Mein Vater trug in sich eine große innere Stille, die ihm eine seltene Naturverbundenheit gab. Das Leben auf den Feldern und in den Hecken rund um das Haus, in dem ich aufwuchs, war ihm bis ins kleinste vertraut, und wenn ich ihn als kleines Mädchen an einem Frühlingsmorgen auf der Suche nach dem ersten Vogelnest und den ersten Schlüsselblumen begleiten durfte, so war das für mich ein spannendes Erlebnis. Aber es war gar nicht immer so einfach für ein lebhaftes fünfjähriges Kind, die Stille und Geduld zu bewahren, die man bei einer solchen Schatzsuche braucht!
Mein Vater hielt auch viel von Disziplin. Wenn ich während der Mahlzeit besonders zappelig gewesen war, mußte ich manchmal, nachdem die anderen schon aufgestanden waren, einige Minuten lang still an seiner Seite sitzen. Ich empfand das damals als harte Prüfung, aber so lernte ich, stille Augenblicke zu schätzen. Und die innere Ausgeglichenheit, die ich auf diese Weise erwarb, ist für mich später als Erwachsene beim Leben in der Stadt von unermeßlichem Wert gewesen.
Innere Ruhe hat in Wirklichkeit nichts mit der äußeren Umgebung zu tun, in der wir uns gerade befinden. Sie läßt uns aber Zuflucht in dem höheren Bereich der Geistigkeit finden, der die natürliche Heimat des Menschen ist. In dieser geistigen Höhe können wir unser ewiges Selbst entdecken, das immer mit Gott, Geist, vereint ist.
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