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Interviews mit Ausübern der Christlichen Wissenschaft

„Meine Familie segnete meine Praxis, und meine Praxis segnete meine Familie“

Aus der November 1994-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie vereinbaren Ausüber der Christlichen Wissenschaft, die eine Familie haben, die Anforderungen des Familienlebens mit einer Berufung, die lange und unregelmäßige Arbeitsstunden — und oft Arbeit an Wochenenden und Abenden — bedeuten kann? Den Gesprächen nach zu urteilen, die wir unlängst mit einigen Ausübern führten, lautet die einfachste Antwort: „Durch Gebet“.

Recht oft ist die Praxis eine Familienangelegenheit, und die Anpassungsfähigkeit von Ehepartnern und Kindern sowie ihre Unterstützung bedeuten viel. Die Frau eines sehr beschäftigten Ausübers erinnerte sich zum Beispiel an ein Familienpicknick, kurz bevor ihr Sohn für ein Jahr ins Ausland reisen sollte. Ihr Mann erwartete einen Anruf von einem Patienten. Als sich der Anruf verspätete, mußten die Pläne, an den Strand zu fahren, aufgegeben werden. Der Mann zog sich zur Arbeit in sein Büro zurück, während die restliche Familie im Eßzimmer picknickte. Die Frau erinnerte sich, wie alle ziemlich niedergeschlagen waren — bis sie sich darauf besannen, daß das Glück der gesamten Familie daher stammte, daß sie einander in selbstlosem Dienst und Gehorsam gegenüber Gottes Führung unterstützten. Der Nachmittag entwickelte sich schließlich zu einem besonders unvergeßlichen spontanen Ausflug.

Die Familie bedeutet mir sehr viel. Als ich überlegte, ob ich Anrufe mit der Bitte um christlich-wissenschaftliche Behandlung annehmen sollte, fragte ich mich auch, ob sich dies mit meinen Verpflichtungen der Familie gegenüber vereinbaren ließe. Ich fragte mich, ob die Praxis mich von meiner Familie trennen würde.

Während meiner zweiten Schwangerschaft klingelte einmal das Telefon, als ich gerade mit meinem kleinen Kind zur Tür hereinkam, die Arme beladen mit Einkäufen. Ich rannte zum Telefon; es war eine Sonntagsschülerin, die sagte, sie habe gerade einen Fahrradunfall gehabt, und sie fragte, ob ich für sie beten würde. Ich erwartete in kurzer Zeit Besuch, das Essen mußte vorbereitet werden, und ich dachte: „Mein lieber Vater, woher nehme ich mir die Zeit dafür?“ Und die Antwort kam: „Du hast jetzt Zeit dafür.“ So sagte ich ihr, ich würde für sie beten. Ich hatte fünf Minuten, bevor ich mit dem Kochen beginnen mußte; also setzte ich mich und begann zu beten. Und als ich das Essen zurichten mußte, stand ich auf, und das Telefon klingelte. Das Mädchen war geheilt.

Mein Kind war bei mir, alles kam auf einmal — das zeigte mir, daß wir beten können, wo immer wir auch sind, und daß Gott uns die Zeit gibt, die wir dazu brauchen. Manchmal benötigen wir viel mehr als fünf Minuten, aber ich erkannte, daß es gar keine Frage der Zeit war. Es war eine Frage der Liebe. Mir wurde klar, daß ich die Zeit haben würde, wenn ich die Liebe hatte, und es würde mit nichts in Konflikt geraten, was sonst zu tun war. Ich begann zu verstehen, daß meine Ausübertätigkeit meine Kinder segnen würde.

Ich arbeitete mit dem Gedanken von Rhythmus — daß Gott einen vollkommenen Rhythmus für die Ereignisse in unserem Leben festlegt und daß die Bitten um Seine Hilfe niemals miteinander oder mit anderen rechten Tätigkeiten kollidieren können. Wenn die Dinge manchmal nicht in einem ruhigen Rhythmus zu laufen schienen, betete ich viel mit der Erklärung Mrs. Eddys in Wissenschaft und Gesundheit: „Unsere Unwissenheit über Gott, das göttliche Prinzip, bringt scheinbare Disharmonie hervor, und das richtige Verständnis von Ihm stellt die Harmonie wieder her.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 390. Ich begann jede scheinbare Disharmonie als mangelndes Verständnis von Gott oder als Leugnung eines Aspektes von Gott zu betrachten.

Dadurch, daß ich in die Ausübung ging, als unsere Kinder noch klein waren, lernte ich, daß die Praxis keine vom Leben getrennte Aktivität ist. Als Ausüber tätig zu sein bedeutet grundsätzlich, ein Leben der Liebe zu leben. Mein Leben war nicht geteilt. Ich war nicht einmal Mutter und ein andermal Ausüberin. Ich versah immer das Amt der Ausüberin, denn die Pflicht eines Ausübers ist, zu lieben, ja Gott so selbstverständlich zu lieben, daß wir Gottes Schöpfung, einschließlich des Menschen, so sehen, wie Er sie gemacht hat. Das ist für mich der Kern des Heilens.

