Großmutter war bei uns zu Besuch und fragte mich, was ich werden möchte, wenn ich erwachsen bin. „Ausüberin der Christlichen Wissenschaft — wie du“, sagte ich. (Großmutter half nämlich durch Gebet den Leuten, die sie darum baten. Sie wußte, wie Gebet heilt, und ihr Name stand im Ausüberverzeichnis des Christian Science Journals.) Großmutter lächelte und meinte, daß ich nicht damit zu warten brauche, bis ich groß bin. Ich könne schon jetzt lernen, Ausüberin der Christlichen Wissenschaft zu sein. „Fang jetzt gleich damit an“, sagte sie.
Ich muß sehr überrascht ausgesehen haben, denn sie sagte, ich solle „meine Bücher“ holen (sie meinte meine Bibel und Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy; ich hatte meine eigenen — in Rot). Ich holte sie, und sie zeigte mir das Siegel mit Kreuz und Krone vorn auf Wissenschaft und Gesundheit. Im Kreis um das Siegel herum steht, was Jesus gesagt hat — „Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus“ (Mt 10:8). Dann zeigte sie mir eine Stelle in Wissenschaft und Gesundheit, wo Mrs. Eddy sagt, daß auch Kinder heilen können (siehe Seite 37, Zeile 26–30).
„Was du schon über Gott weißt, reicht aus, um zu heilen“, erklärte sie mir. „Aber du mußt es wirklich wissen, nicht bloß sagen. Ein Echo wiederholt Worte, aber du mußt verstehen, was sie wirklich bedeuten, und das heilt.“ Dann wollte sie wissen: „Was weißt du denn über Gott?“
Das war leicht. „Also: Er ist Liebe. Das weiß ich.“ (Das war das allererste, was ich in der Sonntagsschule gelernt hatte.) „Und Er ist überall.“ Ich hätte noch lange weitermachen können, aber Großmutter unterbrach mich.
„Das reicht schon, um zu heilen, so allmächtig ist Gott“, erklärte sie mir, „aber du mußt es wissen und die Worte nicht nur wie ein Echo wiederholen. Denk darüber nach, was das alles für dich bedeutet. Denk dauernd darüber nach, und laß all dein Tun zeigen, daß du weißt, daß Gott allmächtig ist. Dann wirst du ein guter Heiler sein und nicht nur ein Echo.“
An dem Abend spielte ich vor dem Zubettgehen Sonntagsschule. Ich setzte alle meine Puppen im Halbkreis um mich herum auf den Fußboden und zeigte ihnen das Kreuz-und-Krone-Siegel auf Wissenschaft und Gesundheit. Ich erzählte ihnen alles, was Großmutter mir erklärt hatte, und alles über Gottes Liebe und Fürsorge für Seine ganze Schöpfung und daß sie nie in eine Lage kommen könnten, wo Er nicht bei ihnen ist, um ihnen zu helfen.
„Also“, sagte ich, „wenn ihr je Angst habt oder euch krank oder traurig fühlt, wütend oder beunruhigt seid, dann hört gleich damit auf und wißt, daß Gottes Liebe zu euch viel, viel größer ist als solche Gefühle! Und wenn ihr Gott mehr liebt und Ihm mehr vertraut als allem anderen und euch klar ist, daß Er alle Seine Kinder so gut und vollkommen wie sich selbst gemacht hat, dann werdet ihr keine Angst mehr haben und euch nicht länger krank oder schlecht fühlen. Denn wenn ihr wißt, was wirklich wahr ist, kommt die Heilung. Denkt daran: Ihr seid kein Echo. Ihr seid Heiler.“ Meine Mutter hörte das zufällig mit an, und als sie mich später zudeckte, sagte sie mir, ich sei eine gute kleine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft.
Aber ein paar Tage später in der Schule fühlte ich mich sehr krank, und meine Lehrerin schickte mich zur Schulschwester. Die Schwester rief meine Mutter an, sie solle kommen und mich nach Hause holen. Ich hörte, wie sie Mutti erklärte, ich hätte Scharlach.
