Wer könnte nicht in einer Zeit der Unsicherheit mehr Licht, mehr Klarheit gebrauchen? Und wenn wir selber auf der Suche nach mehr Licht sind, ist es manchmal hilfreich, die Erlebnisse anderer „ehrlicher Sucher nach Wahrheit” Siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. xii. zu hören. In den Beiträgen dieser Serie schildern die Verfasser Erfahrungen, die vielleicht nützlich sein werden für all jene, die nach neuen Antworten suchen. Die Verfasser bleiben ungenannt, damit sie offen über ihre frühere Art zu leben und ihre früheren Einstellungen berichten können, auch wenn diese sich erheblich von dem unterscheiden, was ihnen heute wichtig ist. Notwendigerweise werden die Ereignisse zeitlich gerafft wiedergegeben, und die Berichte beanspruchen nicht, alle Aspekte einer Geschichte darzustellen. Aber sie zeigen das breite Spektrum der Sucher sowie die Art und Weise, wie das Licht des Christus, der Wahrheit, den Menschen einen Neuanfang ermöglicht, ihrem Leben eine neue Richtung gibt, es umgestaltet.
Während meiner Collegezeit begann ich, meine religiösen Anschauungen in Frage zu stellen und nach einer tieferen Geistigkeit zu suchen. Ich war von der Religion, in der ich erzogen worden war, enttäuscht. Ich stellte fest, daß die Rituale mich nicht ansprachen. Sie kamen mir leer vor. Es war zwar sehr viel Symbolik darin enthalten, doch aus meiner Sicht mangelte es an einer soliden Basis. Ich wußte, daß da mehr sein mußte, aber ich hatte keine Ahnung, was das sein mochte. Schon immer hatte mir die Bibel viel bedeutet. Zu Hause pflegten wir sowohl das Alte wie das Neue Testament zu lesen, und damit war ich auch einverstanden. Es waren die dogmatischen Lehren, mit denen ich nicht übereinstimmte oder die ich nicht verstand.
Ich begann mich über andere Religionen zu informieren, besonders während meines Studiums an der Universität, weil dort ein viel freieres Denken herrschte als an dem konfessionell gebundenen College, das ich besucht hatte.
Einige Jahre später fiel mir einmal auf einer Party ein junger Mann auf, der, anders als alle anderen, keinen Alkohol trank. Ich fragte ihn nach dem Grund, und er antwortete, daß er eben einfach nicht trinke. Da er eine große innere Ruhe ausstrahlte, stellte ich meine Frage erneut im Verlauf der Unterhaltung. Seine Antwort war: „Ich bin Christlicher Wissenschafter.”
„Ach so”, sagte ich, „der Monitor. Ich habe den Christian Science Monitor schon mal gelesen. Aber Sie halten nicht viel von Ärzten, stimmt’s?”
Zu dieser Zeit arbeitete ich als Psychotherapeutin an einem Krankenhaus im Nordosten der Vereinigten Staaten und führte daneben eine private Praxis. Im Laufe der weiteren Unterhaltung fragte er mich, ob ich nicht zu einem Vortrag über die Christliche Wissenschaft mitkommen wolle.
Eine Woche später besuchten wir den Vortrag. Dort wurde auf das Buch Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy hingewiesen. Ich bat um ein Exemplar dieses Buches, bekam es, nahm es mit nach Hause und konnte es nicht mehr aus der Hand legen.
Eine Zeitlang arbeitete ich noch an dem Privatkrankenhaus. Dann ereignete sich in einer Therapiesitzung, die ich leitete, etwas Ungewöhnliches.
Eines Tages war mein Kollege nicht anwesend, und ich mußte die Therapiegruppe alleine leiten. Wir sprachen über Liebe, Liebe in der Gruppe, Liebe in der Familie. Einige Patienten sagten, daß ihre Eltern sie nicht liebten, daß ihre Geschwister sie nicht liebten, daß niemand sie wirklich liebte und so weiter.
Die Bibellektion im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft für jene Woche hatte das Thema „Liebe”, und die biblische Verheißung, daß Gott Liebe ist, hatte für mich gerade neue Bedeutung gewonnen. Spontan entschloß ich mich, den Teilnehmern dieser Therapiegruppe zu sagen, daß es aber eine Liebe gibt, auf die sie sich immer verlassen konnten — Gottes Liebe zu ihnen.
