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INTERVIEW

Moral und der Fortschritt der Völker

Aus der Juli 1991-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In Einer Welt, die zum Dorf geworden ist, wie man so sagt, werden Nächstenliebe und Gebet immer dringender gebraucht. Nachrichten aus weit entlegenen Gegenden der Erde lassen uns nicht länger unberührt. Wir wollen wissen, wie wir mehr zur Unterstützung der Freiheit und des Kampfes um Gerechtigkeit tun können — wo immer er stattfindet.

erster Sekretär der Botschaft der Vereinigten Staaten in Südafrika, aus eigener Erfahrung über die Notwendigkeit des Gebets und die Wirkungen, die Gebet hat. Bevor er nach Südafrika ging, war Gregory Sandford an den US-Botschaften in der damaligen DDR und in der Karibik tätig sowie im State Department in Washington.

Meine Arbeit als Diplomat hier in Südafrika ist ganz anders als alle meine vorherigen Tätigkeiten. Das macht aber gerade die Arbeit im auswärtigen Dienst so interessant, bietet doch jedes Land ganz andere Voraussetzungen.

Zuletzt arbeitete ich, noch vor dem Fall der Mauer, in der politischen Abteilung unserer Botschaft in Ost-Berlin. Dort hatte ich oft mit Dissidenten der verschiedensten Art zu tun sowie mit Leuten, die außerhalb des politischen Establishments standen. Vorher hatte ich in Washington bei den Verhandlungen über die Langstreckenraketen in Europa mitgearbeitet. Und davor war ich auf Barbados. Damals habe ich auch einige andere Karibische Inseln besucht, darunter Grenada, wo zu der Zeit eine Revolutionsregierung an der Macht war.

Sie waren also an verschiedenen Orten, an denen historische Umwälzungen vor sich gingen. Können Sie uns sagen, wie Sie als Christlicher Wissenschafter solche Veränderungen bewerten? Ich war schon verschiedentlich in Ost-Berlin gewesen, bevor ich als Diplomat dorthin kam, da ich meine Doktorarbeit über die sowjetische Besetzung Ostdeutschlands geschrieben habe. So hatte ich natürlich schon viel über den Kommunismus nachgedacht, über seine Ideologie und warum Menschen sich zu ihm hingezogen fühlen, warum er bestimmte Sehnsüchte der Menschen anspricht und warum er letztendlich in diesem Teil der Welt zusammenbrach. Deshalb, und wegen der vielen Erfahrungen, die ich hier in Südafrika gemacht habe, ist mir besonders bewußt geworden, daß wir in einer Zeit leben, in der viele menschliche Sicherheiten sich als trügerisch erweisen.

Als ich den Kommunismus studierte, kam er mir immer wie der Turm von Babel vor. Er ist ein Versuch, mit materiellen Mitteln so eine Art menschlichen Himmel zu basteln. (Das trifft, glaube ich, auch auf andere Systeme zu, sogar auf das System der Apartheid hier in Südafrika, das in den vierziger Jahren entwickelt wurde.) Ich glaube nicht, daß die Urheber des Kommunismus Böses im Sinn hatten. Ich denke schon, sie wollten Gutes tun.

So unglaublich es klingen mag: Ich meine, das trifft auch auf die Leute zu, die die Lehre von der Apartheid aufbrachten. So schlimm das alles heute auch erscheint, ich glaube doch, sie wollten ursprünglich etwas tun, von dem sie sich selbst einredeten, es sei gut. Doch heute erleben wir, daß diese aufgezwungenen Strukturen, die auf menschlichem Willen und materiellen Theorien beruhen, durch ihr eigenes Gewicht zusammenstürzen.

Manchmal denke ich in diesem Zusammenhang an den Bibelvers: „Zu Trümmern, zu Trümmern, zu Trümmern will ich sie machen. . ., bis der kommt, der das Recht hat.“ Was immer wir auf dem Fundament des menschlichen Willens aufbauen, wird einfach zerfallen — es sei denn, es gibt geistigen Fortschritt, es sei denn, wir bauen mit dem soliden Mauerwerk eines Verständnisses von der göttlichen Weltregierung und arbeiten mit der Idee des göttlichen Willens. Gerade jetzt werden wir Zeugen des Zusammenbruchs einiger der ehrgeizigsten menschlichen Projekte. Das gibt uns die einmalige Gelegenheit, unsere Fehler zu überdenken und das nächste Mal besser zu bauen.