Das war meine große Gelegenheit zu heilen! Auf dem ganzen Heimweg sang Mutti mir das Lied über Gottes „holde Gegenwart“ vor. (Es ist Lied Nr. 207 aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, und die Worte sind von Mary Baker Eddy.) Als wir heimkamen, kroch ich mit meiner Bibel und Wissenschaft und Gesundheit ins Bett und versuchte, Gottes „holde Gegenwart“ um mich herum zu spüren. Aber irgendwie brachte ich es nicht richtig fertig. Großmutter besuchte mich und umarmte mich zärtlich, aber ich weinte nur. „Ich habe gedacht, ich kenne Gott, aber ich bin doch bloß ein Echo“, jammerte ich.
„O nein, du bist nicht nur ein Echo“, sagte sie bestimmt. „Du bist Gottes Kind. Und du verstehst Gott. Und das hier ist ein Fall, wo du wissen mußt, daß du Ihn verstehst.“ Sie erklärte mir: „Du kannst Gott verstehen, weil Er göttliches Gemüt ist und weil Er hier gegenwärtig ist und dir jeden Gedanken gibt, den du brauchst, damit du getröstet wirst und stark bleibst.“ Großmutter war sich der Liebe Gottes immer so sicher; man merkte das an ihrem Gesicht, an ihrer Stimme, einfach an allem. Und da fühlte auch ich Gottes Liebe, und das tröstete mich.
„Gott selbst hat dir die Vollmacht gegeben, Ihn zu erkennen“, sagte Großmutter. „Alles, was du über Ihn aus der Bibel gelernt hast — daß Er jetzt hier ist, daß Er allmächtig und völlig gut ist —, alle diese Wahrheiten hat dir Gott selbst gegeben. Gottes Wahrheit heilt. Und alles andere ist eine Lüge und hat überhaupt keine Macht.“
Ehe Großmutter wegging, zeigte sie mir noch einen Vers in der Bibel (Ps 46:6): „Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie fest bleiben; Gott hilft ihr früh am Morgen.“
„Das verspricht dir Gott — hier und jetzt“, erklärte sie mir. „Gott hilft dir dabei, zu wissen, daß Er dich für immer vollkommen und gut gemacht hat.“ Dann drückte sie mir ganz sanft die Hand und sagte: „Denk darüber nach.“
Das tat ich. Ich fühlte mich ruhig und glücklich, denn ich wußte, daß Gott immer genau da ist, wo ich bin. Darum würde ich „fest bleiben“ — nichts konnte mich dazu bringen, Seine Liebe zu vergessen. Und „früh am Morgen“ bedeutete für mich „jetzt“. Ich weiß noch, daß ich mit dem Gedanken an Gottes liebevolle Fürsorge für alle Seine Kinder einschlief.
Am nächsten Morgen war alles wieder vollständig in Ordnung, und ich machte mich für die Schule fertig. Aber Mutti erklärte mir, daß ich nicht gehen dürfe. Es gibt ein Gesetz, daß man bei Scharlach eine bestimmte Zeit zu Hause bleiben muß. Also gehorchten wir dem Gesetz, und ich blieb zu Hause, obwohl ich gar nicht mehr krank war. Meine Lehrerin schickte mir die Hausaufgaben nach Hause, und ich erledigte sie. Ich backte Plätzchen mit Mutti und unterhielt mich nach der Schule per Telefon mit meiner Freundin Janice.
Und ich spielte mit meinen Puppen Sonntagsschule. Ich erklärte ihnen: „Ich habe etwas Wichtiges über das Heilen gelernt. Manchmal möchte man und muß man unbedingt erkennen, daß Gott Alles ist — und gerade dann kommt es einem alles wie leere Worte vor. Wenn das passiert, dann haltet auf der Stelle inne und wißt, daß die Wahrheit über Gott, die ihr aus der Bibel gelernt habt, von Gott selbst stammt! Deshalb ist sie selbstverständlich wahr, und daß Wahrheit wahr ist, kann man beweisen.
Vergeßt nicht, Gott nahe zu bleiben — lernt Ihn immer besser kennen, hört nie auf, Ihm zu vertrauen und Ihn zu lieben. Dann fühlt ihr, wie Gottes Liebe euch umgibt, und Gottes Liebe heilt. Wieso ich das alles weiß? Großmutter hat es mir gesagt, und außerdem habe ich es gerade selbst bewiesen.“