Zunächst nahm ich hauptsächlich Anrufe um Hilfe entgegen, wenn die Kinder ihren Mittagsschlaf hielten. Meine Praxis vergrößerte sich. Als dann beide Kinder zur Schule gingen, hatte ich regelmäßige Bürostunden. Ich bewarb mich um eine Anzeige im The Christian Science Journal [einer monatlich erscheinenden englischsprachigen Zeitschrift, die von der Christlich-Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft herausgegeben wird] und fand ein Büro außerhalb unseres Hauses. Im Laufe der Jahre habe ich erfahren, daß meine Familie meine Praxis segnete und meine Praxis meine Familie segnete.


Ich war für einige Stunden am Tag mit der öffentlichen Ausübung der Christlichen Wissenschaft beschäftigt, und ich glaubte, daß es an der Zeit war, mich ganz der Praxis zu widmen. Meine Frau und ich fuhren mit unseren vier Kindern für zwei Wochen nach Vermont, wo wir die ganze Situation und alle Probleme besprachen, die dadurch entstehen konnten, daß ich meinen Beruf aufgab. Und wir alle stimmten überein, daß ich es tun sollte.

Wir entschlossen uns, eine Farm zu kaufen, und zogen dort hin. Wir dachten, wir könnten das Land verpachten, um die Steuern zu zahlen, und falls notwendig, könnten wir selbst anbauen, was wir zum Essen brauchten.

Es gab viele Gelegenheiten zu beweisen, daß der Gott, der mich in die öffentliche heilende Ausübung der Christlichen Wissenschaft geführt hatte, derselbe Gott war, der alle Bedürfnisse unserer Familie stillte. Als zum Beispiel für unseren ältesten Sohn die Zeit kam, aufs College zu gehen, plante er, eine Hochschule in New Jersey zu besuchen. Es war mein College, meine Alma mater. Bevor ich in die Praxis gegangen war, hatte ich anläßlich unseres 25. Klassentreffens meinem College ein Geschenk versprochen; ich hatte mich verbürgt, eine bestimmte Summe zu spenden. Es war nun an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen, aber es schien unmöglich. Hier war mein Sohn, der hoffte, diese Hochschule zu besuchen; und wenn ich das Geschenk machte, würde das praktisch bedeuten, daß wir ihn der Mittel beraubten, die er für seine Ausbildung benötigte. Aber ich war überzeugt, daß ich das versprochene Geld senden sollte. Ich wußte, wenn ich tat, was richtig war, würde ich — oder meine Familie — dadurch nichts Gutes verlieren. So löste ich eine Lebensversicherung ein, die ich besaß, und benutzte die Summe für das Geschenk. Und innerhalb von sechs Monaten erhielt mein Sohn ein Stipendium, das seine Ausgaben deckte.

Alle vier Söhne gingen auf ein College ihrer Wahl. Gott versorgt uns tatsächlich. Und die Jungen lernten das auch. Sie lernten, daß sie, auch wenn die Mittel nicht für vier Jahre auszureichen schienen, dennoch beginnen konnten und sich ein Weg auftun würde.

Es kann schon vorkommen, daß einen das Gefühl beschleicht, man enthalte vielleicht seiner Familie etwas vor, wenn man in der Praxis ist. Dann muß man wirklich hart arbeiten, um dafür zu sorgen, daß das nicht geschieht, und klar zu erkennen, daß die Familie nichts entbehren muß, weil das Gute für den einen nicht Mangel für den anderen bedeuten kann, und daß das Gute, das man tut, nicht etwas verzögern kann, was für sie notwendig ist. Das ist das Gesetz Gottes, das Gesetz der göttlichen Liebe. Meine Familie litt in keiner Weise dadurch, daß ich in die Praxis ging. Uns mangelte nie etwas. Wir hatten keine Reichtümer, aber wir spürten Gottes überfließende Güte. Wir lernten, unser volles Vertrauen in die Tatsache zu setzen, daß unsere Bedürfnisse gestillt werden, weil sie bereits geistig gestillt sind, und es ist unsere Freude, dies menschlich auszuarbeiten, es wertzuschätzen und vorwärtszuschreiten.


Wir sprachen mit einem der erwähnten vier Söhne. Er ist inzwischen verheiratet und hat selbst zwei kleine Kinder. Die Zeit, die sein Vater beschrieb, sah er aus einem etwas anderen Blickwinkel, mit den Augen eines Teenagers.

Ich war das zweite von vier Kindern und fünfzehn Jahre alt, als mein Vater sich entschloß, ganz in die Praxis zu gehen. Obwohl ich sage, daß er sich dazu entschloß, war es doch eigentlich ein Familienbeschluß. Meine Eltern erklärten uns, daß es — zumindest anfangs — offensichtlich einen anderen Lebensstandard bedeute, da mein Vater vom stellvertretenden Direktor einer Firma zum Ausüber wechseln würde. So sprachen wir darüber, was es mit sich bringen würde.