Es wird zwar immer betont, daß der wirtschaftliche Druck und die wirtschaftlichen Fehlschläge in vielen Teilen der Welt zum Zusammenbruch des Kommunismus geführt haben, aber ich glaube, der moralische Hunger nach etwas Besserem, den diese Systeme erzeugt haben — Hunger nach einem höheren Begriff von Recht und Menschenwürde —, ist ebensowichtig gewesen. Metaphysisch gesprochen: der Hunger nach einem höheren Verständnis von Prinzip, von Seele und von Liebe.

Vor einer Woche war ich auf einer Versammlung, auf der ein Politiker der Nationalpartei versuchte, seinen Wählern den Wandel in den Ansichten seiner Partei klarzumachen. Die Nationalpartei ist nämlich die Partei, die die Idee der Apartheid ursprünglich propagierte und die seit kurzem versucht, die Politik des Landes in eine neue, bessere Richtung zu steuern. Der Redner zeichnete die ganze Geschichte der Apartheid nach und wies auf Entscheidungen und Entschlüsse hin, die seiner Meinung nach zu Fehlentwicklungen geführt hatten — auf politische Überlegungen, die ganz einfach nicht richtig gewesen waren. Er sprach davon, daß der Begriff von Moral sich in der ganzen Welt gewandelt hätte und daß er glaube, Südafrika sei in diesem Punkt zurückgeblieben. Er sprach von dem ökonomischen Trauma, das diese Tatsche für Südafrika zur Folge gehabt habe, über die dadurch verursachte Isolation und darüber, wie sie versucht hätten, die Idee der Apartheid länger mitzuschleppen, als sie eigentlich verantworten konnten. Und dann sagte er etwas, was mich wirklich aufmerken ließ. Als er darüber sprach, daß sie das System länger gestützt hätten, als sie es verantworten konnten, machte er eine Pause und sagte dann: „Und wir wußten doch, daß wir unrecht hatten. Wir wußten, daß wir das Falsche taten.“

Ich sah, wie bewegt die Anwesenden darauf reagierten, und ich dachte: „Hier erwachen die Menschen moralisch. Diese Leute befassen sich nicht nur mit äußerlichen Situationen.“ Sie wußten schon lange, daß das, was sie taten, moralisch falsch war, obwohl sie nicht darüber sprechen konnten. Heute können sie es. Und das ist für mich ungeheuer ermutigend, weil es ein Zeichen für die Demut ist, die moralisch heilt.

Haben Sie erlebt, wie Gebet um Erkenntnis der göttlichen Regierung und des göttlichen Willens Heilung brachte? Als ich die damalige DDR verließ, um nach Südafrika zu gehen, haben einige meiner Freunde und Kontaktpersonen aus Dissidentenkreisen gefragt: „Warum wollen Sie in ein solches Land gehen?“

Die Antwort ist, daß es geradezu aufregend ist, in einem Land zu sein, in dem eine solche moralische Umwälzung und Neuorientierung vor sich geht. Ich lerne dabei, auf meine eigenen Gedanken zu achten, meine eigenen Meinungen und bequemen Vorurteile auszuräumen. Ich frage mich: „Wo liegen in meinem eigenen Denken die Samenkörner der Tyrannei und Ungerechtigkeit? Wie und wo lasse ich mich selbst vom Materialismus hypnotisieren?“ Das Positive an dieser Chemikalisation (um einen Ausdruck aus Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy zu gebrauchen, der auf die Zerstörung falscher materieller Annahmen durch die Wahrheit hinweist) ist, daß die Menschen sich wirklich selbst fordern; und es erzeugt ein sehr gesundes mentales Klima, wenn sie das tun.

Ich denke, überall, wo Christliche Wissenschafter und andere Christen an diesen Fragen arbeiten, helfen sie mit, die Gedanken der ganzen Welt zu erheben, denn viele Probleme, die in diesen Ländern ausgearbeitet werden, sind nicht allein deren Probleme, sondern sie betreffen die ganze Menschheit.

