Das Kinderlager in den Ozarks war weit von meinem Zuhause und meinen Eltern entfernt! Aber mir gefiel einfach alles dort.
Bei morgendlichen Ausflügen machten wir uns an einem Fluß selber unser Frühstück mit Schinken und Pfannkuchen. Und abends rösteten wir uns Marshmallows am Lagerfeuer. Wir lernten die lustigsten Lieder, bastelten uns Handpuppen und machten Puppentheater.
Am allerbesten war jedoch, daß ich in dem Sommer, als ich elf Jahre alt war, endlich schwimmen lernte. Anfangs mußte ich immer im Anfängerbecken schwimmen — es hatte ein hölzernes Gitter drumherum und Holzbohlen als Boden. Als aber die Zeit im Lager zu Ende ging, durfte ich bereits im Fluß schwimmen. Ich konnte bis zur Flußmitte schwimmen, wo eine Plattform verankert worden war.
Es machte alles riesigen Spaß, aber ich vermißte doch meine Eltern. Manchmal fühlte ich mich nachts sehr allein. Und zu allem Unglück rutschte ich dann noch eines Nachmittags in einer Wasserpfütze vor dem Eingang zu unserer Duschkabine aus, purzelte die Treppe hinunter und landete auf dem Zementfußboden. Die anderen Mädchen kamen herbeigerannt und fragten: „Hast du dir weh getan?“ „Sollen wir dich zur Lagerkrankenschwester bringen?“ Meine Freundinnen machten sich Sorgen.
Ich sagte ihnen, daß schon alles in Ordnung sei, und dankte ihnen dafür, daß sie mir helfen wollten. Ich konnte mich kaum aufrichten, und mir tat der Rücken weh. Ich konnte nur gehen, wenn ich mich vorbeugte. Furcht überkam mich, und da vermißte ich erst recht meine Eltern, ihre Liebe und Unterstützung. Ich kam mir mutterseelenallein vor.
Langsam ging ich zu der Blockhütte zurück, in der ich wohnte. Ich wollte nur ein ruhiges Plätzchen finden, wo ich allein sein konnte. Ich holte mir die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit und humpelte zu einem einsamen, schattigen Platz unter einem Baum.
Ich war so froh, daß ich meine Bücher bei mir hatte. In ihnen hatte ich immer hilfreiche Gedanken gefunden, und so las ich die Bibellektion Die wöchentlichen Bibellektionen der Christlichen Wissenschaft findest du im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. und wurde ruhiger. Dann kam mir ein Bibelvers in den Sinn, den ich einmal auswendig gelernt hatte: „Zuflucht ist bei dem alten Gott und unter den ewigen Armen.“ 5. Mose 33:27.
Dieser Vers bestärkte mich in der Gewißheit, daß Gott mich immer in Seinen Armen gehalten hatte, daß Gott mich liebte und daß Er mich nie im Stich gelassen hatte. Er war allwissend, und Er kannte nur das Gute. Nichts Schlechtes, kein Fehler oder Fehltritt konnte Gottes Kind berühren. Und ein Unfall war ein Fehler, ein Irrtum darüber, was in Gottes Liebe möglich war. Dann fiel mir etwas ein, was ich in der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft gelernt hatte: Gott, das Gute, wacht, leitet, regiert, liebt und richtet uns auf. Meine Eltern hätten mich vermutlich an all das erinnert. Ich war so dankbar dafür, daß mir all diese guten Gedanken in den Sinn gekommen waren, ohne daß ich mit jemand anders darüber gesprochen hätte.
Als ich nun so allein unter dem Baum saß, klang die Furcht ab. Ich wußte, daß Gott ganz nahe bei mir war, so daß ich eigentlich ja gar nicht allein war. Ich spürte die liebevolle Gegenwart meines Vater-Mutter Gottes. Ich war mir innerlich so sicher, daß es wahr ist, was Mary Baker Eddy sagt: „Die göttliche Liebe hat jede menschliche Not gestillt und wird sie immer stillen.“ Science and Health (Wissenschaft und Gesundheit), S. 494: “Divine Love always has met and always will meet every human need.” Das bedeutete, daß Gott, Liebe, meine Not genau in dem Augenblick stillte.
Als die Zeit zum Abendbrot im Speisesaal herangerückt war, konnte ich bereits viel besser gehen. Als ich dann später zum Lagerfeuer ging, konnte ich völlig normal laufen und dachte auch nicht mehr an den Sturz. Zufällig hörte ich mit an, wie sich einige Mädchen über mich unterhielten. „Sag ’mal, ist das nicht die, die heute die Treppe runtergepurzelt ist?“ fragte die eine. Eine andere erwiderte: „Ich glaub schon. Aber sie hat’s ja wohl gut überstanden.“ Damit war der Fall für sie abgeschlossen — und für mich auch.
Ich war froh, daß man sich nicht mehr nach meinem Wohlbefinden erkundigte. Ich wollte weder bemitleidet noch gesondert behandelt werden. Ich wollte einfach nur still Gott weiter vertrauen und Seine Liebe empfinden.
Die Zeit mit den Freundinnen im Kinderlager war einfach toll. Wir waren wie eine riesige Familie. Ich konnte die Liebe spüren, die ich auch daheim im eigenen Familienkreis empfand. Wie gesagt, daß ich in jenem Sommer das Schwimmen lernte, war wichtig für mich. Aber zu erleben, daß mein Vater-Mutter Gott immer bei mir ist und daß Er mich heilt, das war das Allerbeste!
