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„Ich wollte einfach, daß alle mich mochten“

Aus der August 1991-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich Ging Vom Kindergarten bis zum ersten Monat der sechsten Klasse auf eine Privatschule. Mir gefiel es dort sehr gut. Ich verstand mich prima mit meinen Klassenkameraden; ich mochte meine Lehrer und meine Fächer. Alles war wunderschön, bis ...

Mein Vater beschloß, daß ich auf eine öffentliche Schule überwechseln sollte. Sie hatte einen ausgezeichneten Ruf und kostete im Gegensatz zur Privatschule kein Schulgeld. Mein Vater beabsichtigte, seine zwei Kinder (ich hatte einen älteren Bruder) aufs College zu schicken. Die Zeit schien gekommen, ernstlich mit dem Sparen zu beginnen.

Dafür hatte ich Verständnis. Was mir jedoch nicht behagte, war, daß ich überwechseln mußte, nachdem das reguläre Schuljahr schon begonnen hatte. Ich wußte, daß es ein unangenehmer Übergang werden würde, aber daß ich die Untiefen des Unangenehmen (anders läßt es sich nicht beschreiben) erleben würde, darauf war ich nicht vorbereitet.

Ich war sehr befangen; ich wollte einfach, daß alle mich mochten. Ja, ich erwartete, daß man mich mochte. Warum auch nicht? Nun, es fing damit an, daß ich Söckchen mit Stulpen trug (was sonst niemand in der Klasse tat), außerdem ein Stirnband (obiges gilt auch hierfür) und ein Kleid, das etwa zehn Zentimeter länger war als die Kleider all der anderen Schülerinnen. Man hätte mir ebensogut ein Schild umhängen können, auf dem stand: „Madora ist doof.”

Wenn meine Mitschüler mich nach meiner Religion fragten, hatten sie entweder noch nie etwas von der Christlichen Wissenschaft gehört, oder sie dachten, ich sei eben eine von denen, „die nicht zum Arzt gehen”. Ich versicherte ihnen, daß ich durchaus Vertrauen in die Ärzte hätte; das heißt, ich wußte, daß es sie gab und daß sie den Menschen helfen wollten. Ich ging eben nie zu einem. Diese Erklärung nützte nichts. Sie konnten einfach nicht verstehen, wie ich mich auf Gebet verlassen konnte, um geheilt zu werden. Auf dem Schild stand jetzt: „Madora ist blöd und doof.”

Im Laufe der Zeit wurde die Situation nur schlimmer. Während der folgenden drei Jahre wurde ich gehänselt oder wie Luft behandelt oder gedemütigt — und das täglich. Es hätte nichts genützt, wenn ich meinen Vater gebeten hätte, zu meiner früheren Schule zurückkehren zu dürfen (denn wenn er einmal eine Entscheidung getroffen hatte, dann blieb es dabei). Und irgendwie wußte ich, daß das auch nicht die Lösung war. Die Schule war sehr gut; der Unterrichtsstoff war schwierig. Ich wollte an der Schule bleiben. Und so beschloß ich, daß ich einfach alle meine Mitschüler heilen mußte! Schließlich war es ja ihr Problem, nicht meins — nicht wahr?

Nein. Anscheinend hatten sie keine Ahnung, daß mit ihnen etwas nicht in Ordnung war. Es störte sie überhaupt nicht, daß sie mich haßten und sich über mich lustig machten. Nach der Schule verbrachte ich viel Zeit in meinem Zimmer, wo ich manchmal betete, manchmal weinte und manchmal in der Bibel und in Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy las. Eines Tages stieß ich in Wissenschaft und Gesundheit auf eine Stelle, die wie für mich geschrieben war. Sie fing so an: „Wäre das Dasein ohne persönliche Freunde ein leeres Blatt für dich?” (Ja, dachte ich, das ist es!) Weiter hieß es: „Dann wird die Zeit kommen, wo du einsam sein und des Mitgefühls entbehren wirst; aber diese scheinbare Leere ist bereits von der göttlichen Liebe erfüllt.”

Während dieser Zeit begann ich unter starken Magenkrämpfen zu leiden. Manchmal waren sie so schlimm, daß ich vom Unterricht befreit werden mußte. Diese Anfälle konnten zu jeder Zeit und überall auftreten, waren aber am heftigsten, wenn ich „allein” in der Schule war. Jedesmal wenn sie auftraten, wandte ich mich um Hilfe an Gott und wiederholte im stillen „die wissenschaftliche Erklärung des Seins”, die auf Seite 468 in Wissenschaft und Gesundheit zu finden ist. Sie beginnt folgendermaßen: „Es ist kein Leben, keine Wahrheit, keine Intelligenz und keine Substanz in der Materie. Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung, denn Gott ist Alles-in-allem.” Gewöhnlich hörten die Schmerzen auf, wenn ich am Ende angelangt war.

