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Die Kirche Gottes

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der April 1990-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich sah ein bewegendes Bild im Fernsehen: In einer der schönsten Kirchen meiner Stadt hatten sich Vertreter verschiedener christlicher Bekenntnisse versammelt, um gemeinsam zu beten. Höchste kirchliche Würdenträger einiger Glaubensrichtungen standen Seite an Seite mit schlichten Geistlichen anderer Religionsgemeinschaften. Sie sprachen Worte der Fürbitte, des Lobpreises und des Dankes. Und als sie in das Gebet des Herrn einstimmten, füllten die Stimmen der Menschen, die dem Gottesdienst beiwohnten, die Kirche wie Meeresrauschen.

Was, so mußte ich denken, haben alle diese Menschen, so verschieden in Gewandung und in ihren Ansichten über dogmatische Fragen, gemeinsam? Nun, sie waren alle Vertreter dessen, was „Kirche“ genannt wird. Was aber ist denn Kirche? Was ließ die christliche Kirche in den vielen Jahrhunderten ihres Bestehens immer wieder, trotz furchtbarer menschlicher Mißgriffe und Fehler, fortdauern? Was macht, sie auch heute in unserer so materiell gesinnten Zeit zu einer Macht, der sich viele Menschen wieder ganz bewußt zuwenden und die ihrem Leben Richtung und Sinn gibt?

Es muß etwas sein, was weit über alle barmherzige humanitäre Hilfe und Fürsorge hinausgeht, die die religiösen Glaubensgemeinschaften leisten, etwas, was mehr als Rat und Hilfe in menschlichen Krisensituationen bietet, so verdienstvoll und notwendig diese Hilfe auch ist.

Als ich über den wahren oder geistigen Sinn von Kirche nachdachte, kamen mir immer wieder die Worte Finger Gottes in den Sinn. Ja, Kirche ist die sanfte und machtvolle Berührung der Welt durch das Göttliche.

Mary Baker Eddy, die die Christliche WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) entdecke und die Kirche Christi, Wissenschafter, gründete, dachte viel über die geistige Grundlage der Kirche nach. In ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift beginnt sie ihre Definition von Kirche folgendermaßen: „Kirche. Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583.

Es mag erstaunen, daß Gott hier als „göttliches Prinzip“ bezeichnet wird, eine Beschreibung, die vielleicht nicht so gebräuchlich ist wie „Gott ist Liebe“ oder „Gott ist Geist“. Das Wort Prinzip wird oft im Zusammenhang mit Ursächlichkeit benutzt, aber es hat auch den Sinn von Grundlage, Ordnung und Gesetzmäßigkeit. Was könnte also das Wesen Gottes als Schöpfer und Erhalter besser ausdrücken? Gott schließt alles in sich, was sich in Seiner Schöpfung geordnet, harmonisch und gesetzmäßig ausdrückt. Wenn wir diese geistige Tatsache verstehen, wird uns klar, daß wir als Seine Kinder Schutz, Sicherheit, Zufriedenheit und Entfaltung erwarten können, die unsere Beziehung zu Gott ganz natürlich in sich schließt. Das Walten des Prinzips geht unaufhörliche vor sich, so wie die Sonne immerzu Licht und Wärme aussendet. Kirche im höchsten Sinn veranschaulicht diesen wirkenden, diesen sanften, machtvollen Einfluß des göttlichen Prinzips in der Welt.

Sie könnten einwenden, daß eine solche Auffassung von Kirche mindestens ungewöhnliche ist und daß das, was Sie unter diesem Begriff verstehen, ziemlich anders aussieht. Oder mit anderen Worten: Die menschliche Institution Kirche — und damit sind die religiösen Glaubensgemeinschaften gemeint — entspricht sicherlich nicht immer diesem Bild.

Vielleicht ist es hilfreich, wenn ich hier davon erzähle, wie ich sehr früh etwas über Kirche lernte. Ich hatte damals gerade die Christliche Wissenschaft kennengelernt; ich besuchte die Gottesdienste und studierte die wöchentlichen Bibellektionen Im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft.. Tägliche entdeckte ich neue, wunderbare Dinge über Gott, den Menschen und ihre Beziehung zueinander. Jeder Gottesdienst war ein Fest, und ich betrachtete bewundernd und staunend die Leser, die Ordner und die mir bekannten Mitglieder dieser Zweigkirche Christi, Wissenschafter. Was müssen das für wundervolle Menschen sein, dachte ich.

In mir begann der Wunsch zu wachsen, dazuzugehören, um in diesem Kreis ein Leben der Gottesnähe zu führen. Hier mußten die Quellen der Erkenntnis sprudeln! Und so fragte ich ein Mitglied, von dem ich wußte, daß es angesehen und geachtet war, was ich tun müsse, um der Kirche beizutreten. Aber das Mitglied gab mir zur Antwort, es sei mit Sicherheit noch viel zu früh, Mitglied zu werden. Dazu seien Voraussetzungen nötig, die bei mir bei weitem noch nicht gegeben seien.

Obwohl dies durchaus freundliche gesagt wurde, war es für mich ein harter Schlag. Einen Augenblick dachte ich gekränkt: „Na, dann eben nicht. Das ist das letzte Mal, daß ihr mich seht!“

Aber fast augenblicklich wußte ich: „Das kann nicht sein. Ich kann nicht zu meinen alten Gewohnheiten zurück. Gott hat mich berührt; ja, Er hat mich ergriffen. Er hat mich einen Schimmer von Seinem Wesen sehen lassen. Und damit bin ich in Wirklichkeit bereits in Seiner Kirche. Was macht es da schon aus, ob eine Gruppe von Menschen mich in ihren Kreis aufnimmt?“ Diese ganz einfache Wahrheit, mehr gefühlt als gedacht, machte mich froh. Ich fuhr fort, die Gottesdienste zu besuchen, zu beten, zu studieren und anzuwenden, was ich lernte. Ich dachte nicht mehr an Mitgliedschaft.

