Gibt Es Etwas Wunderbareres, als zu beobachten, wie ein Kind heranwächst? Da ist der Jubel über die ersten Schritte, das Glück, dem zufriedenen Babbeln und Gluckern eines Babys zuzuhören, und die stille Freude zu sehen, wie das Kind nach einem aufregenden Tag gelöst und friedlich schläft. Manchmal wird uns dann, wenn am Abend Ruhe im Haus einzieht, ganz plötzlich wieder bewußt, daß dieses Kind ohne Gebrauchsanweisung, ohne Benutzerhandbuch, ohne „Wie mache ich es richtig?“-Ratgeber zu uns gekommen ist. Und doch haben die Eltern die größte aller Verpflichtungen, nämlich die, ein Kind mit Sorgfalt großzuziehen.
Neulich schaute ich mich in einem Buchladen in unserer Stadt um. Ungefähr fünf Meter Regal waren vollgestopft mit Büchern über Kindererziehung. Es herrscht also kein Mangel an guten Ratschlägen. Als ich jedoch einige Bücher zum Thema „Vorschulkinder“ etwas genauer anschaute, wurde mir bald klar, daß man seine Auswahl unter vielen gänzlich unterschiedlichen Erziehungsmethoden zu treffen hat: Jeder Autor hat da seine ganz persönlichen Ansichten. Wie also trifft man seine Wahl? Wie kann man wissen, daß man es richtig macht?
Um solche Fragen zu beantworten, müssen wir erst einmal einen verläßlichen Ausgangspunkt finden. Die Bibel gibt uns in den Psalmen einen Hinweis. Dort heißt es: „Erkennet, daß der Herr Gott ist! Er hat uns gemacht und nicht wir selbst zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.“ Ps 100:3. In diesem einen Satz steckt mehr grundsätzliche Information als in allen Büchern über Kindererziehung in der Buchhandlung. Das ist zwar eine sehr kühne Behauptung, aber hier zeigt sich auch, welch unermeßlichen Wert die Bibel als Ratgeber für uns alle hat. Dieser Vers lehrt uns etwas über unseren wirklichen Ursprung, darüber, was unseren Charakter und unser Wesen bestimmt und wer über unsere Entwicklung wacht. Er sagt uns, auf wen wir uns verlassen können. Er öffnet unsere Augen für den göttlichen Beistand, der immer da ist.
Junge Eltern sind manchmal geradezu verblüfft über das, was sie da hervorgebracht haben. Doch um ein Kind mit Sorgfalt zu erziehen, müssen sich die Eltern von diesem Glauben an menschliche Urheberschaft lösen und sich und ihr Baby besser als Kinder Gottes begreifen lernen. Dann nämlich stehen der Familie augenblicklich alle göttlichen Hilfsquellen zur Verfügung. Schon bald nach der Geburt stellen Freunde und Verwandte entzückt fest, daß das Baby ganz wie seine Mami aussieht oder sich genauso wie Tante Liese oder Onkel Ralf benimmt. Wenn wir jedoch erkennen, daß wir alle einen Vater–Mutter Gott haben, einen Schöpfer, dann ist uns klar, daß das Kind keine materiellen Eigenschaften geerbt haben kann; seine Eigenschaften sind ganz und gar geistig und gut, denn sie stammen von Gott, dem einen Gemüt. Damit haben wir eine feste Grundlage, von der aus wir demonstrieren können, daß das göttliche Gemüt — und nur das göttliche Gemüt — die Gesundheit, das Befinden, die Intelligenz und den Charakter des Kindes bestimmt.
Die Erkenntnis, daß jeder von uns in Wahrheit ein Kind Gottes ist, bringt unendlich viel Gutes in unser Leben. Und wenn wir Gottes Fürsorge anerkennen, werden wir ganz konkret erleben, wie Sein Gesetz wirkt. Gott sorgt für Seine Ideen, Seine Kinder. Die Christliche Wissenschaft sagt, daß Er alles, was Er erschafft, auch regiert und beschützt. Das Gesetz oder die Regierung der göttlichen Liebe ist stets aktiv, stets gegenwärtig. Wenn wir Gottes Gesetz lieben, entfaltet sich im Kind eine ganz selbstverständliche Liebe zum Guten und Gehorsam gegenüber dem Guten. Die Wissenschaft zeigt, daß das göttliche Prinzip, Liebe, der einzige bestimmende Einfluß in unserem Leben ist; allein Prinzip beeinflußt die Entwicklung oder Entfaltung der Ideen Gottes. Die Aufgabe aller Eltern ist es, diese Tatsachen in die Praxis umzusetzen.
