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Was Demut für eine Heilung bedeutet

Aus der Juli 1991-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es War Kommunionssonntag. Der Erste Leser der Zweigkirche Christi, Wissenschafter, die ich besuchte, forderte die Gemeinde auf, zu stillem Gebet niederzuknien. Damals hatte ich die Sonntagsgottesdienste noch nicht oft besucht, und ich wußte nicht, daß das Niederknien zum Kommunionsgottesdienst gehörte. Darauf war ich nicht vorbereitet.

Ich wußte zwar, daß in einem Kommunionsgottesdienst der Christlichen Wissenschaft nicht im buchstäblichen Sinn Brot und Wein gereicht wurden. Und ich kannte auch das Kapitel „Versöhnung und Abendmahl" aus Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy, ein Kapitel, in dem die geistige Bedeutung des Sakraments Vollständig erläutert wird. „Unser Abendmahl ist geistige Gemeinschaft mit dem einen Gott", heißt es dort. „Unser Brot„ das vom Himmel kommt', ist Wahrheit. Unser Kelch ist das Kreuz. Unser Wein ist die Inspiration der Liebe, der Trunk, den unser Meister trank und seinen Nachfolgern anbefahl." Das konnte ich ohne weiteres akzeptieren. Doch solange ich nicht besser verstand, weshalb ich niederknien sollte, sah ich darin nur ein Zugeständnis an ein Ritual. Viele Jahre lang empfand ich einen inneren Widerstand dagegen.

Als ich eines Morgens, nachdem ich schon seit längerem sehr deprimiert gewesen war, nur mit Mühe aus dem Bett stieg, kam mir laut und klar der Gedanke: „Warum bist du nicht dazu bereit, niederzuknien?" Ich war verblüfft darüber. Fast augenblicklich fiel mir die biblische Geschichte von Naaman ein. „Aber er war aussätzig gewesen", sagte ich mir, „er litt nicht an Depressionen, und ihm fehlte es nicht an Energie."

Dem biblischen Bericht zufolge hatte Naaman einen guten Leumund. Er war ein bedeutender und ehrenhafter Oberbefehlshaber des aramäischen Heeres. In der Bibel heißt es aber: „Er war. .. jedoch aussätzig." Die junge Dienerin seiner Frau, eine Gefangene aus Israel, sagte ihrer Herrin, daß der Prophet Elisa ihn heilen könne. Naaman griff die Anregung des jungen Mädchens auf, doch lassen die nachfolgenden Ereignisse darauf schließen, daß er schon im vorhinein genau festgelegt hatte, wie die Heilung vor sich gehen sollte.

Er dachte, der Prophet selbst würde „zu mir herauskommen und hertreten und den Namen des Herrn, seines Gottes, anrufen und seine Hand hin zum Heiligtum erheben und mich so von dem Aussatz befreien" (2. Könige). Statt dessen überbrachte ein Bote die Anweisung, er solle sich siebenmal im Jordan waschen.

Naaman wurde zornig. Er war nicht nur von einem Untergebenen empfangen worden, nun wurde ihm auch noch bedeutet, er solle zum Jordan gehen anstatt zu den, wie er meinte, besseren Flüssen von Damaskus. Doch auch diesmal war der Befehlshaber bereit, auf seine Diener zu hören. Sie wiesen ihn darauf hin, daß er doch sicherlich „etwas Großes" getan hätte, hätte ihn der Prophet darum gebeten, warum also sollte er nicht auch dies tun? Naaman sah das offensichtlich ein. Er sperrte sich nicht länger und wusch sich, so wie es ihm der Prophet gesagt hatte. Und er wurde geheilt.

Als ich über Naaman nachdachte, wurde mir bewußt, daß sich seine Haltung und meine glichen. Auch ich war felsenfest davon überzeugt, daß alles so laufen müßte, wie ich mir das vorstellte. Was fehlte mir? Demut! Wir lesen im Lukasevangelium, daß Christus Jesus, unser Wegweiser, in der Nacht vor seiner Kreuzigung im Garten Gethsemane niederkniete und betete. Zeigte sich nicht daran symbolhaft seine Sanftmut, seine vollständige Empfänglichkeit, seine Bereitschaft, in Wort und Tat Gottes Weisung zu folgen?

Unser Verlangen, den menschlichen Willen dem göttlichen Willen unterzuordnen, ist an sich schon Gebet. Es ebnet der Heilung den Weg, öffnet unser Herz, damit wir Gottes Weisung empfangen können, die Fürsorge und Unterstützung, die Er uns ständig zukommen läßt.