Es trat eine minutenlange Stille ein. Das war eine lange Zeitspanne für eine Gruppe, in der die Leute sonst unruhig hin und her schaukelten, vor sich hin murmelten oder herumgingen. In diesem Augenblick wurde mir klar, daß sie alle verstanden hatten, und ich sah sie als wunderbar normale Kinder Gottes. Die Männer und Frauen dieser Gruppe schienen dasselbe zu empfinden: sie lächelten. Eine der Frauen, deren Vergangenheit von Gewalt geprägt war, sah mich an, und ich konnte sehen, wie die Liebe in ihre Augen einzog.
Diese Erfahrung ließ mich innehalten. Ich fragte mich: „Glaubst du wirklich, daß die göttliche Liebe hier gegenwärtig ist und daß wir alle diese Liebe haben und uns auf sie verlassen können, und verstehst du es?” Dieses Erlebnis am Anfang meines Lebens als Christliche Wissenschafterin machte mir vieles klar.
Danach konnte es mir passieren, daß ich mich mitten in einer Gruppensitzung fragte: „Wie kann ich hier sitzen und denken, dieser Mensch zeigt diese oder jene Symptome; also ist dies oder jenes bei ihm nicht in Ordnung. . .?” Je mehr ich von der geistigen Natur des Menschen als Kind Gottes wahrnahm, desto weniger konnte ich das glauben, was ich in der Psychologie gelernt hatte.
Schließlich kam ich zu dem Schluß, daß ich nicht länger im Rahmen dieser Gruppentherapiesitzungen des Krankenhauses arbeiten konnte. Ich kündigte.
Meine private psychotherapeutische Praxis führte ich jedoch weiter.
Dann rief mich eine Frau an, die sich mit Selbstmordgedanken trug. Ich erklärte ihr, daß ich keine neuen Patienten annähme, doch sie sagte, sie sei ziemlich verzweifelt. Ich merkte, daß ich betete, um zu erkennen, was ich tun sollte. Ich hatte das Gefühl, daß ich sie kommen lassen sollte, und gab ihr einen Termin. Als wir zusammensaßen und miteinander sprachen, begann ich die einzelnen Teile ihres Problems zu identifizieren und in Gedanken eine vorläufige Diagnose und einen Behandlungsplan zu erstellen. Da schoß mir durch den Sinn: „Meine Gedanken, meine Diagnose, mein Behandlungsplan; du hältst dich ja für Gott; du glaubst, du tust alles.” Ich half der Frau, einen anderen Therapeuten zu finden, und hörte kurz danach auf, Patienten zu behandeln.
Während dieser Übergangsphase lernte ich eine unerläßliche Lektion. Ich war von der Voraussetzung ausgegangen, daß mein Gemüt heilt, wohingegen Gott das einzig wahre Gemüt ist und Er der einzige ist, der heilt. Wenn etwas aufgedeckt werden muß, dann geschieht das durch Gebet, und Christus, Wahrheit, deckt auf, was geheilt werden muß.
Als Witwe, die ein kleines Kind zu versorgen hatte, sah ich mich nach einem anderen Beruf um. Eine Arbeit führte zur nächsten, und ich hatte dann einen abwechslungsreichen beruflichen Werdegang, war unter anderem als Organisationsberaterin für verschiedene große Firmen tätig.
Zwei Jahre nachdem ich die Wissenschaft kennengelernt hatte, wurde ich Mitglied Der Mutterkirche. Es ist erstaunlich, wie man jedes Jahr — ja, nicht nur jedes Jahr, sondern tatsächlich jeden Tag — dazulernt. Mit Worten kann ich es nicht ausdrücken. Aber gefühlsmäßig kann es zum Ausdruck kommen, und der innere Frieden, den ich empfinde, das ist das, wonach ich suchte. Den Frieden habe ich gefunden. Es kommt vor, daß ich es vergesse, aber ich kehre immer wieder dahin zurück — zu diesem Frieden, dieser Liebe. Und so weiß ich, daß ich auf dem richtigen Weg bin.