So fragen sich zum Beispiel manche Eltern, wie sie sich verhalten sollen, wenn ihre Kinder launisch oder eigensinnig sind. Widerspenstigkeit, Ungehorsam oder Wutausbrüche können uns den Tag gründlich verderben. Manchmal hängt der Eigensinn oder die Aufsässigkeit eines Kindes mit unserer tiefsitzenden Überzeugung zusammen, daß das Kind lediglich ein biologischer und chemischer Organismus mit einem unabhängigen Ego ist. Bewußt denken wir so etwas vielleicht nie, aber diese Theorie ist weitverbreitet und öffnet einer ganzen Flut von Verhaltensstörungen Tür und Tor. Und wenn wir unseren Willen gegen den des Kindes setzen, weil wir glauben, das sei der einzige Ausweg, dann wird sich nicht viel ändern.
Die Christliche Wissenschaft weist uns einen ganz anderen und viel erfolgreicheren Weg. Sie hilft uns verstehen, daß, wenn der Mensch Gottes Kind ist (und das ist er), die Existenz dieses Kindes eine Antwort auf die ständige göttliche Forderung des Schöpfers ist, daß der Mensch Ihm gleich sei. Somit hat der Mensch keine vom Göttlichen abweichende oder von ihm getrennte Existenz oder Natur. Die Bibel drückt das so aus: „Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.” Phil 2:13. Die Macht Gottes bringt im Menschen Güte, Ehrlichkeit, Selbstlosigkeit, Gehorsam, Ordnung und Liebe hervor. Diese christusähnlichen Eigenschaften sind im Menschen Gottes unablässig am Werk. Wenn ein Kind einen Wutanfall bekommt, können wir die Annahme zurückweisen, daß menschlicher Wille über ein Kind verfügen oder es regieren kann, weil allein Gott, das immergegenwärtige Gute, den Menschen regiert.
Die göttliche Forderung, daß der Mensch Gottes Ebenbild sei, ist nie aufgehoben worden. Wir sollten uns bemühen, uns der Allmacht und Allgewalt dieser Forderung immer mehr bewußt zu werden. Tun wir das, so läßt Christus — der göttliche Einfluß im menschlichen Bewußtsein — uns die unwiderstehliche, nie wankende, ununterdrückbare Macht Gottes besser verstehen, der Seine Idee des Guten und der Harmonie hervorbringt. Die Erkenntnis, daß Gott, das Gute, allerhaben herrscht, leugnet und zerstört jede scheinbare Autorität oder Fähigkeit des menschlichen Eigensinns, ein Kind zu berühren oder zu beeinflussen. Gottes sich selbst offenbarendes Wirken läßt uns die unveränderliche Einheit Seiner Kinder mit Ihm erkennen — eine Einheit in der Beschaffenheit und im Wesen. Und das gibt uns allen Frieden und verleiht unserem Heim Harmonie.
Ist es denn so schwer zu glauben, daß die göttliche Macht, die die Erde in ihre Umlaufbahn gesandt hat, auch ein Kind in der Umlaufbahn Seiner Liebe erhalten kann? Wie die Bibel uns sagt, sind wir „die Schafe seiner Weide”. Die zarte Fürsorge der göttlichen Liebe — oder aber ihre heilsame Zuchtrute — lassen uns nicht vom Pfad des Gehorsams weichen, einem Pfad, auf dem wir und unsere Kinder das Wesen der Gottheit getreu widerspiegeln. Die christliche Erfahrung lehrt uns, was Allmacht bedeutet. Niemand kann sich aus Gottes Reichweite entfernen. Niemand kann Seiner unfehlbaren Hilfe verlustig gehen. Und wenn wir erkennen, daß Gott die eine und einzige Macht ist, werden wir verstehen, daß Eigensinn oder Aufsässigkeit lediglich die Suggestion ist, daß es noch eine andere Macht oder einen anderen Einfluß neben dem Göttlichen geben könne. Da wir aber wissen, daß dies unmöglich ist, können wir uns an Christus, Wahrheit, das Gesetz Gottes, wenden, bei dem wir schnell und sicher Hilfe finden.
In Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mary Baker Eddy: „Die Kinder Gottes haben nur ein Gemüt. Wie kann Gutes in Böses verfallen, wenn Gott, das Gemüt des Menschen, niemals sündigt? Die Norm der Vollkommenheit war ursprünglich Gott und der Mensch. Hat Gott Seine eigene Norm herabgesetzt, und ist der Mensch gefallen?
Gott ist der Schöpfer der Menschen, und da das göttliche Prinzip des Menschen vollkommen bleibt, bleibt die göttliche Idee oder Widerspiegelung, der Mensch, vollkommen.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 470. Das zu verstehen bringt uns und unseren Kindern Segen, und so werden unsere Familien Tag für Tag Beweise dafür erleben, daß der zu Gottes Ebenbild erschaffene Mensch gut ist.