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Liebe überwindet Leid

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der August 1989-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Behauptung des Apostels Paulus über geistige Liebe: „Die Liebe hört niemals auf“ 1. Kor 13:8. war damals und ist heute noch eine Herausforderung sondergleichen. Furcht und Haß, Leid aller Art lassen das Nichtaufhören dieser Liebe geradezu utopisch erscheinen. Paulus war aber kein Utopist, sondern ein Christ. Er hatte selbst die Umwandlung vom Verfolger zum Nachfolger Christi erlebt. Die Apostelgeschichte berichtet uns über seine geistige. Wiedergeburt vor und in Damaskus. Darauf Bezug nehmend, bezeichnete er sich als „Paulus, ein Apostel nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater ...“ Gal 1:1.

Wie sollen wir dann seine Aussage, daß die Liebe niemals aufhört, verstehen? Gibt uns Paulus’ Leben ein Beispiel für die beständige, rettende Gegenwart dieser Liebe? Oberflächlich betrachtet vielleicht nicht. Lang ist die Liste seiner Drangsale, die ihn häufig in Todesnöte brachten: fünfmal empfing er 39 Geißelhiebe, dreimal wurde er mit Stöcken geschlagen; einmal wurde er gesteinigt; dreimal erlitt er Schiffbruch. Und er war unzähligen anderen Gefahrenquellen ausgestzt. Siehe 2. Kor 11:23–26.

Dies alles könnte einen fragen lassen: Hat es überhaupt einen Wert, sich auf das Christentum einzulassen, wenn Christus Jesus, der es auf die Erde brachte, gekreuzigt wurde und wenn es offenbar einigen seiner Nachfolger nicht viel besser ergangen ist? Welchen Sinn hat es, wenn unser Bemühen, ein Christ zu sein, so wenig Vorteile im Leben bringt — ja, im Gegenteil scheinbar Leid verursacht?

Müssen wir jedoch nicht weiter gehen? Wir können nicht vergessen, daß Jesus von den Toten auferstand und schließlich durch seine Himmelfahrt dem materiellen Blickfeld entschwand — Ereignisse, an die sich seine Jünger voller Freude erinnerten. Auch sollten wir nicht die Erleuchtung vergessen, die die Jünger am Pfingsttag empfingen; die wunderbaren Heilungen, die sie vollbrachten; und das Wachstum der Kirche, das sich daraus ergab. Und Paulus, der eine himmlische Vision erlebt hatte, die über den Körper hinausging Siehe 2. Kor 12:1–4., erklärt uns: „Wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.“ 2. Kor 4:16–18.

Ich erinnere mich, wie ich reagierte, als ich zum erstenmal etwas ähnliches im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, las: „Leid ist heilsam. Durch große Trübsal kommen wir in das Reich Gottes.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 66. Besagtes Lehrbuch flog in die Ecke, und ich dachte empört: „Auf die Christliche Wissenschaft kann ich wirklich verzichten!“ Doch als ich herauszufinden suchte, ob vielleicht ein Unterschied besteht zwischen dem, was die Christliche Wissenschaft über das Leid sagt, und der allgemeinen Vorstellung, daß Leiden gottgewollt sei, fand ich etwas sehr Tröstliches. Die Christliche Wissenschaft lehrt nicht, daß Gott das Leiden schickt oder daß das Leiden Wirklichkeit besitzt. Sie erklärt vielmehr: In dem Maße, wie wir die geistige Tatsache erfassen, daß Gott nur Gutes schickt, und somit erkennen, daß das Leiden nicht in Seinen Plan gehört, wird uns klar, daß Gott Alles ist.

Wenn wir das Leiden aus diesem Blickwinkel betrachten, werden wir uns bewußt, daß es nichts als ein selbstzerstörerischer Vorgang des falschen, persönlichen, sterblichen Ichs ist — dessen also, was der Erkenntnis der unendlichen Liebe widerstehen möchte. Das Auslöschen des Glaubens an eine von Gott getrennte Existenz geht jedoch scheinbar nicht schmerzlos vonstatten — vor allem, wenn wir uns dadurch lediglich ein bequemes Leben in der Materie sichern wollen.

Wenn wir nicht ehrlich nach dem Christus streben, nach dem bedingungslosen Einssein mit Gott, läßt eine Heilung eventuell auf sich warten, und möglicherweise machen wir der Christlichen Wissenschaft den Vorwurf, sie habe nicht geholfen. Sie unterstützt uns nicht in unseren Bemühungen, wenn es uns hauptsächlich darum geht, die Materie zu verbessern oder gesund zu machen. Schließlich ist es ja das Ziel dieser Wissenschaft, uns von dem irrigen Glauben an die Materie zu befreien. Die Christliche Wissenschaft ersetzt diese Annahme durch das Verständnis von der ausschließlichen Substantialität des Gemüts, Gottes, und seiner unendlichen, geistigen Ideen, die nicht durch Fleisch und Blut und Knochen gekennzeichnet sind.

Niemand kann zwei Herren dienen, der Erde und dem Himmel, der Materie und dem Geist. Irgendwann muß man sich entscheiden. Diese Entscheidung aufzuschieben oder sich nicht zugunsten des Geistes, der Liebe, einzusetzen, ist Sünde, und Sünde verursacht Leiden. Wenn jedoch dieses Leiden uns dazu bringt, daß wir uns ehrlich bemühen, allein der Wahrheit zu dienen und sie zu erkennen, kann es eine heilsame Entwöhnung von irdischen Beweggründen und Wünschen sein — eine Entwöhnung, die uns hilft, unsere Einheit mit Gott, der göttlichen Liebe, zu finden und die Liebe auszudrücken, die niemals aufhört. Prüfungen von diesem Standpunkt aus zu betrachten hieße, sie schneller, oder wenn erforderlich, geduldiger zu überwinden. Es würde unsere Siegeszuversicht stärken.