Welche geistigen Ideen halten Sie für besonders wichtig für Ihre Arbeit? Gerade die wichtigsten klingen gar nicht so neu oder originell. Die Allmacht und Allgüte Gottes und die daraus folgende Nichtsheit und Machtlosigkeit des Bösen sind, so denke ich, für meine Arbeit das Wichtigste. Sie durchdringen und formen sie. Und dann, daß das Böse weder Person, Ort noch Ding ist. Es kann nicht „etwas“ sein, weil Gott alles ist.

Und das führt natürlich zu einer sehr wichtigen Wahrheit über den Menschen, die ich bei meiner Arbeit auch immer vor Augen habe. Die Erkenntnis, daß der Mensch geistig ist, das Bild Gottes — und deshalb nie Teil des Problems —, führt uns zur Lösung des Problems. Ich finde es sehr wichtig, zu wissen, daß wir nie gegen einen Menschen oder gegen die Leute arbeiten, sondern immer mit dem wahren Menschen gegen das falsche Bewußtsein, gegen Haß, gegen Furcht und gegen Begrenzung.

Ich denke bei meiner Arbeit auch oft daran, daß wir nie miteinander in Konkurrenz stehen. Viele unserer scheinbar schwersten Probleme — daheim in der Familie, im eigenen Land und zwischen den Nationen — haben ihren Ursprung im Wettstreit um Land, Bodenschätze, Reichtum oder Macht. Ich glaube, ein Christ muß immer vor Augen haben, daß die göttliche „Wirtschaft“ nicht so funktioniert. In der Wirtschaft, die auf Gottes uneingeschränkter Güte beruht, gibt es Gutes in Fülle für alle. Jeder von uns hat — geistig gesehen — seinen individuellen Platz und spielt eine einzigartige Rolle in der Schöpfung, die kein anderer ihm wegnehmen oder für ihn übernehmen kann. Jeder von uns besitzt als individuelle Idee Gottes alles, was er braucht. Und außerdem ist jeder von uns für die Schöpfung unentbehrlich, wie auch wir gegenseitig füreinander unentbehrlich sind. Gottes Schöpfung wäre unvollständig ohne jeden einzelnen von uns.

Wenn wir Gott und Mensch so sehen, lernen wir, eine gemeinsame Basis für Respekt und Zusammenarbeit mit Andersdenkenden zu finden. Wenn ich zum Beispiel mit den Kommunisten in der DDR-Regierung zu tun hatte, deren Weltanschauung ich absolut nicht teile, herrschte trotzdem immer eine Atmosphäre von Fairneß und persönlichem Anstand. Anders ausgedrückt, ich betete darum, den Menschen zu sehen, den Gott geschaffen hat. Wenn ich diese höhere geistige Identität des anderen und meine eigene erkennen konnte und uns damit identifizierte, dann hatten wir eine Grundlage, auf der wir arbeiten konnten.

Ich bin mit Südafrikanern aus vielen Bevölkerungsgruppen zusammengekommen, alle waren sie freundlich und aufgeschlossen. Auch hier macht die Wahrnehmung des wahren geistigen Menschen in ihnen es erheblich leichter, eine Basis gegenseitigen Vertrauens und guter Zusammenarbeit zu schaffen. Auch glaube ich, daß eine solche Einstellung Gott und den Menschen gegenüber uns die Augen öffnet, so daß wir das Gute sehen, das der menschliche Sinn nicht erkennt. Eine geistigere Einstellung kann uns darauf vorbereiten, dieses Gute zu erkennen und es zu akzeptieren, wenn wir ihm begegnen.

Hier möchte ich betonen, daß ich — wie Ihnen sicher klar ist — keineswegs ein rosarotes Menschenbild zeichnen möchte. Es ist wichtig, daß wir „klug wie die Schlangen“ sind, wie die Bibel es ausdrückt, und nie die falsche sterbliche Auffassung vom Menschen annehmen oder ihr trauen. Darüber müssen wir uns ganz klar sein. Vielmehr müssen wir die Wirklichkeit des Gottesmenschen sehen lernen, die stets gegenwärtig ist. Wenn wir diese Wirklichkeit in unserem Denken und Fühlen zum Ausdruck bringen, erkennen wir die sterbliche Lüge — daß der Mensch materiell ist, getrennt von Gott, dem göttlichen Geist — als das, was sie ist, und nehmen ihr die Macht, uns zu schaden.

