Als ich die höhere Schule besuchte ― ich wußte damals noch nichts von der Christlichen Wissenschaft ―, wurde einmal in der Aula ein Vortrag über den Hypnotismus gehalten. Die scheinbare Macht und die ungewöhnlichen Eigenschaften, die dieser Bewußtseinszustand aufzuzeigen schien, faszinierten mich. Der Vater eines Klassenkameraden war ein Psychiater, und in seiner Bibliothek fanden wir ein Buch über Hypnotismus. Bald experimentierten wir mit einigen der Techniken; und ich stellte fest, daß ich meinen Freund hypnotisieren konnte. (Interessanterweise konnte ich selbst nie hypnotisiert werden. Ich weigerte mich ganz einfach, die Kontrolle über mein Denken einem anderen zu überlassen ― eine Tatsache, die mich vor den dem Hypnotismus innewohnenden Gefahren hätte warnen sollen.)
Nach einigen Wochen ließ unser Interesse am Hypnotismus nach. Doch später, als Student, begann ich wieder, damit zu experimentieren. Gelegentlich unterhielt ich die Mitglieder meiner Studentenverbindung im Gemeinschaftsraum unseres Studentenhauses durch „Vorführungen“ mit freiwilligen Versuchspersonen.
Ein andermal bat mich ein Bekannter, ihn zu hypnotisieren, um ihm bei einer Prüfung zu helfen. Er bestand nicht nur die Prüfung, sondern übertraf alle Erwartungen. Ich war sehr stolz auf mich.
Doch vier Wochen später kam dieser Freund wieder zu mir. Ich sollte ihn erneut hypnotisieren, damit er eine weitere Prüfung bestehen könne. Er hatte wieder nicht genügend studiert, hielt sich immer noch für unfähig und war mehr denn je davon überzeugt, daß ich den Schlüssel zu seinem Erfolg in den Händen hielt.
Es beunruhigte mich sehr, daß jemand glaubte, seine Intelligenz sei von mir abhängig. Ganz offensichtlich war mein Freund jetzt in einer schlimmeren Lage, als er es ohne meine Hilfe gewesen wäre. Er hatte in jener ersten Prüfung das gewünschte Resultat erzielt, aber einen sehr hohen Preis dafür bezahlt: Nicht nur glaubte er immer noch, faul und nicht intelligent genug zu sein, er war jetzt auch überzeugt, daß die Lösung seines Problems nicht in seiner eigenen Macht lag und daß er von jemand anders beherrscht werden konnte und sollte.
Mir wurde klar, daß der Hypnotismus eine Sackgasse war, aus der mein Freund wieder herausfinden mußte, bevor er wirklich Fortschritte machen konnte. Ich legte meinem Freund nahe, die Motivierung und die Intelligenz, die ich ihm geben sollte, in sich selbst zu suchen. Zu der Zeit verlor ich jedes Interesse am Hypnotismus.
Einige Jahre später wurde ich in die Lehren der Christlichen Wissenschaft eingeführt. Zwei Jahre lang rang ich, um meinen Lebensstil und meine Motive mit dieser Wissenschaft in Einklang zu bringen. Erst dann begann ich, diese Wissenschaft so weit zu verstehen, daß ich ihre heilende Macht in meinem Leben konsequent beweisen konnte. Ich nahm keine Drogen mehr ein und trank auch nicht mehr, ich gewann Zielstrebigkeit und Entschlußkraft und war in meinen akademischen Studien äußerst erfolgreich.
Durch das Studium der Christlichen Wissenschaft gewann ich außerdem einen besseren Einblick in das Übel des Hypnotismus. Was diese letzte Erfahrung mit dem Hypnotismus mich gelehrt hat, beschreibt Mrs. Eddy so treffend in Wissenschaft und Gesundheit, wenn sie sagt: „Der Hypnotiseur bedient sich des einen Irrtums, um den anderen zu zerstören.“ Und sie fügt hinzu: „Dieser größere Irrtum behauptet nunmehr das Feld und läßt den Fall in einem schlimmeren Zustand zurück als vor der Zeit, wo sich der stärkere Irrtum seiner bemächtigt hatte.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 104.
