Computer, Raumfähren und Kernreaktoren nehmen einen hohen Rang unter den Symbolen unseres technischen Zeitalters ein. Im militärischen Sprachgebrauch werden sie manchmal als „Hardware“ bezeichnet, und dieser Ausdruck enthält die ganze Schärfe und Kälte des rein Berechenbaren, das man oft mit dem Begriff „Technik“ verbindet. Solche Erfindungen scheinen eher Produkte des Kopfes als des Herzens zu sein. Und wenn man die gesellschaftlichen Probleme in Rechnung stellt, die die technischen Entwicklungen nach sich ziehen, kann leicht der Eindruck entstehen, die Dinge des Herzens und des Geistes — Liebe, Gebet, geistige Eingebung — seien unbedeutend. Das folgende Interview mit dem Kerntechniker
zeichnet ein anderes Bild von der Wichtigkeit geistigen Verständnisses und des Gebets inmitten des Reiches der Technik!Interviewt wurde Dr. Golden von
Herr Dr. Golden, wie haben Sie sich auf die Tests 1986 vorbereitet?
Vom menschlichen Standpunkt aus war die Arbeit, die wir vor und während der Tests leisten mußten, nahezu nicht zu bewältigen. Alles mußte sehr schnell gehen. Ich war für die Logistik verantwortlich, und diese Aufgabe war so umfangreich, daß ich erkennen mußte, wie unser Meister Christus Jesus sagt: „Ich kann nichts von mir aus tun“ Joh 5:30. und: „Der Vater, der in mir wohnt, der tut seine Werke.“ Joh 14:10. Ich betete und bat darüber hinaus einen erfahrenen Ausüber der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) für mich zu beten, und ich kann Ihnen versichern, daß das, was folgte, mich von der Wirksamkeit des Gebets überzeugte. Verglichen mit dem Ablauf des gesamten Projekts schienen die Tests selber fast eine Phase der Entspannung zu sein.
Können Sie Beispiele nennen?
Aber sicher. Wir mußten zwei Tests unmittelbar hintereinander durchführen — einen am Morgen, den anderen am Nachmittag. Und beide mußten an einem ganz bestimmten Tag vorgenommen werden, weil wir nämlich zu diesen Tests über fünfzig Besucher erwarteten, dreizehn aus dem Ausland, und die Flüge und Hotelreservierungen waren auf diesen Tag abgestimmt.
Über hundert Leute waren daran beteiligt, den Reaktor auf diese Tests vorzubereiten. Die Tests waren technisch außerordentlich kompliziert — besonders der, den wir am Morgen durchführten. Die vorbereitenden Arbeiten am Reaktor für diesen Test waren enorm umfangreich. Während der ganzen, dreieinhalb Wochen dauernden Vorbereitungszeit wurde kein einziger Mitarbeiter krank. Jeder war da, willens und in der Lage, seine Arbeit zu tun. Wenn man berücksichtigt, daß einige Leute rund um die Uhr aufopfernd und selbstlos arbeiteten, gingen die Arbeiten so reibungslos wie nur möglich vonstatten. Die Tests verliefen fehlerlos.
Wir hatten Sorge, daß es am Prüfungstag zu einer Reaktorabschaltung kommen könnte. (Es wären ca. acht Stunden nötig gewesen, um den Reaktor wieder anzufahren.) Ein solcher Vorfall an diesem Tag, ganz gleich wann, hätte unsere ganze Arbeit zunichte gemacht. Deshalb betete ich, um zu verstehen, wo die einzig wirkliche Energie war. An dem Tag, an dem wir die Tests durchführten, hatten wir keinen Energieausfall, obwohl wir am Tag darauf gleich zwei hatten.
Doch wohl das schönste an der ganzen Erfahrung war der Kommentar eines Mitarbeiters. Als die Tests abgeschlossen waren, kam einer der leitenden Mitarbeiter auf mich zu und sagte: „Wissen Sie, so wie die Dinge liefen, muß man beinahe von göttlicher Fügung sprechen.“ Er weiß, daß ich Christlicher Wissenschafter bin. Alle meine engen Mitarbeiter wissen das. Als ich am Nachmittag nach den Tests nach Hause ging, betete und dankte ich.