Ich glaube, Sie könnten sich den verschiedensten Gegebenheiten anpassen. Wie kommen Sie mit Regierungen oder Gruppen zurecht, mit deren Methoden Sie vielleicht nicht ganz einverstanden sind? Indem ich mir klar mache, daß ich an keine sterbliche Ideologie oder falsche Vorstellung von der Wirklichkeit, von Gott oder dem Menschen gebunden bin — und daß die anderen es ebensowenig sind. Ich habe das Recht und die Freiheit, ja, die Verantwortung, im Verkehr mit ihnen von meinem höchsten Begriff vom Menschen auszugehen und ihnen, so gut ich kann, zu helfen, das auch zu tun. Nicht einen Augenblick darf ich nachlassen in meiner Wachsamkeit gegenüber der Behauptung, es gebe eine Macht, die Gott, dem Guten, entgegengesetzt ist. Ich muß mich immer sorgfältig schützen, indem ich mir darüber klar bin, daß es nur eine leere Behauptung ist und daß das Trugbild — die falsche oder unwahre Identität des Menschen — mir nicht schaden kann. Man muß hellwach sein, um sich gegen diesen Anspruch zu verteidigen.

Ist es schwer, stets hellwach zu sein? Oder ist diese Wachsamkeit ein Teil der Disziplin, mit der Sie Ihre Arbeit im Gebet angehen? Ich würde sagen, es stellt Anforderungen an uns, aber es ist nicht schwierig. Jeden Morgen beginne ich mein Gebet zur Vorbereitung auf den Tag mit der wahren, geistigen Natur des Menschen. Ich bete für alle Menschen und für die besonderen Herausforderungen, denen ich mich im Laufe des Tages stellen muß.

Wie war es in der ehemaligen DDR so kurz vor dem Fall der Mauer? Die Mauer fiel nicht auf einmal. Sie war schon viele Jahre vorher porös geworden, und ich glaube, das, was sie porös gemacht hat, war die Arbeit der Christen, einschließlich der Christlichen Wissenschafter. Ich weiß, daß Christliche Wissenschafter im Osten und Westen Deutschlands und auf der ganzen Welt sehr tapfer daran arbeiteten, dieses Gefühl der Teilung zu überwinden — zu verstehen, daß der Irrtum nicht die Macht hat, die Wahrheit zu unterdrücken, ihre Kundwerdung zu unterbinden oder irgend jemanden von Gott zu trennen. Es ist unmöglich, jemanden durch eine Mauer von Gott zu trennen, und Gott war in der DDR ebenso gegenwärtig wie sonstwo auf der Welt. Dies, denke ich, lieb die Lüge löcherig werden. Die Mauer war eine Mauer aus Haß und Furcht und Mißtrauen, bevor sie aus Beton gebaut wurde. Und das Wegräumen von Haß, Furcht und Mißtrauen sowie ein besseres Verständnis der Wahrheit über Gott und den Menschen und der Freiheit des Menschen räumte auch die Mauer weg.

Hauptsorge vieler Länder ist heute, wie sie an Macht und Einfluß gewinnen können. Wie denken Sie über „Macht“? Als Christlicher Wissenschafter weiß ich, daß Macht allein von Gott ausgeht. Alle Macht ist von Gott. Doch die Christliche Wissenschaft habe ich einen ganz anderen Ansatz bei meiner Arbeit, denn der politische Machtbegriff — der menschliche politische Begriff — schließt Wettstreit und menschlichen Willen in sich. Sogar bei allem guten Willen sind menschliche Versuche, Übereinkommen zu treffen und Lösungen von Konflikten zu finden, oft vergeblich. Natürlich spielen hier auch militärische Macht oder andere Machtvorstellungen eine Rolle. Statt also nach einer menschlichen Lösung zu suchen und nach einem Plan, wie sie durchzusetzen ist, halte ich nach der harmonischen Wahrheit Ausschau, die bereits besteht. Ich weiß, die Lösung ist vor dem Problem da. Ich suche nach der Wirkung der göttlichen Ursache, statt mich mit der verwirrenden Komplexität menschlicher Ursachen, Wirkungen und Lösungen abzugeben. Ich vergegenwärtige mir, daß es nur eine Ursache gibt und daß die Wirkungen dieser ursache erkennbar sind.

