Diese Frage wird Ausübern der Christlichen Wissenschaft oftmals von Leuten gestellt, die allein durch geistige Mittel von einem Leiden befreit werden möchten. Häufig kommt diese Bitte auch von jemandem, der die Christliche Wissenschaft bereits studiert. Wenn sich jemand zum erstenmal an einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft wendet, mag er wohl eher fragen: „Würden Sie für mich beten?”
Ist Gebet Arbeit, und ist Arbeit Gebet? Bedeuten beide Wörter dasselbe? Mrs. Eddy sagte einmal in einer Ansprache vor ihren Anhängern: „Das Lied der Christlichen Wissenschaft ist: ,Arbeitet — arbeitet — arbeitet — wachet und betet!' ” Botschaft an Die Mutterkirche für 1900, S. 2. So wie das Wort „arbeiten” häufig in der Christlichen Wissenschaft gebraucht wird, bedeutet es ganz gewiß präzises geistiges Folgern im Bewußtsein des Menschen. Es besagt insbesondere, daß die Wahrheit über die Christus-Idee — die geistige Beziehung des Menschen zu Gott — , wie sie die Christliche Wissenschaft offenbart, erkannt und angewandt wird. Die Arbeit soll Heilung bewirken.
Das heißt nun jedoch nicht, daß die körperlichen und moralischen Heilungen, die durch die Arbeit oder das Gebet im Sinne der Christlichen Wissenschaft erreicht werden, von dem Mechanismus des menschlichen Gemüts herrühren. Gott allein ist der Heiler. Er ist das Gemüt, das alles Gute, Seine Güte, kennt, die unendlich ist. Die Gedanken Gottes wandeln das empfängliche menschliche Denken durch die ewige Kindschaft des Christus um und tilgen auf diese Weise aus dem menschlichen Bewußtsein die materieffe Annahme oder den Irrtum, der das Leiden verursacht.
Man sollte beachten, daß Mrs. Eddy diese metaphysische Anstrengung oder „Arbeit” nicht als ein mühseliges, ermüdendes oder erschöpfendes Unterfangen beschreibt, sondern als Lied! Die großen Wahrheiten des Seins, die die Christliche Wissenschaft offenbart, im Gebet zu erkennen oder zu bekräftigen kommt einer erhebenden Lobeshymne zu Gottes Ehre, Macht und Gegenwart gleich. Solch eine Behandlung ist eine göttlich widergespiegelte Tätigkeit. Gewiß, häufig ist ein großes Ringen erforderlich, um den Mesmerismus des Irrtums zu brechen; doch wenn die gebetvolle Arbeit in der Christlichen Wissenschaft zu einer schweren Last wird, könnte das daran liegen, daß die Arbeit nicht korrekt oder nicht vom absoluten Standpunkt aus getan wird. Vielleicht steht das Wörtchen „mein” — meine Leistung, meine Bemühung — zu sehr im Vordergrund, statt allein Gottes Wort wirken zu lassen.
Dies kann berichtigt werden, wenn wir darum beten, das zu fühlen und zu verstehen, was Christus Jesus meinte, als er sagte: „Mein Vater wirket bis auf diesen Tag, und ich wirke auch.” Joh. 5:17. Der Mensch, Gottes Idee, wirkt oder arbeitet aufgrund der Tatsache, daß er alle Eigenschaften Gottes widerspiegelt, und die sind gut. Auf ebendieser Grundlage erkannte Mrs. Eddy, daß von Gottes Wirken Heilkraft ausgeht — Seine göttliche Energie; in Wissenschaft und Gesundheit schreibt sie: „Die Christliche Wissenschaft bringt den menschlichen Willen zum Schweigen, sie beschwichtigt die Furcht durch Wahrheit und Liebe und veranschaulicht das mühelose Wirken der göttlichen Energie im Heilen der Kranken.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 445.
Ob man nun einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Arbeit, Hilfe, Gebet oder Behandlung bittet, Tatsache bleibt, daß man sich im Gebet allein an die göttliche Energie wendet, damit sie auf die falsche Annahme des Patienten einwirke. Erkennen wir, daß die Lüge — alias Krankheit, Leiden, Disharmonie — lediglich eine falsche Annahme ist, so werden diese mentale Lüge und der unharmonische körperliche Zustand durch ein klares Verständnis des Christus, der Wahrheit, zerstört. Durch die Christliche Wissenschaft erfassen wir nach und nach, daß allein das menschliche Bewußtsein der Heilung bedarf — nicht etwa der Körper, das Geschäft oder das Heim. Das Bewußtsein ist geheilt, wenn es dem Ruf des Christus, der Wahrheit, folgt. Eine derartige Heilung kommt durch die wissenschaftlichen Gebete und die geistige Erkenntnis des Ausübers zustande, oft auch durch die des Hilfesuchenden.
