Wir leben in einem Zeitalter der „Freimütigkeit“. Scheinbar wissen wir alles über jeden — von unseren Nachbarn bis hin zu unseren Filmstars. Aber irgendwie geht in diesem Wirbel der Information, und allzuoft der Fehlinformation, das Wichtigste unter — nämlich, was wir tief im Herzen über die wichtigen Lebensfragen empfinden. Die Menschen erkennen langsam, daß diese Welt nicht mit dem Auf und Ab an der Börse steht oder fällt oder mit den Personenbeschreibungen, die häufig unsere Zeitungen füllen, sondern sie steht oder fällt mit dem, was die Leute über diese wichtigen Fragen denken.
Wir meinten, unsere Leser würden ganz gern einmal einige Antworten auf Fragen zu diesem Thema sehen — Fragen, die Christlichen Wissenschaftern in unterschiedlichen Situationen gestellt wurden. Das Material wurde z. T. der Korrespondenz verschiedener Fragesteller mit dem Informationsbüro unserer Kirche — dem Komitee für Veröffentlichungen — entnommen. Einige Antworten ergaben sich bei Ansprachen, zu denen Christliche Wissenschafter von Kirchen in ihrer Nachbarschaft oder von Erziehern eingeladen worden waren, und wieder andere wurden informell in Briefen oder im Gespräch gegeben.
Diese Fragen und Antworten sind nicht als Erklärung der Kirchenlehre gedacht, vielmehr sollen sie einen Einblick in die religiösen Überzeugungen Christlicher Wissenschafter und in das Wesen unserer Kirche gewähren. Diese Spalte wird auch weiterhin mehrmals im Jahr erscheinen.
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Aus einer Presseerklärung
Frage: Wie hat die neue Technologie im Bereich der Medizin die Auffassung der Christlichen Wissenschafter über das Heilen verändert?
Antwort: Im großen und ganzen sind sich die Christlichen Wissenschafter der technischen Entwicklung im Bereich der Medizin ebenso bewußt wie jeder andere, der eine Zeitung liest oder die Abendnachrichten im Fernsehen sieht. Sie wissen die aufrichtigen und erbarmungsvollen Bemühungen zu schätzen, mit denen viele Ärzte das Leiden ihrer Mitmenschen zu lindern suchen. Doch wie viele andere Menschen in unserer Gesellschaft glauben die Christlichen Wissenschafter nicht, daß technische Errungenschaften je ein Utopia der vollkommenen Gesundheit mit sich bringen können.
Immer mehr setzt sich die Auffassung durch — selbst unter Ärzten —, daß die Lebenseinstellung des einzelnen mit seinem Gesundheitszustand aufs engste zusammenhängt. Und doch scheinen die mentalen und emotionalen Bedürfnisse des Patienten, und schon gar nicht sein geistiger Hunger, oftmals bei der Entwicklung immer raffinierterer Technologie außer acht gelassen zu werden.
Die Christlichen Wissenschafter nehmen offensichtlich die Tradition christlichen Heilens und die Verläßlichkeit des Gebets sehr viel ernster als die meisten Menschen. Sie sind davon überzeugt, daß man echte Gesundheit erlangt, wenn man lernt, Gott besser zu verstehen, und nicht dadurch, daß man immer anspruchsvollere Apparate entwickelt.
Aus einer Ansprache vor einer theologischen Fakultät
Frage: Verschiedene Religionen akzeptieren das geistige Heilen als Teil der biblischen Berufung. Warum legt die Christliche Wissenschaft so großes Gewicht darauf?
Antwort: Die Christliche Wissenschaft legt auf das Heilen etwa ebensoviel Gewicht wie die Evangelien. Versuchen Sie einmal, die Heilungen und Jesu Hinweise auf sie sowie seine Lehren über das Heilen aus den Evangelien zu streichen, dann sehen Sie, was ich meine. Außerdem bezieht sich das Heilen in der Christlichen Wissenschaft auf Sünde und Krankheit — ja, auf alle Übel, die des Fleisches Erbteil sind. Doch obgleich die Christlichen Wissenschafter den Beweis einer körperlichen Heilung sehr hoch einschätzen, ist er bei weitem nicht so wichtig für sie wie die Tatsache, daß sie ein klareres Verständnis von Gott erlangen (oder auf dem Wege der Erlösung vorankommen). Dieses wachsende geistige Verständnis bringt ganz natürlich Heilung.
Aus einer Ansprache vor einer Oberschulklasse, die sich mit Religionskunde befaßt
Frage: Sie sagen, Sie leugnen den Satan — aber spricht nicht die Bibel vom Satan?