Es dauerte kaum einen Monat, bis mich das gleiche Mitglied anrief und fragte: „Warum haben Sie Ihre Bewerbung um Mitgliedschaft noch nicht eingereicht? Wir freuen uns auf Sie und brauchen Sie.“ Natürlich kam ich gern dieser Aufforderung nach. Und ich hatte in ganz einfacher Form etwas über die geistige Bedeutung der wahren Kirche gelernt, die weit größer und vollkommener ist als jede menschliche Institution.

Meine Zeit in dieser Kirche war reich gesegnet. Ich machte geistige Fortschritte, während ich in verschiedenen Ämtern diente. Aber ich sah nun auch diese Gemeinde und ihre Mitglieder ganz anders. Ich erlebte — und ich erlebe es noch —, daß Menschen, die sich in der Kirche zusammenfinden, sich danach sehnen, Gott, das Prinzip, den Vater aller, besser zu verstehen. Sie möchten Ihn immer mehr lieben und Ihm gehorchen. Diese Menschen bemühen sich ehrlich, täglich auf christliche Weise zu leben. Sie wollen also wirklich zur Kirche Gottes werden.

Nun, das ist sicher eine Aufgabe, die jeder individuell anpacken muß. Wer könnte besser wissen als wir selbst, welche gedanklichen oder charakterlichen Schwächen und Irrtümer noch überwunden werden müssen? Aber wie oft hilft uns in der Kirchengemeinde das stille, christusgleiche Beispiel eines Mitglieds, unseren Irrweg zu erkennen und zu berichtigen. Und wie hilfreich ist ein ehrliches, gutes Wort des Rates, der Zurechtweisung oder der Ermunterung. Es ist tröstlich, daß, wenn wir verzagt sind oder uns eines Fehlers schämen, uns das beispiel anderer Kraft geben kann, die sich redlich bemühen, recht zu handeln. Wir können Mut fassen, wenn wir sehen, wie andere immer wieder aufstehen, wenn sie gestolpert sind, unverdrossen weitergehen und versuchen, es besser zu machen.

Dann ist da das schlichte Mitglied, das gar keine hervorstehenden Talente zu haben scheint und plötzlich so viel Liebe, Freude und Zuversicht ausstrahlt, daß Konflikte überwunden und Streitigkeiten geheilt werden. Und da ist das Mitglied voll Erfahrung und Reife, das bei seiner Arbeit aus der stillen Unterstützung und dem Verständnis seiner Freunde Kraft schöpfen kann. In der Kirchengemeinschaft lernen wir, auf die Weisheit Gottes zu lauschen und zu helfen oder uns helfen zu lassen, je nachdem, wie wir durch Gebet geführt werden. Und am Ende erkennen wir, daß wir alle gemeinsam ein Stück vorwärtsgekommen sind — nicht einer oder einzelne, sondern alle gemeinsam — dem Weg zu einem wahren christlichen Leben.

Aber die Gemeinschaft Gleichgesinnter ist noch nicht Kirche. Wenn wir Christus, der Wahrheit, folgen, können wir nicht im Elfenbeinturm verharren und ignorieren wieviel Not und Unrecht in der Welt um uns her herrscht. Kirche stellt schließlich das aktive Einwirken Gottes in der Welt dar. Sie zeigt, wie wir von allem Leid geheilt und von allem Bösen erlöst werden können. Die Kirche demonstriert das Erscheinen des Himmelreiches, der tatsächlichen Herrschaft des Guten und der Harmonie.

Christus Jesus vergleicht dieses Himmelreich mit einem Sauerteig Siehe Mt 13:33., und Mrs. Eddy schreibt im zweiten Teil ihrer Definition von Kirche: „Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583.

So ist es das Ziel aller Kirchenarbeit und unseres individuellen Gebets, Gottes Willen mehr zu gehorchen und Seine Aufgabe klarer zu erkenne. Dann können wir hinausgehen, wie Jesus es seinen Nachfolgern anbefahl, und seinem Beispiel im Heilen und Helfen folgen.

Diesem Ziel widmen sich die Menschen, die sich in den Kirchen der Christlichen Wissenschaft zusammengefunden haben, aber es ist auch das Ziel anderer christlicher Konfessionen. Der Finger Gottes hat alle Seine Menschen berührt. Können wir die hingebungsvollen Bekenner anderer Religionen von dieser universalen Kirche ausschließen? Sollten wir nicht vielmehr Geistigkeit, Güte, Vergebung und Selbstlosigkeit, wo wir sie auch finden, als Zeichen sehen, daß alle das gleiche Ziel vor Augen haben: eben die Demonstration der Kirche Gottes?

Wir sind auf dem Wege. Wir mögen nicht genau wissen, wie die letzte und universale Demonstration der wahren Kirche Gottes erfolgen noch wann sie vor sich gehen wird. Aber das wissen wir, daß für Gott, das göttliche Prinzip, nur das besteht, was Sein Wesen, Seine Liebe, Kraft und Weisheit zum Ausdruck bringt. Und wir werden diese Kirche immer klarer wahrnehmen, wenn wir unser Leben der Geistigkeit widmen, bis wir, wie Paulus sagt, „alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi“ Eph 4:13..

Wollen wir doch in unserem persönlichen Leben und in unserem Gemeinwesen nach dem streben, was bleibt, und so Schritt für Schritt die Kirche Gottes immer klarer zum Ausdruck bringen.

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