Wird ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft gebeten, diese einzigartige „Arbeit” für einen Patienten aufzunehmen, so richtet er die klaren Erkenntnisse der Wahrheit — die Ideen, die von Gott kommen — und die energische Zurückweisung der disharmonischen Sinnesbilder an die falsche Annahme des Patienten und nicht an seine Person. Bei einer christlich-wissenschaftlichen Behandlung wird keine Kontrolle über Personen ausgeübt, sondern allein göttliche Autorität über die falsche Annahme, die der Patient irrtümlicherweise hegt. Der Glaube an Krankheit oder Sünde gehört in Wirklichkeit ebensowenig zu irgend jemandem wie etwa die Vorstellung, dieser Glaube sei Teil des Gemüts, das Gott ist. Für eine Heilung ist entscheidend, daß im Bewußtsein der Glaube an Krankheit und dessen Kundwerdung vom Patienten getrennt werden.
Man muß nicht erst Mitglied der christlich-wissenschaftlichen Kirche sein, ehe man einen eingetragenen Ausüber dieser Religion um Behandlung durch Gebet bitten kann. Ein „eingetragener” Ausüber ist ein erfahrener Christlicher Wissenschafter, der seine ganze Zeit der öffentlichen Ausübung der Heiltätigkeit der Christlichen Wissenschaft widmet und dessen Name unter der Überschrift „Christian Science Practitioners and Teachers” (Ausüber und Lehrer der Christlichen Wissenschaft) in der monatlichen Zeitschrift dieser Kirche, dem Christian Science Journal, oder im Herold der Christlichen Wissenschaft erscheint.
Wer Heilung sucht und sich ausschließlich auf Gott verlassen und sich Ihm anvertrauen möchte, kann um christlich-wissenschaftliche Behandlung bitten. Für die Gewährung einer Behandlung stellte Mrs. Eddy einen ethischen Grundsatz von hoher Wichtigkeit auf; sie schreibt: „Es ist bereits bekannt, daß die Christlichen Wissenschafter keinen Patienten annehmen, der unter der Obhut eines Arztes steht, bis der Arzt den Fall aufgegeben hat und andere Hilfe gesucht wird.” Rückblick und Einblick, S. 87.
Bei der heiligen Arbeit des Gebets im Sinne der christlich-wissenschaftlichen Behandlung wird Gott alle Macht zugeschrieben und der Glaube zurückgewiesen, daß die Materie irgend etwas mit dem wahren Zustand des Menschen zu tun hat, der zu Gottes Ebenbild erschaffen ist. Wer durch Gebet im Sinne der Christlichen Wissenschaft geheilt werden möchte, jedoch materiellen Methoden Zugeständnisse macht, vereitelt radikales Christus-Heilen. Geistige Methoden und materielle Heilmittel sind einander diametral entgegengesetzt und können nicht miteinander verbunden werden, um dauerhafte Heilungen zu bewirken. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Es ist unmöglich, von zwei Standpunkten aus zu arbeiten. Wenn wir dies unternehmen, werden wir bald, dem einen anhangen und den andern verachten'.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 182.
Wer christlich-wissenschaftliche Behandlung wünscht, aber nicht bereit ist, sogleich auf Medikamente oder andere Formen materieller Hilfsmittel zu verzichten, muß sich der christlichen Zusicherung bewußt werden, die ihm das Studium der Christlichen Wissenschaft gibt, daß nämlich Furcht keine Macht hat und Heilung nicht vereiteln kann. Will sich jemand in allem auf Gott verlassen, so kann Furcht diesem Beweggrund nichts entgegensetzen.
Obgleich niemand guten Gewissens um christlich-wissenschaftliche Behandlung bitten kann, solange er sich auf Medikamente oder andere Formen materieller Hilfsmittel verläßt, hindert ihn doch nichts daran, sich ernsthaft mit Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, zu befassen. In dem Maße, wie jemand daraus die christusgleichen Ideen von Gott empfängt, die Furcht vertreiben, kann sein Denken moralisch so gestärkt werden, daß er sein volles Vertrauen allein auf das göttliche Gemüt, Gott, setzen kann. Manch einer hat schon — mitunter zu seinem Erstaunen — erlebt, daß ihm während harter Prüfungen sein eigenes inspiriertes Studium der Bibel und des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft sofortige Heilung gebracht hat, so daß sich jede weitere Hilfe durch einen Ausüber erübrigte.
Das ist — im wahrsten Sinne des Wortes — „Arbeit” im Weinberg des Vaters. Wenn wir uns beharrlich und bewußt darum bemühen, christusgleiche Ideen zu erschauen und zu erfassen, ist das Resultat Heilung. Deshalb entspringt der Begriff „Arbeit”, wie er oftmals von Christlichen Wissenschaftern gebraucht wird, um ihre mentalen Anstrengungen im Gebet zu bezeichnen, keiner überspannten Laune. „Gebetvolle Arbeit” ist in jeder Hinsicht eine bedeutungsschwere und geistig erhebende Bezeichnung für diejenigen, die die göttliche Metaphysik anwenden, um durch geistiges Heilen Gott zu verherrlichen. Sie deutet an, daß der immergegenwärtige Christus, die Wahrheit, nahe herbeigekommen ist. Wahrlich, „denen, die Gott lieben, [dienen] alle Dinge zum Besten” Röm. 8:28..