Als mich später ein anderer Freund um Hilfe im Sinne der Christlichen Wissenschaft bat, sah ich darin einen interessanten Gegensatz zu dem früheren Erlebnis. Ich wohnte damals bei einer Familie in der Nähe der Universität, an der ich studierte. Der Sohn dieser Familie, ein Teenager, nahm Drogen und hatte die Schule verlassen. Er wußte, daß ich mich für die Christliche Wissenschaft interessierte.
Eines Abends erzählte er mir, daß einer seiner Freunde soeben mit einer Leberentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Dieser Freund und er hatten beim Experimentieren mit Drogen dieselbe Nadel einer Spritze benutzt, und auch bei meinem Freund zeigten sich all die Symptome von Leberentzündung. Große Angst quälte ihn, und er bat mich, ihm durch christlich-wissenschaftliche Behandlung zu helfen.
Ich hatte zwar selbst verschiedene Heilungen durch Gebet erlebt, war aber noch nie von jemandem um Hilfe gebeten worden. Ich zögerte, den Fall zu übernehmen. Doch nachdem ich die Angelegenheit mit einem Ausüber der Christlichen Wissenschaft besprochen hatte, fühlte ich mich ermutigt, für meinen Freund zu beten.
In jener Nacht las ich abwechselnd Abschnitte aus dem Kapitel „Die Betätigung der Christlichen Wissenschaft“ aus unserem Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit und bestätigte im Gebet, daß mein Freund als das makellose Kind Gottes vollständig und vollkommen ist. Wenn sich Furcht in mein Denken einschleichen wollte, vertrieb ich diese Suggestionen bewußt mit spezifischen Wahrheiten aus dem Lehrbuch. Gegen Morgen hatte ich ein Gefühl der Ruhe hinsichtlich dieser Situation gewonnen. Dennoch war ich etwas überrascht, als mein Freund in mein Zimmer stürmte und erklärte, daß alle Symptome verschwunden seien und er sich großartig fühle!
Aufgrund dieser vollständigen Heilung begann dieser junge Mann, die Christliche Wissenschaft ernsthaft zu studieren, und sein Leben hat sich in zunehmendem Maße erneuert. Inzwischen hat er gelernt, sich selbst und andere zu heilen. Welch ein Gegensatz zu meinem unklugen Bemühen, meinem Verbindungsbruder bei der Vorbereitung auf sein Examen zu helfen!
Das Verständnis, daß Gott das eine unendliche Gemüt ist ― vollständig gut, ja der Ursprung aller Ideen ― und daß der vollkommene Mensch nur dieses eine Gemüt widerspiegelt, vernichtet den Glauben an viele verschiedene, auf Gehirne angewiesene Wesen, die verzweifelt nach mentalen Lösungen für ihre Probleme suchen. Dieses Verständnis von dem einen Gemüt erhebt das Bewußtsein, so daß es erkennen kann, daß der Mensch wirklich die direkte Widerspiegelung der Vollkommenheit Gottes ist. Und diese Verständnis heilt ohne die Hilfe irgendwelcher äußeren Einflüsse. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Es kann keine Heilung geben als allein durch dieses Gemüt, wie sehr wir auch einer Arznei oder irgendeinem anderen Mittel vertrauen mögen, auf das der menschliche Glaube oder das menschliche Bemühen sich richtet.“ Ebd., S. 169.
Hypnotismus oder tierischer Magnetismus ist das Wirken des Irrtums oder einer auf Materie beruhenden Suggestion im menschlichen Bewußtsein. Da der Hypnotismus versucht, durch die sterbliche Annahme zu wirken ― die der eigentliche Ursprung alles von der Materie ausgehenden Denkens ist ―, kann er niemals wirklich erheben oder heilen. Im besten Fall ist er dazu verurteilt, eine falsche Annahme durch eine andere falsche Annahem zu ersetzen, die überzeugender als die erste ist.
