Während meines Studiums besuchte ich gelegentlich eine Familie in der nahegelegenen Stadt. Das natürliche Vertrauen auf das Gute in dieser Familie erschien mir wie ein sicherer Halt inmitten bohrender Zweifel, die mich damals plagten. Wir unterhielten uns nicht über religiöse Fragen. Ich empfand es ganz einfach als klärend und ermutigend, wenn ich gelegentlich bei ihnen sein und die Liebe sehen konnte, die sie füreinander zeigten.
Wahrscheinlich werden auch Sie einmal etwas Ähnliches erlebt haben, wenn Sie starken Halt bei einem Freund oder vielleicht bei einem standhaften Ausüber der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr'istjən s'aiəns) fanden. Wenn jemand ehrlich ist und sich bemüht, in seinem Leben das Gute soweit wie möglich zu verkörpern, dient dies anderen als eine machtvolle Bestätigung und praktische Hilfe.
Wer diesen Geist des Guten verkörpert, der uns so lieb und teuer ist, erbringt einen lebendigen Beweis dafür, daß das Gute, nach dem wir uns sehnen, wirklich ist. Und wenn jemand noch zusätzlich sein ganzes Gewicht in die Waagschale auf seiten der Wirklichkeit und Vortrefflichkeit des Guten wirft und somit die Wertlosigkeit, ja, die Unwirklichkeit des Bösen unterstreicht, wie dies ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft tut, so empfinden wir noch mehr. Wir werden uns des Guten, das uns tatsächlich schon bekannt ist, in höherem Maße bewußt. Zudem wächst unsere Bereitschaft, auf dieses Gute zu vertrauen.
Wenn wir einen guten Menschen kennen, erhalten wir eine klare Vorstellung davon, was es bedeutet haben muß, Christus Jesus gekannt zu haben. In seiner Gegenwart zu sein, mußte bedeutet haben, daß sich der winzigste Schimmer von Glauben und Güte in gewaltigem Maße erhellte und vergrößerte. Innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne zogen siebzig seiner Nachfolger aus und konnten in seinem Namen heilen, d. h., im Lichte dessen, was er ihnen gezeigt hatte.
Daß er sich der Allheit Gottes vollständig ergab, hatte einen gewaltigen Einfluß auf andere. Sie erschauten Dinge, die sie nie zuvor wahrgenommen hatten. Gottes Güte und Gegenwart wurde für sie derart greifbar und wirklich, daß sie, in den Worten der Bibel, zu den „neuen Menschen“ in Christus wurden.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß es dieser Christus war — oder die wahre Idee Gottes, Seine allgegenwärtige und allumfassende Wirklichkeit —, was in Jesus so machtvoll wirkte. Hiermit ist etwas viel Größeres als ein gewöhnlicher Gedanke gemeint. Der Christus ist Gottes eigene Idee, die im menschlichen Bewußtsein aufdämmert. Immer wenn wir zu dieser Idee erwachen und sie aufnehmen, hat sie einen mächtigen heilenden Einfluß. Das Licht und die Wärme, die sie in unser Leben bringt, sind beispiellos. Sie befreit die Menschen aus Sünde und mentaler Verwirrung. Sie heilt Krankheit.
Mit diesem geistigen Erwachen beginnen wir in unserem Leben auf mannigfaltige Weise zu erkennen, was der Mensch wirklich ist. Es zeigt uns das Wesen unserer eigenen geistigen Gotteskindschaft. Es läßt uns erkennen, daß wir keine armen, kranken oder sündigen sterblichen Wesen sind, sondern die Widerspiegelung des göttlichen Geistes, das Bild und Gleichnis Gottes, der das unendliche Gute ist.
Die herkömmlichen menschlichen Vorstellungen vom materiellen Dasein konnten Jesus nicht von Gott trennen. Er war sich seines Einsseins mit der göttlichen Idee völlig bewußt. Es war nicht einfach so, daß er die Idee zusammen mit manchen anderen Gedanken hegte, sondern die Gott-Idee, die die völlig unterschiedliche und wahre Anschauung von Gott und dem Menschen ausdrückte, beherrschte sein ganzes Leben. Sie stellte seine Identität dar. Sein Leben stimmte auf einzigartige Weise mit der göttlichen Wirklichkeit überein.
So machte Jesus einmal folgende Bemerkung, und zwar gegenüber der Samariterin am Brunnen: „Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, du bätest ihn, und der gäbe dir lebendiges Wasser.“ Joh 4:10. Wir könnten uns fragen: „Wer sprach denn eigentlich zu der Frau?“ Jesus selbst erklärte, daß sein Vater — Gott — ihm alles sagte, was er während seines Wirkens reden sollte. Wenn also Jesus davon sprach, daß er „das Brot des Lebens“ ist und „lebendiges Wasser“ gibt, bezog er sich nicht auf die Initiative einer menschlichen Persönlichkeit, sondern auf das, was Gott mit ihm und durch ihn tat. Diese Aussprüche werden gebraucht, um das Wirken des Christus, der Wahrheit, wie auch das einzigartige Verständnis, das Jesus von Gott hatte, zu beschreiben. Jesus wußte, daß er dieses Verständnis besaß, und er wußte auch, wie wichtig dieses Verständnis für die Menschheit war. Er sagte, daß sein wahres Wesen, der Christus, „das Licht der Welt“ war.
Jesus sagte, daß nur einer gut ist und daß dieser eine Gott ist. Dennoch müssen die Leute, die in seiner Nähe waren, die vertrauenspendende Wärme seiner absoluten Güte empfunden haben. Auf diese Weise erlebten sie wirklich die Gegenwart Gottes als den Vater des Menschen wie auch das wahre Wesen des Lebens.
Heutzutage sind wir niemals allein oder auf uns selbst gestellt, ganz gleich, wie widrig die Umstände zu sein scheinen. Wenn wir Hilfe oder Heilung brauchen, können wir uns dem gleichen Christus zuwenden, durch den Jesus der zuverlässige Freund für jeden wurde, dem er begegnete. Anstatt allein zu sein mit einem persönlichen Begriff von unser selbst, der die Lasten des materiellen Lebens nicht bewältigen kann, haben wir den Christus, der die Stärke und die Fähigkeit zu heilen besitzt, die wir so nötig brauchen. Diesen Punkt betont Mary Baker Eddy, die die Christliche Wissenschaft entdeckte und gründete, wenn sie sagt: „Halte beständig folgenden Gedanken fest — daß es die geistige Idee, der Heilige Geist und Christus ist, der dich befähigt, die Regel des Heilens mit wissenschaftlicher Gewißheit zu demonstrieren, die Regel, die sich auf ihr göttliches Prinzip, Liebe, gründet, das allem wahren Sein zugrunde liegt, es bedeckt und es umschließt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 496.
Mrs. Eddy beschreibt an einer Stelle im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, diesen Christus, die Wahrheit, als den „Freund des Sterblichen Menschen." Ebd., S. 433. Gewiß brauchen wir alle einen solchen Freund. Und niemand könnte einen warmherzigeren und beständigeren Freund haben als den heilenden Christus.
Jesus aber sprach zu ihnen:
Ich bin das Brot des Lebens.
Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern;
und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
Johannes 6:35