Antwort: Wenn wir auch leugnen, daß es ein materielles Wesen, Satan genannt, gibt, das für alles Böse in der Welt verantwortlich ist, so betrachten wir doch das Böse als eine Art „Satan“ — wir sehen darin die „fleischliche Gesinnung“, die Paulus als „Feindschaft gegen Gott“ bezeichnet. Anstatt jedoch das Böse als eine einzelne Person zu betrachten, sehen wir es als ein auferlegtes böses Denken, dem wir alle gegenüberstehen (und zwar in dem Maße, wie wir geläutert und wiedergeboren werden müssen), ein Denken, das wir austreiben müssen, so wie es Jesus austrieb — durch Gehorsam gegen Gott und Unterwerfung unter Seinen Willen. Das hat zur Folge, daß wir christlicher werden, ein Leben größerer Selbstaufopferung führen, erbarmungsvoller werden und hingebungsvoller beten.
Aus einem Brief an einen Schriftleiter
Frage: Was meinen die Christlichen Wissenschafter mit dem Wort wirklich?
Antwort: Das Wort wirklich wird in der Christlichen Wissenschaft in einer etwas ungewöhnlichen Weise verwendet, doch in einer Weise, die exakt und logisch ist.
Der Apostel Paulus schreibt sehr ausdrucksvoll von seiner Überzeugung, daß nichts auf der Welt „uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn“ Siehe Röm 8:38, 39.. Für den Christlichen Wissenschafter ist die Allgegenwart von Gottes zärtlicher, allumfassender Liebe eine Tatsache, etwas „Wirkliches“. Von dieser Warte aus betrachtet, ist jeder Augenschein, der den Gedanken nahelegt, Gottes Liebe sei abwesend oder der Mensch sei von Gott getrennt, falsch — ganz gleich, was die physischen Sinne einem mitteilen — und muß berichtigt werden.
Diese Einstellung taucht nicht etwa alles in ein rosiges Licht, sondern vermittelt einen klaren Standpunkt, von dem aus wir Gott und des Menschen Beziehung zu Ihm sehen können. Das geistige Verständnis von Gottes Liebe und unserer Beziehung zu Ihm bringt Heilung.
Aus einem Brief an einen Christlichen Wissenschafter
Frage: Was tun die Christlichen Wissenschafter für die Armen?
Antwort: Die meisten Christlichen Wissenschafter pflegen die Tugend der christlichen Nächstenliebe, wie man sie allgemein versteht. Viele von ihnen geben großzügige Spenden an Hilfsorganisationen. Einige engagieren sich in der Sozialarbeit oder betätigen sich karitativ, und wieder andere befassen sich politisch mit den drängenden Fragen der wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit, Fragen, die das gesamte grundsätzliche Problem der Armut betreffen. Diese Anteilnahme an der Welt und das Bestreben, heilende Lösungen zu finden, ist z. B. im Christian Science Monitor sehr ausgeprägt.
Unsere Kirche spendet beträchtliche Summen für allgemeine Hilfe in speziellen Katastrophengebieten — wie z. B. in Mexiko nach dem Erdbeben und Kolumbien nach der Schlammlawine —, und natürlich hilft sie unseren ortsansässigen Kirchenmitgliedern. Unsere Hauptaufgabe besteht jedoch darin, den Ursachen der Armut auf den Grund zu gehen und sie so zu heilen, wie wir Krankheit heilen: durch Gebet, das das Denken des einzelnen umwandelt. Durch geistiges Heilen — von Armut, Begrenzung und Ungerechtigkeit sowie von moralischen und körperlichen Übeln — tragen wir auf einzigartige Weise dazu bei, die Menschheit von dieser großen Last zu befreien.
Antwort auf eine Presseanfrage
Frage: Wie ich gehört habe, können Christliche Wissenschafter häufig für ihre Zahlungen an Ausüber der Christlichen Wissenschaft Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen. Wird die Christliche Wissenschaft nicht dadurch zu einem weltlichen System der Gesundheitsfürsorge?
Antwort: Ihrer Frage liegt die Annahme zugrunde, daß etwas, wenn es eine Wirkung hat — ja eine so große Wirkung hat, daß sie von Versicherungsgesellschaften anerkannt wird —, notwendigerweise weltlich sein muß. Doch auf dieser Basis könnte man sagen, daß alle Heilungen im Neuen Testament weltlich seien. Echtes christliches Heilen ist aber heute ebensowenig „weltlich“, wie es das vor zweitausend Jahren war, als Jesus es praktizierte. Eigentlich entspringt es einer Theologie und Lebensweise, die auf eine totale geistige Wiedergeburt Nachdruck legt. Wenn ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft für einen Patienten arbeitet, betet er für ihn und hilft ihm, sein Fühlen und Denken mehr für Gott empfänglich zu machen. Wie man dies auch auslegt, es kann nicht als etwas „Weltliches“ beschrieben werden, obgleich sich diese Arbeit im Leben und am Körper zahlloser Menschen erwiesenermaßen praktisch als Heilung ausgewirkt hat.
Schon seit vielen Jahren werden Christlichen Wissenschaftern Versicherungspolicen angeboten, die ihre Heilmethode berücksichtigen. Offen gesagt, was sie für die Gesundheit ausgeben, liegt in der Regel beträchtlich unter Arzt- und Arzneimittelkosten. Doch sind ihre Gebete deshalb noch lange nicht „weltliche“ Aktivitäten, die in Konkurrenz zur Ärzteschaft stehen!