Wir könnten uns nun fragen, warum Paulus durch so viel Leid hindurchmußte. Hatte er sich so an die Materie geklammert, daß sie ihm nur durch Leiden abgewöhnt werden konnte? Das Leiden, das er empfand, war wohl nicht in erster Linie auf seinen eigenen Materialismus zurückzuführen. Vielmehr war er um Christi willen der Verfolgung seitens anderer ausgesetzt. Warum? Eine Antwort erhalten wir im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft: „Der feste Vorsatz, Geist im Bann der Materie zu halten, ist der Verfolger von Wahrheit und Liebe.“ Ebd., S. 28. Daraus können wir schließen: Wenn wir dafür leiden, daß wir uns für den Geist entschieden haben, mag dies die Folge des allgemeinen Glaubens sein, daß das fleischliche Gemüt Widerstand leisten kann gegen unsere Befreiung aus dem Bann der Materie.

Dieser Widerstand behauptet sich im irrigen Zeugnis der materiellen Sinne, das scheinbar das moralische Gesetz umkehrt, um das Gute mit Leiden und das Böse mit Erfolg zu belohnen. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Der Sünder schafft sich selbst seine Hölle durch Unrechttun und der Heilige seinen Himmel durch Rechttun. Die entgegengesetzten Verfolgungen seitens des materiellen Sinnes, der Böses durch Böses unterstützt, möchten selbst die Auserwählten täuschen.“ Ebd., S. 266. Wenn wir uns jedoch da, wo die „entgegengesetzten Verfolgungen“ vorzuherrschen scheinen, der allumfassenden Liebe bewußt werden, können wir nicht durch sie getäuscht, entmutigt oder an der Durchführung eines gottgegebenen Auftrags gehindert werden.

Paulus mußte den Haß der Welt gegen die Geistigkeit aushalten, gegen das Vordringen des Reiches Gottes, das sich durch seine Predigten, sein Beispiel und seine Heilungen vollzog. Geht es uns auch manchmal wie Paulus? Christi Jesu Verheißung in der Bergpredigt: „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden“ Mt 5:4. hilft uns, mit dem Leiden — ob selbstverschuldet oder vom Widerstand der Welt herrührend — umzugehen.

Wenn wir dem Leid mutig entgegentreten, bis wir es schließlich überwinden, und dem erforderlichen geistigen Wachstum nicht ausweichen, bekommen wir die trostreiche Gewißheit, daß wir nicht Geschöpfe der Materie sind, sondern Ideen des Geistes, der göttlichen Liebe, und daß der falsche Begriff von Leiden aufhören wird, sobald die Vortäuschungen des materiellen Denkens der Erkenntnis dieser Liebe weichen. Wir müssen das Zeugnis der fünf Sinne leugnen; und das fordert unbedingte Treue zu Gott. Wir sind Ihm treu, wenn wir dem Sinnenzeugnis zum Trotz Seine Liebe nirgendwo in unserem Denken aufhören lassen. Aber unsere Verneinung der Materialität ist nur dann erfolgreich, wenn sie mit den Eigenschaften der göttlichen Liebe wie Friedfertigkeit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Sanftmut und Reinheit gekoppelt wird und wir diese Eigenschaften im Alltag leben. Dann sind wir besser imstande, den Bann der Materie und Sünde zu brechen; dann können wir beweisen, daß wir nicht mehr glauben, die Liebe Gottes könne irgendwo aufhören.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß es mir leichter gelingt, die Eigenschaften der Bergpredigt als meine wahre Natur auszudrükken, wenn ich die wunderbare Tatsache erkenne, daß die göttliche Liebe sich in mir ausdrückt. Gott läßt mich freundlich, barmherzig, sanftmütig, rein sein. Die göttliche Liebe zeigt sich in der allverzeihenden Liebe, die niemals aufhört, weil sie Gottes Liebe ist.

Auch wissen wir durch die Christliche Wissenschaft und durch Jesu Demonstration des Christus, daß wir alle Gemeinschaft mit Gott haben, daß die göttliche Liebe in ihrer Schöpfung überall zum Ausdruck kommt. Diese Erkenntnis macht uns unabhängiger von dem, was die Sinne oder die allgemeinen Annahmen behaupten möchten — nämlich, daß das Böse mächtig und das Gute machtlos ist. Wenn wir verstehen, daß wir als Mensch, als Ebenbild Gottes, unaufhörlich in der Liebe Gottes existieren, haben die Drangsale der Erde, selbst der Tod, nicht mehr so viel Gewicht für uns. Dieselbe Liebe, die uns den Mut gibt, uns den Drangsalen zu stellen, verleiht uns auch das nötige Verständnis, sie zu überwinden. Je mehr wir auf Gott schauen, unseren göttlichen Ursprung, desto mehr offenbart sich uns unser Leben, das Gott ist, ohne Geburt und Tod. Wir erkennen, daß Liebe ihrer Natur nach nie aufhört und daß der Mensch die unendliche Fähigkeit besitzt, Freude, Gnade und Herrlichkeit zum Ausdruck zu bringen — Gaben, die Gott Seiner gesamten Schöpfung verleiht.

Die Liebe sei ohne Falsch.
Haßt das Böse,
hängt dem Guten an.
Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal,
beharrlich im Gebet.

Römer 12:9, 12

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