Wir haben festgestellt, daß die Einheit in der Familie, da sie die geistige Einheit symbolisiert, von besonderer Bedeutung für unser Ausüben des christlichen Heilens ist, des Heilens, bei dem wir uns auf Gebet verlassen. Obwohl jeder von uns Paulus’ Ermahnung gehorcht „Arbeitet eure eigene Erlösung aus” Phil 2:12 [nach der engl. King-James-Bibel]. hat gemeinsames Beten zu unserem Verständnis von geistiger Einheit und Liebe wesentlich beigetragen. Wir haben gesehen, daß wir, wenn wir gemeinsam gegen Probleme angehen, uns nicht nur gegenseitig liebevoll und vielleicht spezifisch durch Gebet unterstützen, sondern daß wir dadurch auch ganz besonders in dem Verständnis von Gott wachsen können, nach dem die Christlichen Wissenschafter streben. Und je mehr wir unsere Familie aus geistiger Sicht betrachten, um so mehr erfassen wir von der vollkommenen Einheit Gottes und Seiner Idee, des Menschen.
Die Behandlung von Disharmonie und Krankheit im Sinne der Christlichen Wissenschaft muß immer einschließen, daß wir individuell erwachen zu einer neuen Erkenntnis der unveränderlichen Güte und Harmonie Gottes und all dessen, was Er ins Leben gerufen hat — Seine unendliche geistige Schöpfung. Dieses individuelle Erwachen zeigt, daß der Anspruch des Bösen auf Disharmonie und Krankheit in der geistigen Wirklichkeit des Menschen und des Universums unmöglich ist; es korrigiert die falsche Vorstellung vom Bösen und bringt auf diese Weise Heilung. Das gemeinsame Arbeiten für eine Heilung kann die Einheit von erwachendem Denken und geistiger Erkenntnis bewirken, die die Bemühungen jedes einzelnen stärkt.
Gemeinsam schwierigen menschlichen Situationen entgegenzutreten kann uns auch helfen, mehr von der wahren Harmonie und geistigen Einheit zu erfassen, die in Ehe und Familie zum Ausdruck kommen. Als Ehepartner teilten wir solch eine Erfahrung, als eine lebensgefährliche Krankheit eines unserer sehr geschätzten und geliebten Jungpferde befiel. Wir erlebten einen beständigen und anhaltenden Strom gottgegebener geistiger Erkenntnis, der die Heilung dieses furchterregenden Zustandes zur Folge hatte. Wir möchten Ihnen gern aus unserer jeweiligen Sicht von dieser Erfahrung berichten.
Judy: Als ich an einem Januarmorgen, an dem die Temperatur unter minus 20 Grad Celsius lag, vor der Dämmerung nach den Pferden schaute, sah ich, daß das zweijährige Pferd schwitzte und unter starken Schmerzen litt. Ich erkannte die Symptome als die einer Erkrankung im vorgeschrittenen Stadium, die heute als die häufigste Ursache für den Tod von Pferden gilt. Ich eilte zum Haus und bat meinen Mann, gemeinsam mit mir zu beten. Ich wollte zuerst die anderen Pferde füttern und dann ins Haus gehen, um zu beten. Doch das Pferd wälzte sich auf der Erde und wurde von Schnee und Schweiß klatschnaß. Mein Mann und ich brachten es wieder auf die Beine und führten es in den Stall, wo ich es zu seinem eigenen Schutz auf und ab führte, während ich laut betete. Ich wurde ruhiger, als mich die Überzeugung erfüllte, daß die göttliche Liebe, Gott, das eine vollkommene Gemüt, das Pferd von Anfang an als kostbare Idee geliebt hatte und es auch jetzt liebte. Das Pferd hatte sich noch nicht beruhigt und litt offensichtlich noch immer, als ich es meinem Mann übergab und ins Haus ging, um eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft anzurufen. Ihre ruhige, unerschrockene Reaktion auf meine Bitte, uns im Gebet für das Tier zu unterstützen, war sehr trostreich.
Jim: Als ich Judy ablöste und mit dem Pferd auf und ab ging, dachte ich über die Worte nach, die ich mir an jenem Morgen beim Studium der Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft notiert hatte. Zwei Stellen aus Wissenschaft und Gesundheit sprechen mich besonders an; beide beschreiben das sterbliche Gemüt als die Ursache des Bösen. Mrs. Eddy schreibt an der einen Stelle: „Da das sogenannte sterbliche Gemüt oder das Gemüt der Sterblichen die mittelbare, vorbereitende und erregende Ursache allen Leidens ist, muß die Ursache der Krankheit durch Christus in der göttlichen Wissenschaft vernichtet werden, sonst werden die sogenannten physischen Sinne den Sieg davontragen.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 230. Und an der anderen Stelle erklärt sie: „Der Körper scheint nur deshalb selbsttätig zu sein, weil das sterbliche Gemüt nichts von sich, von seinen eigenen Handlungen und deren Folgen weiß — weil es nicht weiß, daß die vorbereitende, mittelbare und erregende Ursache aller schlimmen Wirkungen ein Gesetz des sogenannten sterblichen Gemüts ist und nicht der Materie.” Ebd., S. 393. Ich folgerte: Da die Ursache des Bösen mittelbar ist, konnte das Leiden dieser unschuldigen Kreatur weder anhaften noch sich in ihr befinden; es war auch nicht durch den Körper verursacht worden oder durch etwas, was wir getan oder nicht getan hatten. Das Böse, das vernichtet werden mußte, beanspruchte, seinen Ursprung im „Gemüt der Sterblichen” zu haben oder im sterblichen, materiellen Denken der Welt. Und dieses Denken ist in dem wirklichen, von Gott geschaffenen Universum, das alles einschließt, niemals gegenwärtig. Ich begann, buchstäblich die Gegenwart Gottes und Seines Christus zu spüren, der uns jederzeit in immergegenwärtige, allumfassende Liebe einschließt.