Demut bedeutet nicht Schwäche, sondern Stärke. Es forderte Naaman sehr viel mehr ab, seinen Stolz zu unterdrücken und zum Jordan zu gehen, als sich in einem „seiner" Flüsse zu waschen. Demut weicht zurück vor jedem „Ich will", „Ich glaube", „Ich bestehe darauf" und fragt: „Welchen Plan hast Du für mich, Gott? Was soll ich hieraus lernen?" Das Aufgeben und Unterjochen des menschlichen Willens bringt Erneuerung und ermöglicht es uns, ungehindert von unserem vollen Potential und von den Fähigkeiten, die wir als Gottes geliebte Kinder besitzen, Gebrauch zu machen. Demut bedeutet nicht, daß wir für andere der Fußabstreifer sind. Demut ist eine starke Eigenschaft, die alles aus dem Weg räumt, was uns daran hindert, unsere geistige Identität zu erkennen und sich ihrer zu erfreuen. Sie zerstört ein falsches Ichgefühl.

Kann der Mensch einen Wesenszug oder eine Eigenschaft haben, die von Gott getrennt ist, wenn doch Gott die Quelle allen Seins ist? Nie und nimmer. Dann liegt es in unserer Natur, daß wir liebevoll und liebenswert sind, daß wir Integrität, Gesetzmäßigkeit, Spontaneität, Reinheit und Schönheit ausdrücken. Und echte Demut öffnet unser Auge für die geistige Einheit des Menschen mit Gott.

Obwohl wir während unserer täglichen Verrichtungen wohl kaum buchstäblich auf die Knie gehen, können wir doch jederzeit und allerorts die mentale Haltung einnehmen, die kennzeichnend für Gebet ist. Wir schauen zur Demut auf, nicht auf sie herab, denn sie bringt uns Gott näher. Demut bedeutet nicht nur eine „Bitthaltung", sondern sie ist eine innere Haltung des Dankens. Nehmen wir eine demütige Haltung ein, so kommt Dankbarkeit wie von selber auf. Mrs. Eddy sagt uns in ihrem Buch Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes: „Wenn die göttliche Liebe in ein demütiges Herz Einlaß findet, dann steigt dieser Mensch die Stufenleiter der Wunder hinan, und die wärmsten Wünsche von Menschen und Engeln kommen ihm entgegen."

Die ganze Welt hungert nach Heilung. Mit demütigem Herzen können wir diese „Stufenleiter der Wunder" hinaufsteigen und an solchen Heilungen teilhaben — zuerst individuell, dann kollektiv. Scheint uns diese Aufgabe angesichts der Probleme, die täglich in den Nachrichtenmedien beschrieben werden, zu schwierig zu bewältigen? Denken wir an die Probleme zu Jesu Zeiten — Armut, lähmende und lebensgefährliche Krankheiten, Habsucht, politische Unehrlichkeit, Tod. Kommen Ihnen diese Dinge nicht bekannt vor? In der Gegenwart des Christus vollzog sich Heilung.

Sein Lehren und Heilen waren nicht auf einen kleinen historischen Zeitabschnitt begrenzt. Sein Beispiel gilt für das Jetzt. Wenn wir demütig dazu bereit sind, in Wort und Tat ein christusgleiches Leben zu führen, werden wir ganz natürlich unseren Nächsten berühren. Es fängt schon damit an, was wir in diesem Augenblick denken, und geht weiter in jedem Augenblick unserer Stunden, Tage und Jahre. Das tägliche Studium der Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft; das Verlangen, das Rechte zu tun; das Befolgen der Zehn Gebote und der Bergpredigt Christi Jesu sowie der göttlich inspirierten Bestimmungen, die uns Mrs. Eddy im Handbuch Der Mutterkirche gegeben hat — all das hilft uns Schritt um Schritt die „Stufenleiter der Wunder" hinauf.

Und was geschah mit der Depression, die diese Gedanken über die Demut ausgelöst hatte? Sie verschwand und mit ihr der Widerstand gegen das Niederknien. Die Depression war geradezu der Widerstand gewesen! Beim nächsten Kommunionsgottesdienst war mein Herz mit Freude erfüllt. Das Gedicht „Kommunionslied" von Mary Baker Eddy beginnt mit den Fragen: „Seht ihr den Heiland? Hört ihr den Jubel? / Fühlt ihr die Kraft nah und fern?" (Vermischte Schriften)

Ohne zu zögern konnte ich darauf mit Ja! antworten.

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