Das menschliche Gemüt scheint beständig danach zu streben, seine Probleme durch etwas zu lösen, was jenseits der physischen oder materiellen Methoden liegt, die, wie wir verstehen lernen, begrenzt und unwirksam sind. Wenn wir zum erstenmal die Verbindung zwischen dem menschlichen Denken und dem äußerlich sichtbaren Erlebnis sehen, die der Hypnotismus zu demonstrieren scheint, mag es uns scheinen, als sei der Hypnotismus ein Schritt in die rechte Richtung, nämlich aus der Materie heraus. Verglichen mit der weitverbreiteten Annahme, daß unsere Erfahrung nur das Ergebnis von Wechselwirkung und Zusammenstößen der Materie sei, mag der Hypnotismus in gewisser Hinsicht sogar fortschrittlich erscheinen. Aber das ist eine Täuschung. Jede scheinbar positive Wirkung des Hypnotismus ist kurzlebig; und sie wird mit einem hohen Preis bezahlt, da die vorübergehende Lösung oder „Kur“ das Opfer tatsächlich in einem schlimmeren Zustand zurückläßt.
Ein menschliches Gemüt durch ein anderes zu beherrschen ist von Übel und genauso begrenzend und beschränkend wie ein Unterwerfen unter die Herrschaft der Materie. Beide sind Phasen ein und derselben falschen Annahme, nämlich der, daß der Mensch materiell und von seinem rein geistigen Ursprung und Urquell getrennt sei. Als Christus Jesus die Menschen vor falschen Erlösern, vor manchem falschen Christus warnte, sagte er: „Seht zu, laßt euch nicht verführen.“ Lk 21:8. Und Mrs. Eddy weist die Christlichen Wissenschafter ganz eindeutig auf die Gefahren des Hypnotismus hin, ja sie legt sogar im Handbuch Der Mutterkirche fest, daß die Mitglieder dieser Kirche den Hypnotismus nicht erlernen sollen. Siehe Handb., Art. XI Abschn. 9.
Christlich-wissenschaftliche Behandlung basiert auf der Liebe Gottes und auf der Erkenntnis der absolut geistigen Tatsachen des Seins; sie durchdringt die suggestive Eigenart materieller Vorstellungen und vernichtet die Ursache der vermeintlichen Zwietracht. Die folgenden Aspekte der christlich-wissenschaftlichen Behandlung zeigen, daß sie das genaue Gegenteil des Hypnotismus ist.
• Da die christlich-wissenschaftliche Behandlung auf der zeitlosen Wahrheit, dem göttlichen Prinzip, beruht, ist sie keinen menschlichen Spekulationen unterworfen, was man sagen soll oder wie man eine korrekte Behandlung gibt.
• In der Christlichen Wissenschaft wird niemals versucht, das Denken oder Handeln eines anderen zu beherrschen. Zwischen Patient und Ausüber wird keine Abhängigkeit entwickelt, da alles metaphysische Heilen auf der direkten Beziehung beruht, die zwischen Gott und dem einzelnen Menschen bereits besteht. Die Gebete des Ausübers helfen, diese Beziehung zu erhellen.
• Eine christlich-wissenschaftliche Heilung ist von Dauer. Sie verliert nicht ihre Wirksamkeit, denn der Patient wurde durch die Erkenntnis von der ewigen Wahrheit geheilt und nicht durch Suggestion oder menschliche Willenskraft; er ist daher in dieser Hinsicht eine neue Person.
• Eine christlich-wissenschaftliche Behandlung ist stets zuträglich und gut. Um wirksam zu sein, muß der Heiler reine Motive haben, der Wahrheit treu sein und Gott und den Menschen aufrichtig lieben.
Freiheit und Herrschaft finden wir nur, wenn wir Gottes Willen verstehen und erfüllen. Tun wir das, dann sind wir Herr über unsere Gedanken, Einstellung und Motive und bringen sie bewußt in Übereinstimmung mit dem Gesetz Gottes, und Wahrheit und Liebe werden unser Leben regieren. Mrs. Eddy schreibt: „Gott hat dem Menschen unveräußerliche Rechte verliehen, unter anderem selbstregierung, Vernunft und Gewissen. Der Mensch regiert sich selbst nur dann in rechter Weise, wenn er sich von seinem Schöpfer, der göttlichen Wahrheit und Liebe, richtig leiten und regieren läßt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 106.
Wenn wir uns irgendwelchen Problemen gegenübersehen, stehen uns immer geistig mentale Lösungen zur Verfügung, die direkt von Gott kommen. Die Christliche Wissenschaft erweckt uns zu der Erkenntnis, daß diese direkte Beziehung zu Gott stets intakt ist, und sie zeigt uns, wie wir uns selbst heilen und anderen helfen können, sich selbst zu heilen, und so das eine Gemüt, Gott, verherrlichen können.