In dem einen Zitat heißt es, daß „die Ursache der Krankheit durch Christus in der göttlichen Wissenschaft vernichtet werden” muß. Wenn die Ursache all dieses falschen Augenscheins von Leiden eine sterbliche Mentalität war, „das Gemüt der Sterblichen”, dann konnte man die Qualen dieses Tieres auf die Annahme zurückführen, Gottes Schöpfung sei sterblich und materiell, jedem Übel und jeder Disharmonie unterworfen, die in solch einer Definition des Seins eingeschlossen sein mochten. Ich mußte an folgende Beschreibung des Christus in Wissenschaft und Gesundheit denken: „Christus ist die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewußtsein spricht.” Ebd., S. 332. Ich konnte klar erkennen, wie diese göttliche Botschaft — wenn man sie akzeptiert und ihr vertraut, weil sie von unserem allmächtigen, immergegenwärtigen Vater-Mutter Gott, dem einen göttlichen Gemüt, kommt — jede gegenteilige Aussage oder falsche Annahme vernichten muß, die beansprucht, Disharmonie, Krankheit und sogar Tod zu verursachen. Inzwischen war ich überzeugt, daß unser Pferd sich nicht in Gefahr befand und diesen qualvollen Zustand nicht weiterhin zum Ausdruck bringen konnte. Ich wußte, daß die spezifische Botschaft des Christus gegenwärtig sein mußte und nichts ihr Erscheinen vor uns verhindern konnte.
Judy: Nachdem ich mit der Ausüberin gesprochen hatte, ging ich wieder zum Stall. Jim wurde in diesem Moment weggerufen, so daß wir keine Gelegenheit hatten, über die Gedanken zu sprechen, die ihm gekommen waren. Er übergab mir das Pferd und seine Notizen und verwies mich auf die bereits von ihm zitierten Stellen. Als ich sie las, drängte sich mir die etwas verwirrende Frage auf: Wenn das sterbliche Gemüt die mittelbare, vorbereitende und erregende Ursache ist, was ist dann dieses sterbliche Gemüt, und wie vernichtet man es? Obwohl ich nicht wußte, welche Erkenntnisse Jim bezüglich des Christus, der „göttlichen Botschaft”, gewonnen hatte, muß ich bereit gewesen sein, sie zu empfangen. Denn ich spürte sehr klar den Impuls, ja beinahe einen Befehl, mich mit den Zehn Geboten Siehe 2. Mose 20:3–17. zu beschäftigen.
Ich begann mit dem ersten: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.” So muß man das sterbliche Gemüt vernichten, dachte ich. Es ist nur eine Annahme von etwas anderem neben Gott. „Du sollst dir kein Bildnis. .. machen. . .” Das war die Antwort für all die schrecklichen Bilder des Leidens, der Ungerechtigkeit, des drohenden Verlustes, die versuchten, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ich konnte sie in meinem Denken oder meiner Erfahrung nicht zulassen, wenn ich nur einen Gott haben und mir keine Bildnisse machen wollte! Als ich beim dritten Gebot angelangt war: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen”, wußte ich, daß die Heilung stattgefunden hatte. Ich hatte „den Namen des Herrn” redlich angerufen, und ich wußte, ich konnte ihn nicht umsonst anrufen. Während ich über die restlichen Gebote nachdachte, führte ich das Pferd weiterhin auf und ab. Bald ging es sehr friedlich neben mir. Besondere Freude machte es mir, über das Gebot „Du sollst nicht stehlen” nachzusinnen. Mir wurde klar, daß ich nicht einmal daran denken durfte, dieses Pferd seiner reinen, geistigen Identität zu berauben, indem ich glaubte, daß ihm auf irgendeine materielle Weise geholfen werden mußte. Ich würde nicht im Traum daran denken, einem Lebewesen, das ich so sehr liebte, etwas zu stehlen. Jedes der Gebote hatte mir etwas zu sagen, was ich in diesem Moment anwenden konnte. Nachdem ich meinen Gang durch die Gebote beendet hatte, war das Pferd wohlauf, und trotz der Kälte schien es richtig zu sein, es wieder ins Freie zu lassen.
Als mein Mann und ich ins Haus zurückgingen, stellten wir fest, daß es bereits halb elf war; wir hatten noch nicht gefrühstückt und unseren „Arbeitstag” begonnen. Doch wir teilten die Freude und tiefe Zufriedenheit über die Heilung miteinander, die wir gerade miterlebt hatten. Wie deutlich fühlten wir, daß solche Heilarbeit tatsächlich unsere wahre Beschäftigung war und daß sie unserem höchsten Begriff von der Einheit der Familie entsprach!