Als Sie erwähnten, wie Sie beteten, sprachen Sie von einer einzigen Energie. Können Sie erklären, was Sie damit meinen, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, daß Sie mit Kernenergie umgehen.
Sicher, ich arbeite mit Kernenergie, aber ich arbeite auch mit Computern. Ich sehe sie nicht als göttliches Gemüt oder Gott an. Ich arbeite mit einer ganzen Reihe anderer Werkzeuge, und in gewissem Sinne sind sie für mich Symbole; sie sind nicht die eigentliche Wirklichkeit. Wirklichkeit ist, was ich in der Christlichen Wissenschaft lerne und gelernt habe: wirkliche Energie ist Gott, Liebe.
Und so ganz, ganz langsam beginne ich zu begreifen, was Liebe ist. Die Logik der Christlichen Wissenschaft habe ich vielleicht auf Grund meiner akademischen und technischen Ausbildung sehr schnell verstanden, aber die Liebe, das Herz, ist später gekommen.
Sie bezeichnen Liebe als die einzige Energie, aber was ist mit der Furcht der Menschen vor einem Reaktorunfall, wie er sich in Tschernobyl ereignete? Wie kann ihnen ein Verständnis der Liebe helfen?
Diese Frage ist schwerer zu beantworten. Vielleicht sollte ich sagen, wie ich zu meiner Ansicht kam über das, was in Tschernobyl geschah. Ich möchte vorausschicken, daß ich das sowjetische Volk nicht als die Bösen und uns nicht als die Guten betrachte, und das schließt die Menschen ein, die in dem Kernkraftwerk arbeiteten, und auch die, die in der Umgebung des Reaktors wohnten.
In den amerikanischen Atomlaboratorien unterliegen die Tests, die wir durchführen, sehr strengen Kontrollvorschriften; es gibt Prüfungen und Vorprüfungen und Prüfungen der Vorprüfungen und exakte Auswertungen und und und ... Der Berichten über den russischen Reaktor zufolge setzte die Bedienungsmannschaft bei dem Versuch, den Reaktor abzuschalten, das Sicherheitssystem des Kraftwerks außer Funktion. Sogar als der Reaktorzustand kritisch wurde, setzten sie ihr Experiment fort. Wenn ich darüber nachdenke, so scheint mir, daß das, wovor wir auf der Hut sein müssen, blinder Eigenwille ist. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, sagt eine Menge über menschlichen Willen, daß es gefährlich ist, sich auf ihn zu verlassen, und daß er in Wirklichkeit keine Macht hat. Was uns in Schwierigkeiten bringt, ist der menschliche Wille, die Einstellung: „Ich werde weitermachen, ganz gleich, was geschieht.“
Eigenwille beschränkt sich ja nicht auf eine bestimmte Gruppe. Wann immer er auftaucht, müssen wir ihm durch Gebet entgegentreten, nicht wahr?
So ist es.
Die Kernenergie scheint ganz allgemein viel Furcht hervorzurufen. Vielleicht sollten wir darüber sprechen, wie man sich im Gebet damit auseinandersetzen kann.
Aus meiner wissenschaftlichen — das heißt technischen — Sicht glaube ich, daß Kernkraftwerke so gebaut werden können, daß sie sicher sind. Aber ich will hier nicht die Vorteile der Kernkraft anpreisen. Was ich im Verlaufe unserer Tests erlebte, war für mich ein Beweis für die Christliche Wissenschaft. Die Probleme, denen ich mich gegenübersah, können auch bei jedem anderen komplexen Test auftreten. Sie hätten sich auch beim Start einer Raumfähre oder in einer ähnlichen Situation ergeben können.
Sie sagen, Sie wollen nicht den Eindruck erwecken, daß Sie ein Befürworter der Kernenergie seien. Ist der Grund dafür der, daß so viele Menschen ihr so ablehnend gegenüberstehen?
Ich begreife langsam, daß die Einstellung der Menschen zur Atomkraft nicht unvernünftig ist; sie haben Angst. Ich verstehe das jetzt etwas besser. Darin zeigt sich wiederum der sanfte Einfluß, den die Liebe in unserem Leben ausübt. Ich glaube, mein Hauptziel im Leben ist jetzt, ein besserer Christlicher Wissenschafter zu werden — die Macht der Liebe kennenzulernen.