Dann bekam ich eines Tages während des Geschichtsunterrichts sehr starke Magenschmerzen. Der Lehrer erlaubte mir, das Klassenzimmer zu verlassen. (War ich froh, daß ich das durfte!) So konnte ich allein sein und beten. Mir wurde klar, daß es keinen Sinn hatte, nur „die Worte aufzusagen”, die Mrs. Eddy geschrieben hatte, als ob sie eine Art Zauberformel wären, und dann zu erwarten, daß ich geheilt würde. Heilung jedoch konnte ich erwarten, denn die Worte, die ich sagte, waren wahr. Ich war in der Tat nicht materiell, sondern geistig, und das galt auch für alle anderen. Die Erklärung machte mich nicht zu etwas, was ich nicht schon vorher gewesen war. Sie erinnerte mich aber daran, wie ich wirklich war, und bekräftigte die Tatsache, daß das Wesen des Menschen gottgegeben und vollkommen ist. Das war das Ende der Magenschmerzen. Langsam verschwand auch die Furcht, daß die Anfälle wieder auftreten könnten, denn jeden Tag bekam mein Vertrauen in Gott neue geistige Impulse. Mir wurde klar, daß die Leere und Öde, die ich mein Leben nannte, von der göttlichen Liebe und von Heilung erfüllt war.

Zu diesem Zeitpunkt wurde ich auch Mitglied Der Mutterkirche. Auf diesen Schritt hatte ich mich schon als kleines Kind gefreut. Es gab mir das Gefühl, etwas Wunderbarem, Dauerhaftem und Gutem anzugehören. Aber ich mußte mich fragen: Wurde ich Mitglied, nur um zu sehen, was es mir bringen würde — nur um etwas anzugehören? Verlangte es nicht auch ein Geben? Die körperlichen Heilungen, die meine Angehörigen und ich erlebt hatten, bewiesen, daß Gott gut ist und daß mich nichts vom Guten trennen konnte. Wenn sich das schon vorher als wahr erwiesen hatte, mußte es dann nicht auch jetzt wahr sein, ganz gleich, wo ich zur Schule ging?

Das achte Schuljahr begann, und das Verhältnis zu meinen Klassenkameraden war so gut wie unverändert. Wenn man von einer Veränderung sprechen kann, dann war eher der absolute Tiefpunkt erreicht. Einmal wurde ich in der Turnhalle verprügelt, und dann boxte mir jemand ohne irgendwelchen Grund in den Magen, als ich den Korridor entlangging.

Unter Tränen wandte ich mich an Gott wie nie zuvor. „Ich will doch nur, daß sie mich mögen!” jammerte ich. Und dann kam mir der Gedanke: „Warum? Warum sollen sie dich mögen? Magst du sie denn wirklich?”

Natürlich nicht, dachte ich! Warum sollte ich das auch? Die sind so gemein zu mir; sie machen sich über mich lustig, ja sie prügeln mich sogar! Dann kam mir etwas in den Sinn, was Christus Jesus zu seinen Nachfolgern gesagt hatte, nämlich: „Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, die euch beleidigen und verfolgen.”

Liebte ich meine Klassenkameraden? Nicht, wenn ich sie für gehässig und voreingenommen hielt. Nicht, wenn mir nur daran lag, daß sie mich mochten. An jenem Nachmittag las ich nochmals die Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit über Freunde. Jetzt verstand ich sie anders. Mrs. Eddy schien nicht gesagt zu haben, daß es falsch ist, Freunde zu haben. Nein, aber die selbstsüchtige, persönliche Vorstellung, die ich von „meinen” Freunden hatte, mußte einem tieferen und besseren Begriff von dem, was Liebe wirklich ist, weichen. Ich sah ein, daß lieben heißt, in meinen Gedanken Gott, und nicht mich, in den Mittelpunkt zu stellen. Ich hatte fast drei Jahre damit zugebracht, nur an mich zu denken. Dieses Denken mußte sich ändern, und ich wußte, daß es sich ändern konnte — und zwar sofort!

Damit begann für mich die Heilung. Von diesem Tag an betete ich wirklich darum, nur zu lieben — die Jungen und Mädchen, die Schule, einfach alles, was ich sah. Und je mehr ich liebte, um so mehr fühlte ich mich von Liebe umgeben. Denn alle wirkliche Liebe kommt von Gott, und Gott liebt immer Seinen Ausdruck, den Menschen. Bald hörte das ständige Schikanieren auf. Nicht über Nacht, aber es hörte auf. Wir alle brachten einander Respekt entgegen. Ein Mädchen sagte mir sogar: „Ich weiß gar nicht, warum wir all die Jahre so gemein zu dir waren.” Ich freute mich wirklich sehr darüber, aber es bedeutete mir bei weitem nicht so viel wie das, was ich über das wahre Wesen der Liebe lernte. Liebe ist immer gegenwärtig, weil Gott immer gegenwärtig ist, aber wir fühlen sie nur, wenn wir sie zum Ausdruck bringen. Wenn Gott Liebe ist, dann ist Gott die Quelle aller wahren Liebe und die Voraussetzung dafür; und der Mensch, Sein Ebenbild, ist von der göttlichen Liebe untrennbar.

Im darauffolgenden Jahr wechselte ich auf die Oberschule über. Es war herrlich! Neue Herausforderungen, neue Freunde. Und wißt ihr, was dann passierte? Im zweiten Jahr wechselte ich aufgrund der Tätigkeit meines Vaters auf eine neue Schule in einem anderen Land über! Aber ich hatte meine Lektion bereits gelernt. Der Übergang war leicht; die Mitschüler waren richtig nett.

Warum? Weil ich sie einfach liebte.

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