Zum Zeitpunkt seiner Bekehrung zum Christentum war die geistige Dunkelheit, in der sich Paulus durch seine Verfolgung der Nachfolger Christi Jesu befand, so groß, daß das ungeheure Licht der geistigen Wahrheit, das auf ihn eindrang, ihn buchstäblich mit Blindheit schlug. Auf jener geschichtsträchtigen Straße nach Damaskus lernte Paulus offensichtlich Demut, denn fast augenblicklich rief er aus: „Herr, was soll ich tun?” Apg 22:10.
Ein schlichtes, von Herzen kommendes und doch tiefgehendes Verlangen. Durch diese Reaktion — diese innere Bereitschaft, sich dem göttlichen Willen zu unterwerfen, — gelangte Paulus auf einen völlig neuen Weg. Indem er das Wort Gottes predigte und die Kranken heilte, übernahm er eine Aufgabe, die ihn in viele Länder führen sollte, in die Dörfer und Häuser des einfachen Volkes, in die bedeutenden Städte seiner Zeit und an die Höfe der Könige. Sein Leben war deutlich umgewandelt worden. Und drei Tage nach seinem Erlebnis auf der Straße nach Damaskus war seine Sehkraft völlig wiederhergestellt.
Die demütige, innere Bereitschaft, Gottes Führung in unserem Leben zu folgen und Seinen Geboten zu gehorchen, ist ein wesentliches Element des christlichen Heilens. Welcher körperlichen Krankheit wir uns auch gegenübersehen mögen, es ist angebracht, sich ehrlichen Herzens an Gott zu wenden und darum zu beten, Seinen Willen zu erkennen und zu tun. Die Worte des Paulus: „Herr, was soll ich tun?” drücken aus, was in der Tat von jedem gefordert wird, der Heilung sucht und die Wahrheit sucht.
Folgendes ist ein Hauptpunkt der Heilarbeit in der Christlichen Wissenschaft: Jedes körperliche Problem weist in gewisser Weise auf ein tieferliegendes Bedürfnis hin. Wenn Heilung nottut, tut auch etwas anderes not. Es mag nötig sein, besser zu verstehen, daß Gott unendliche göttliche Liebe ist, und zu begreifen, was das eigentlich bedeutet, Gottes Liebe zum Ausdruck zu bringen. Es mag nötig sein, mehr von unserem wahren Wert als Gottes Bild und Gleichnis, Seiner geistigen Widerspiegelung, wahrzunehmen. Es mag nötig sein, alte Denkgewohnheiten aufzugeben, den begrenzenden Glauben an die Materie als die grundlegende Wirklichkeit unseres Daseins. Es ist immer notwendig, Sünde jeder Art aufzugeben; zu erkennen, daß wir der Mensch sind, den Gott geschaffen hat — rein, frei, vollständig, ausgefüllt, liebevoll —, und dann dieser göttlichen Norm unseres wahren Selbst mit größerer Konsequenz im Leben gerecht zu werden.
Diese Erfordernisse könnte man geistige Bedürfnisse nennen. Im Grunde genommen ist die physische Notwendigkeit einer Heilung das, was an der Oberfläche der menschlichen Erfahrung sichtbar wird, und wahre Heilung wird nicht dadurch erreicht, daß wir das manipulieren oder mit Medikamenten behandeln, was an der Oberfläche ist. Wahre Heilung kommt durch Gebet, wenn wir die Oberfläche durchstoßen und eine geistige Erneuerung erreichen, die unseren gesamten Begriff davon, wer und was wir sind, verändert und uns unseren Platz im Reich Gottes zeigt. Und wenn wir bereit sind, den Willen Gottes zu erkennen und zu tun, dann öffnet sich unser Herz für die frohe Botschaft der göttlichen Wirklichkeit. Durch diese frohe Botschaft werden wir geheilt — durch diese Botschaft Christi, die die Wahrheit zum menschlichen Bewußtsein spricht und so unser Verständnis erleuchtet und Krankheit und Sünde zerstört.
Wenn wir der Heilung bedürfen, sollte unsere Bereitschaft, Gottes Führung zu folgen, allerdings noch mit etwas anderem einhergehen: nämlich unserer wissenschaftlichen Bekräftigung der Wahrheit über Gott und über unsere eigene geistige Identität als Gottes Gleichnis. Auf gewisse Weise schließt solches Gebet die Erkenntnis ein, daß wir, was Gott uns tun heißt, auch tun können. Mit Sicherheit würde Gottes Gesetz keine Forderung an uns stellen, die zu erfüllen Er uns nicht schon die Kraft und das Vermögen gegeben hätte.
In einem Brief an eine christlich-wissenschaftliche Kirche in New York spricht Mrs. Eddy vom Wesen der Güte und davon, daß Güte tatsächlich unsere wahre Identität bestimmt. Und sie fährt fort: „So kann sich jedes Mitglied dieser Kirche über die oft wiederholte Frage: Was bin ich? zu der wissenschaftlichen Antwort erheben: Ich bin fähig, Wahrheit, Gesundheit und Glück zu vermitteln, und das ist der Fels meines Heils und mein Daseinszweck.” Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 165.
Sich darüber im klaren zu sein, daß wir die gottgegebene Fähigkeit haben, „Wahrheit, Gesundheit und Glück zu vermitteln”, ist zweifellos sehr wichtig für die Lösung eigener Probleme, aber ist auch wichtig, wenn wir anderen in verstärktem Maße helfen wollen. Bei Krankheit ist es angebracht, diese Christus-Fähigkeit anzuerkennen und zu bekräftigen. Und wenn sie mit dem ernsthaften Verlangen einhergeht: „Herr, was soll ich tun?”, wird unser Gebet erhört — wir finden neue Hoffnung, neuen Lebensmut, einen geistigen Sinn im Leben und Heilung.