Es scheint, Sie wollen sagen, daß unser Gebet und unser Handeln die ganze Situation regelt, sofern wir uns bemühen zu lieben. Dann würden wir liebevoll miteinander umgehen, und die Liebe würde diejenigen leiten, die neue Technologien entwickeln. Auf diese Weise sollten wir eher zu der Erkenntnis kommen, wie die richtigen technischen Entwicklungen für ein Projekt genützt werden können, ohne daß die Gefahren auftreten, die so oft damit verbunden zu sein scheinen. Die Macht der Liebe ist auch ein Schutz vor Furcht. Wie kann man über solche Dinge beten?
Ich glaube, das Beste, was ich dazu sagen kann, ist, daß wir Paulus’ Worten folgen sollten: „Ich will beten mit dem Geist und will auch beten mit dem Verstand.“ 1. Kor 14:15. Wir sollten diese Herausforderung von einer geistigen Basis aus angehen — in dem Wissen, daß die sogenannte materielle Energie keine despotische Macht über unser geistiges Selbst hat. Wir haben die geistige Kraft, diese sogenannte Macht zu brechen. Wir können mit dem Verständnis beginnen, daß Gott Gemüt ist, daß Liebe, Gott, die einzige tatsächliche Macht ist. Wie wir in der Christlichen Wissenschaft lernen, dringt unser tägliches Gebet für die Welt nicht in das Denken anderer ein, sondern reinigt unser eigenes Denken von dem, was falsch ist, um so zu gewährleisten, daß wir selbst von der Wahrheit ausgehen und die Welt vom Standpunkt der Wahrheit aus sehen.
Mir scheint, wenn wir mehr von dieser Geistigkeit demonstrieren, wird die ganze Frage von Energie und Macht auf den ihr zustehenden Stellenwert zurückgeführt.
Ja, weil dann in immer geringerem Maße die Möglichkeit besteht, daß Macht mißbraucht oder pervertiert wird, und wir die einzig wirkliche Quelle der Macht erkennen.
Haben Sie noch andere Erfahrungen während der Tests gemacht, die anderen bei ähnlichen Herausforderungen helfen könnten?
Ja, es war ganz wesentlich, gleich von Anfang an die Ichbezogenheit aus dem Weg zu räumen. Sonst wird die Arbeit sehr schnell mühsam und unlenkbar. Ich begann daher meine Arbeit gleich mit Gebet. Der Ausüber wies mich auf die folgenden Worte des Paulus hin: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.“ Phil 4:13. Dieser Gedanke war mir eine ständige Hilfe während dieser Zeit.
Ich weiß, daß ich das Ganze durchstehen konnte durch den Christus in meinem Bewußtsein, durch die christusgemäße Sicht meiner Mitmenschen und meiner Arbeit. Nie im Leben habe ich wohl eine Zeit so großer Angespanntheit erlebt — metaphysischer wie auch physischer; und sie hat mich vorangebracht. Die Schlußfolgerung für alle, die ein großes Arbeitspensum zu bewältigen haben, lautet: Sie sind insoweit erfolgreich, wie es Ihnen gelingt, sich von einem persönlichen Selbst zu lösen und den Christus einzulassen.
Wie gesagt, was ich im wesentlichen aus dieser Erfahrung gelernt habe, war, mehr zu lieben. Wenn unser Motiv Liebe ist, kann unser Handeln unmöglich von Profitdenken bestimmt sein. Dann sind wir nicht bereit, Sicherheitsrisiken einzugehen, um etwas billiger zu machen.
Da ist noch eine Frage, die Sie nicht gestellt haben, auf die ich aber gern eingehen möchte, die Frage, warum ich mich zu diesem Interview bereit erklärt habe. Ich gebe damit meiner Dankbarkeit Ausdruck für etwas, was ich als eine überwältigende Demonstration der göttlichen Macht erlebt habe. Ich habe schon viele Segnungen durch Zeugnisse anderer empfangen, durch Zeugnisse in Gottesdiensten, im Christian Science Sentinel und im Christian Science Journal. Auch dies ist ein Aspekt der Liebe: sie verlangt danach, daß andere an ihr teilhaben.
Ja. Und das Teilhabenlassen hilft, Schranken niederzureißen.
Das ist ganz sicher so.