein. Plötzlich wurde mir bewußt, daß ich nicht wirklich alleine war, obwohl niemand anders da war. Und so elend ich mich auch fühlte, ich konnte nicht glauben, daß Gott mein Dilemma guthieß. Ich wollte nicht glauben, daß etwas so Schlimmes wirklich wahr sein konnte. Nichts in meinem Leben schien mich auf diese Erfahrung vorbereitet zu haben. Doch wußte ich durch meinen eigenen geistigen Sinn (einen Sinn, den jeder von uns hat), daß nur das Gute wirklich wirklich sein konnte, und was gut war, hatte Gott geschaffen.
Es gab keine Vorurteile oder Dogmen zu durchbrechen; keine intellektuellen Argumente. Ich bat Gott nicht um Heilung. Noch suchte ich nach genau dem richtigen Gedanken. Ich hatte keinerlei Vorbehalte, nur die absolute, unerschütterliche Überzeugung, daß Gott gut ist, daß Er alles regiert und daß Er meinen Zustand unmöglich zulassen konnte.
Während der Nacht erwachte ich einige Male, und jedesmal wenn ich aus meinem Fenster blickte, sah ich diese freundlichen Sterne und sogar einige neue, und ich hatte immer noch das beruhigende Gefühl, daß Gott bei mir war. Und jedesmal wenn ich mich zur Seite drehte, um weiterzuschlafen, schienen die Schmerzen schwächer zu sein.
Am Morgen erwachte ich und mußte mich zur Schule fertig machen. Die Schmerzen hatten fast aufgehört, nur beim Atmen spürte ich noch etwas. Während des Tages erinnerte mich jeder Atemzug an Gottes Güte und Seine Fürsorge für mich. Ich fühlte eine Nähe zu Ihm, die einmalig war und es immer sein wird. Bis zum Abend war selbst dieser kleine Schmerz verschwunden.
Das bemerkenswerte bei all dem war, selbst für junges Denken, nicht die physische Heilung. Was ich nie vergessen werde, ist nicht das Verklingen des Schmerzes, sondern das wunderbare Gefühl, völlig von Gott umgeben zu sein.
Ich nenne dies meine erste christlich-wissenschaftliche Heilung, weil ich, so meine ich, in der Lage war, Gottes Güte ganz natürlich wahrzunehmen bis zu dem Punkt, wo ich auch erkennen konnte, daß das Böse keinen Raum hat. Ich wünschte nur, ich hätte in meiner Jugend eine Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft besuchen können. Ich hätte viel früher etwas über das tiefere, geistige Verständnis von Gott lernen können, das Heilung bringt. Und meine Kindheit und Jugend wären wesentlich einfacher gewesen. Der Besuch der Sonntagsschule und das tägliche Studium der Bibellektion Im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. lassen uns gleichsam den besten Pfad durch das Dickicht finden; je schneller wir ihn finden, desto besser. Wir wissen, wie man betet und Gottes Gegenwart spürt. Mrs. Eddys Lied drückt das so schön aus:
Kraft, Freude, Friede, holde Gegenwart,
Die schützend birgt, was noch des Werdens harrt,
Liebreich des Nestlings zagen Flug bewacht:
Dein Fittich trag empor mein Kind heut Nacht! Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 207.