Glauben Sie, daß Gebet — Ihr eigenes Gebet wie das Gebet anderer — den Menschen helfen kann, die mit Macht oder Machtlosigkeit konfrontiert sind? Ja, das kann es. Es ist nicht immer einfach, wenn es um politische Dinge geht — wenn für beide Seiten eine Menge Macht im Spiel ist oder es sich um große Weltprobleme zu handeln scheint. In diesen Bereichen ist es manchmal schwer, die Wirkung von Gebet ähnlich klar zu erkennen wie bei einer physischen Heilung oder der Lösung eines begrenzten, persönlichen Problems. Wenn Lösungen von weltpolitischer Tragweite gesucht werden, dann gibt es häufig keine unmittelbar überzeugenden äußeren Auswirkungen, die man als „Beweis“ dafür anführen könnte, daß die eigene Arbeit eine Situation in irgendeiner Weise positiv beeinflußt hat. Aber der heilende Einfluß des Gebets ist immer fühlbar. Situationen ändern sich, wenn man an ihnen arbeitet, und man sieht den Wandel.

Ein Beispiel: Nachdem ich auf Barbados und Grenada gewesen war, arbeitete ich im State Department. Es kam zu der militärischen Intervention auf Grenada, und ich arbeitete nach Dienstschluß noch freiwillig mit den Leuten, die die Sache in den Griff bekommen wollten. Zeitweilig war die Lage sehr verworren. Eine Weile hatte ich Funkkontakt zu den amerikanischen Studenten an der medizinischen Hochschule in Grenada. Sie lagen unter Beschuß, und ihre Situation war sehr bedrohlich.

Sie hatten jemanden, der Funkamateur war, und der schaffte es, eine Verbindung mit uns im State Department herzustellen, so daß ich mit ihnen sprechen konnte. Ich versuchte sie zu beruhigen und ihnen, so gut ich konnte, ein Gefühl von Schutz zu vermitteln in dieser offensichtlich sehr gefährlichen Lage.

Kurze Zeit vorher hatte ich innig gebetet, um die geistigen Wahrheiten zu erkennen, die helfen könnten, etwa eine Schußwunde zu heilen oder bei Gefahr durch Beschuß sicher zu sein. Und nun mußte ich mich ganz konkret mit diesen Dingen auseinandersetzen. Die Gedanken, mit denen ich für die Situation betete und arbeitete, waren die folgenden: Die Studenten waren unverletzbar, denn in ihrer wahren geistigen Individualität waren sie göttliche Ideen. Nichts Materielles konnte sie verletzen oder ihnen Schaden zufügen, der Schutz der göttlichen Liebe war um sie herum. Ich arbeitete daran, geistig zu verstehen, daß ihre Sicherheit nicht gefährdet sein konnte, unabhängig von der materiellen Situation, in der sie sich zu befinden schienen. Auch konnte kein Haß Herrschaft haben über sie oder sonst jemand in ihrer Lage. Natürlich kann und will ich nicht behaupten, daß meine Arbeit verantwortlich war für das, was geschah. Ich war einfach sehr, sehr dankbar, als diese Studenten endlich gerettet wurden. Sie mußten durch einen Hagel von Gewehrfeuer hindurch, aber keiner wurde in dieser kritischen Situation verletzt. In eben dieser Zeit erreichte mich auch ein Anruf von der Mutter eines der Studenten. Sie war in großer Angst und Sorge. Ich konnte sie trösten mit dem Gedanken, daß, wenn es auch keinen sichtbaren Schutz für die Studenten dort zu geben schien, ich doch sicher wußte, daß sie beschützt waren. Obwohl ich nicht direkt mit ihr über Gott sprach, so wußte ich doch, daß diese beschützende Macht gegenwärtig war. Und ich weiß, das tröstete sie.

