Ein Interview mit ,
„MT: Sie haben seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Jugendpsychologie gearbeitet. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
JA: Einzig und allein zu dem, daß die vorherrschenden Ansichten über Jugendliche falsch sind, immer falsch gewesen sind und aller Wahrscheinlichkeit nach falsch bleiben werden.
MT: Das ist sehr pauschal gesagt. Wie sind Sie zu diesem Schluß gekommen?
JA: Vor einigen Jahren arbeitete ich mit an einem großen öffentlichen Forschungsprojekt über die Psychologie der Adoleszenz. Es wurde am hiesigen Institut für Sozialforschung durchgeführt. Für die Stichprobenerhebung wurden 3000 junge Leute sorgfältig ausgewählt und befragt. Es war die erste Untersuchung dieser Art, und auch heute gibt es lediglich eine Handvoll solcher Untersuchungen. Ich las viele dieser Interviews und studierte das Datenmaterial. Dabei wurde es nur zu augenfällig, daß die Vorstellungen, die wir alle über die Zeit des Heranwachsens hatten, einfach falsch waren. Als Gesamtheit gesehen, befanden sich die Jugendlichen weder in einer Phase der Rebellion, noch waren sie besonders impulsiv oder erkennbar beunruhigt. Sie lagen weder mit ihren Eltern im Streit noch mit der Gesellschaft...
... Viel von dem, was wir über Jugendliche wissen, oder zu wissen glauben, stammt aus der klinischen Arbeit und damit von — per definitionem — untypischen Jugendlichen. Darüber hinaus neigen wir dazu, das zu sehen, was wir erwarten — das ist ein ehernes Gesetz, und es trifft auch auf die Sozialwissenschaftler zu, es sei denn, sie prüfen sich selbst mit äußerster Gewissenhaftigkeit. Was wir haben, ist mithin zu einem beträchtlichen Grade eine Theorie über die Adoleszenz, die sich auf die Beobachtung auffälliger Jugendlicher gründet und die von Beobachtern stammt, die von der Annahme ausgehen, daß Unruhe oder Rebellion in der Adoleszenz die Norm darstellen.
... Wir neigen dazu, Heranwachsende als eine Sondergruppe zu betrachten. Wir überbetonen Unterschiede...
Wir begreifen nicht, daß wir die wichtigen Unterschiede innerhalb einer Generation antreffen und nicht so sehr zwischen den Generationen.“
Aus Michigan Today, einer Publikation der Universität von Michigan
Anmerkung der Schriftleitung: Viele von uns kennen sicherlich das Frösteln, das uns befällt, wenn uns Fachleute vor dem Verhalten warnen, das wir von Jugendlichen erwarten können! Deshalb ist die Aussage herzerwärmend, daß sich die Abstempelung Jugendlicher weitgehend auf „untypische“ Beweise stützt.
Experten können verschiedener Ansicht sein, und die Kenntnisse auf jedem Gebiet wissenschaftlicher Forschung unterliegen natürlich der Veränderung. Zweifellos wird zunehmend erkannt werden, daß unsere Erwartungen das Verhalten bestimmen.
In der Zwischenzeit kann ein Standpunkt wie der von Dr. Adelson dazu beitragen, die normale Überzeugung wiederherzustellen, daß die Adoleszenz — wie jeder andere Lebensabschnitt auch — nicht von Natur aus besorgniserregend oder zerstörerisch ist. Er kann uns auch dazu Anstoß sein, daß wir sorgfältiger prüfen, was wir als Grundlage unserer Erwartungen akzeptieren. Sicherlich kann keine Aussage von größerer Bedeutung für die menschliche Familie sein als jene geistige Botschaft, die in Christi Jesu Gleichnis vom verlorenen Sohn zum Ausdruck kommt. Die heilende Umarmung des Vaters gilt beiden Kindern, und sein Wort richtet sich noch immer an die ganze menschliche Familie: „Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein“ (Lk 15:31).
