„Jeder Tag fordert von uns höhere Beweise, nicht nur Bekenntnisse der christlichen Kraft“, schreibt Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit. „Diese Beweise bestehen einzig in der Zerstörung von Sünde, Krankheit und Tod durch die Kraft des Geistes, und zwar in der Weise, wie Jesus sie zerstörte. Dies ist ein Element des Fortschritts, und Fortschritt ist das Gesetz Gottes, dessen Gesetz nur das von uns fordert, was wir gewißlich erfüllen können.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 233.
Zeigt sich in unserem Leben und in unseren Kirchen Fortschritt ― „das Gesetz Gottes“ ― durch die „Zerstörung von Sünde, Krankheit und Tod durch die Kraft des Geistes“? Und was ist es eigentlich, das uns zum Fortschritt führt? Überall im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, finden wir Hinweise auf die Bedingungen für den Fortschritt wie z. B. „das Sehnen, besser und heiliger zu werden, das sich in täglicher Wachsamkeit ausdrückt und in dem Streben, sich dem göttlichen Charakter immer mehr anzugleichen“ Ebd., S. 4.. Solche Stellen sprechen von den Grundmotiven, die unser Verhalten bestimmen sollten.
Zu dem tiefempfundenen Wunsch, besser und heiliger zu werden, sollte die Wachsamkeit hinzukommen. „Beten, wachen und arbeiten“ und „wachsam, nüchtern und achtsam“ Ebd. 1:6; 324:15. sein sind Begriffe, die im Lehrbuch erwähnt werden. Wir müssen wachsam und achtsam sein, weil die Hartnäckigkeit des Irrtums ― der Annahme von Materialität und Sterblichkeit ― sehr intensiv und zugleich raffiniert hinterhältig sein kann. Der verborgene, uns oft unbewußt anhängende Irrtum kann Sinnlichkeit irgendwelcher Art sein, ein Hang zu Geiz oder Neid oder ein hartnäckiger negativer Charakterzug. Solche heimlichen Schwächen mindern unseren geistigen Standpunkt und hemmen den Fortschritt.
Die Szene mit Christus Jesus und seinen Jüngern am Ölberg führt uns eindrucksvoll vor Augen, wie weit wir in unserem Gehorsam zu gehen bereit sein müssen. Die Bibel berichtet: „Und er riß sich von ihnen los, etwa einen Steinwurf weit, und kniete nieder, betete ... Und er rang mit dem Tode und betete heftiger. Und sein Schweiß wurde wie Blutstropfen, die auf die Erde fielen.“ Lk 22:41, 44.
Daß Jesus sozusagen Blut schwitzte, läßt auf einen äußerst heftigen Kampf schließen, der das letzte an Gehorsam und geistiger Standhaftigkeit von ihm forderte. Nur durch vollständige, bedingungslose Willigkeit und Hingabe konnte er dort Gott als sein Leben erfahren und die Suggestion überwinden, daß nur der Tod vor ihm lag.
Solch äußerste Bereitschaft und Hingabe wurden aber nicht nur von Jesus verlangt. Jeder ernsthafte Nachfolger Christi muß danach streben, diese Bereitschaft zu demonstrieren. Im Brief an die Hebräer heißt es: „Laßt uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, ... der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete ... Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde.“ Hebr 12:1, 2, 4. Wir müssen uns also diesem Kampf stellen. Ohne unseren entschlossenen Mut hierzu und ohne unser bedingungsloses Vertrauen auf Gottes lebenerhaltende Macht geht es nicht. Wir können absolut sicher sein, daß uns Gott „in dem Kampf, der uns bestimmt ist“, mit Seiner unendlichen Liebe und Fürsorge beisteht.
Ich erlebte dies, als ich mit einem chronischen Leiden kämpfte, das von einem Arzt als mögliche Blinddarmentzündung diagnostiziert worden war. Diese Annahme wollte mich immer wieder erschrecken, wenn sie scheinbar ins akute, angeblich lebensgefährliche Stadium überging. Da ich schon seit meiner Jugend mit dieser Annahme und den damit verbundenen falschen Vorstellungen vom Körper zu tun hatte und die Ängste tief in meinem Denken verwurzelt waren, kämpfte ich einige Jahre ― sogar noch nach dem Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft ―, ehe ich mich über diese Sache erheben konnte. Immer wieder tauchten starke Leibschmerzen auf, und es schien, als wäre ich am Ende. Und jedesmal, wenn ich mich mit letztem und manchmal grimmigem Vertrauen der göttlichen Fürsorge zuwandte, überkam mich erneut ein tiefes, befreiendes Gefühl, und die Körperfunktionen normalisierten sich wieder rasch.
Ich durfte mich nicht von den beunruhigenden Symptomen beeindrucken lassen; ich mußte willig sein, jeden einzelnen Schritt und jede Bewegung mit Gott im Gebet zu tun. Und die Wahrheit erwies sich auch hier schließlich als Sieger. Die Blinddarmentzündung verschwand vollständig. Ich lernte in dieser langen Zeit der Prüfung, jede materielle, körperliche Vorstellung abzulegen und durch geistige und göttliche Ideen zu ersetzen.
Ich folgerte: „In Wirklichkeit ist Gott, Geist, mein Leben; in Ihm lebe ich. Es gibt nur eine Wirklichkeit, Gott und das, was Er erschaffen hat. Gott, die göttliche Liebe, hat mich als Seine Idee geschaffen und gebildet. Die göttliche Liebe erhält jede Funktion des Menschen.“ Auf diese Weise lernte ich, wachsamer zu sein, gründlicher und ausdauernder zu beten, Geist, Gott, zu erkennen und mehr von meinem reinen Wesen als Sein Sprößling wahrzunehmen. Diese Tatsache über die Geistigkeit des Menschen trifft auf jeden zu.
Unser Vater-Mutter Gott ist nicht weit entfernt oder lieblos. Und Christus, Wahrheit, wird uns die Herrlichkeit des vollkommenen geistigen Seins offenbaren. Dies ist möglich, wenn wir willens sind, unseren Charakter und unsere Lebensgewohnheiten durch die heiligen Einflüsse von Wahrheit und Liebe von Grund auf umgestalten zu lassen. Wir lernen, selbst die hartnäckigste Ichbezogenheit, die verborgensten schlechten Wesenszüge und alle Sinnlichkeit aufzudecken und abzulegen. Was wir dabei gewinnen, ist der von uns geforderte geistige Fortschritt und die erhabene, beglückende Seligkeit des göttlichen Geistes.