Was Südafrika betrifft, so weiß ich, daß die christlich-wissenschaftlichen Kirchen hier — die, in der ich Mitglied bin, eingeschlossen — gegen den Anspruch sinnloser Gewalt arbeiten, daß sie beten, daß niemand verletzt werden kann und daß auch die positive Entwicklung dieser Gesellschaft in Richtung auf Frieden und Verständigung nicht gefährdet werden kann.

Wie hat Ihr Studium der Christlichen Wissenschaft Ihre Ansichten über Regierung und Staatsbürgertum beeinflußt? Etwas fiel mir auf, als ich in der damaligen DDR war. Es betraf meine diplomatische Immunität — die Tatsache, daß ich mich dort frei bewegen konnte, ohne mich durch irgend etwas, was um mich herum vorzugehen schien, bedroht zu fühlen und ohne den Gesetzen dieser Gesellschaft ausgeliefert zu sein; ich wußte, daß ich allein den Gesetzen meiner Regierung unterstand. Und es ging mir auf, daß das natürlich auch auf der metaphysischen Ebene gilt. Wir sind alle Bürger einer Regierung. Wir stehen alle unter der Herrschaft des göttlichen Gemüts.

Natürlich, im konkreten Fall,. .. sollte mich ein Polizist in dem Staat, in dem ich als Repräsentant der Regierung der Vereinigten Staaten lebte, festnehmen wollen. . ., da müßte ich meine diplomatische Immunität geltend machen. Ich müßte die Leute wissen lassen, wer ich bin. Ich müßte selber wissen, wer ich bin, und meine Immunität in Anspruch nehmen. Und mir wurde klar, daß wir alle Immunität besitzen, weil wir alle Bürger der göttlichen Regierung sind. Wir alle haben das Recht, geltend zu machen, daß wir allein einem höheren Gesetz, der göttlichen Oberhoheit, unterstehen und allein ihr treu sein müssen. Wir können uns weigern, irgendeine Macht anzuerkennen, die im Gegensatz zu dieser Macht steht, aber uns dabei auch bewußt sein, daß wir durch unsere Loyalität dieser Macht gegenüber nie einem anderen Menschen Schaden zufügen. Ganz im Gegenteil, wir helfen ihm.

In Ost-Berlin besuchte ich eine christlich-wissenschaftliche Gruppe, wo wir hin und wieder gemeinsam an metaphysischen Projekten arbeiteten, und mit diesem Gedanken arbeiteten wir viel. Als Christliche Wissenschafter beteten wir wirklich für die Gesellschaft. Niemand brauchte das zu fürchten, was wir taten. Die Christliche Wissenschaft war keine Bedrohung. Auch wenn sie die falsche Vorstellung von materieller Macht angreift, so kann sie doch nie eine Bedrohung für die Menschen sein, die an dieser falschen Vorstellung festhalten. Sie konnte die Menschen in der damaligen Regierung nur segnen, unabhängig davon, was für einen Begriff von Macht sie zu jener Zeit hatten.

Ich spürte, daß die Arbeit der Christlichen Wissenschafter und anderer Christen — insbesondere jener in der DDR —, die darauf zielte, die Furcht, das Gefühl der Unterdrückung, das Mißtrauen usw. zu überwinden, indem sie im Gebet an der Unverletztheit und Harmonie von Gott und Seiner Schöpfung festhielten, daß diese Arbeit dazu beitrug, den gewaltigen Fortschritt zu bewirken, den wir dort erlebt haben. Der folgende Satz aus Wissenschaft und Gesundheit trifft auf vieles zu, worüber wir gesprochen haben: „Menschlicher Haß hat keine gesetzmäßige Vollmacht und kein Reich.“ Daran muß ich oft denken — an die Ungesetzmäßigkeit von Haß.

Es gibt einen Vers in der Bibel, der mir in diesem Zusammenhang oft in den Sinn kommt. Nehemia baut die Mauern Jerusalems wieder auf, und seine Feinde versuchen ihn mit vielen Listen wegzulocken. Er aber sagt zu ihnen: „Für euch gibt es, keinen Anteil ,kein Anrecht noch Gedenken' hier.“ Also: „Ihr gehört einfach nicht in dieses Reich.“ Ich glaube, das bezieht sich nicht auf einzelne Menschen, sondern auf den Anspruch des Hasses. Haß hat keine Stätte, kein Mandat, keine legitime Macht und kein Reich.

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