Menschlich gesehen, bedeutete es, daß wir weniger zum Essen ausgingen, weniger Dinge kauften. Meine Brüder und ich wollten schon immer auf einer Farm leben. Meine Eltern erwarben diese Farm; und wir bauten Gemüse selbst an und weckten es ein usw., um uns über die Runden zu helfen.

Als ich sechzehn war, nahm ich einen Job an, um Geld für ein Hochschulstudium zurückzulegen. Ich sparte mir tausend Dollar zusammen. Das reichte für mein Flugticket und das erste Semester. Ich dachte: „Gut, ich werde losziehen, dann habe ich wenigstens ein Semester mitgemacht, und danach werde ich weitersehen.“ Ich war in der Lage, genug nebenbei und während der Semesterferien zu verdienen, und ich erhielt ausreichende Kredite, so daß ich mein Studium abschließen konnte und alle meine Bedürfnisse gestillt wurden.

Eigentlich gab es nie dabei Furcht. Ich hatte gesehen, wie meine Eltern alles ausarbeiteten, und es gab nicht diese Furcht: „Ich habe nicht genug Geld“, weil ich gesehen hatte, wie man jeden Schritt tut und auf Gott wartet. Ich sah einfach die Dinge nicht so sehr im Sinne von Dollar und Cent. Uns wurde auf viele Weise Hilfe zuteil. Es boten sich die verschiedensten Möglichkeiten für uns vier Kinder, und Geld war dazu nicht unbedingt erforderlich. Heute schaue ich zurück auf all das, was ich tun konnte, und frage mich fast erstaunt: „Ich hatte doch eigentlich gar kein Geld, wie habe ich das bloß gemacht?“ Natürlich habe ich es nicht getan. Gemüt hatte mich versorgt.

Nein, wir sind wirklich nicht zu kurz gekommen. Wir erlebten so viel Schönes. Die Weihnachtsfeste zum Beispiel: Es gab nicht so viele Geschenke, aber wir empfanden mehr die Freude, den Sinn des Gebens, die eigentliche, wahre Bedeutung von Weihnachten; wir waren dankbar für das Kommen des Christus. Ich erinnere mich auch an andere Weihnachtsfeste, aber die Weihnachtsfeste, nachdem Vater in die Praxis ging, die schätze ich am meisten. Sie brachten uns als Familie enger zusammen, weil wir uns alle bemühten, einander zu helfen, und weil wir uns alle auf Gott verlassen mußten. Ich erinnere mich, daß Weihnachten viel mehr bedeutete als zuvor, und es hatte nichts mit Geschenken zu tun. Ich weiß nicht recht, wie ich es sagen soll. Es war fast eine Erleichterung — all das Zeug war nicht mehr im Weg. Das heißt nicht, daß es keine Geschenke gab. Es gab hübsche Geschenke. Wir mußten einfach nur viel kreativer sein.

Ich weiß nicht, wie ich beschreiben soll, was ich in jenen Jahren lernte. Ich glaube, es ist die Gewißheit, daß Gott für uns sorgt — ich erlebte es aus erster Hand und sah es mit eigenen Augen. Wenn jetzt Herausforderungen an mich herantreten — physische Probleme, finanzielle Fragen —, dann habe ich diese Erfahrung, an die ich mich halten kann.

Ich habe nie ein Gefühl von Mangel gehabt. Tatsächlich sind für mich und meinen Fortschritt diese frühen Jahre sehr wertvoll. Sie sind eine Grundlage, auf die ich immer wieder zurückgreife. Es ist das gerade Gegenteil von Mangel. Hätte ich diese Erfahrungen nicht gehabt, glaube ich, hätte mir etwas gefehlt, auf das man sein Leben gründen kann, etwas, was ich meinen eigenen Kindern zu vermitteln versuche.


Einiges von dem, was ich gleich zu Beginn in der Praxis lernte — die heilende Wirkung, die die Aufdeckung von Sünde hat, die Rolle der Reue, die Art und Weise, wie selbst sehr schwierige Situationen in Heilung und Freude verwandelt werden —, schufen eine feste Grundlage für die Herausforderungen, die in meiner eigenen Erfahrung folgen sollten. Dazu gehörte eine Scheidung — was natürlich für niemanden eine leichte Zeit darstellt. Ich wurde gezwungen, mich noch mehr auf Gott zu stützen.

In den ersten neun Jahren meiner Praxis hatte ich keine Kinder. Dann heiratete ich wieder, und seit zehn Jahren habe ich jetzt Kinder. Ich dachte, ich hätte viel in den ersten neun Jahren gelernt, aber es verblaßt vor dem, was ich in den letzten zehn Jahren lernte! Ich führe dies auf die Anforderungen zurück, die meine Kinder an mich stellen — nicht so sehr menschlich oder physisch, sondern ich werde gefordert, mich innerlich zu verändern.

Nichts in meinem ganzen Leben hat so viele Veränderungen in mir bewirkt, wie meine Kinder. Sie veranlaßten mich, meine Vorstellung von Geduld zu prüfen, meine Vorstellung von wahrer Liebe, Hingabe, Demut, von dem, was ein altes Kirchenlied als „ein sanft und willig Herz“ Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 69. bezeichnet. Ich habe festgestellt, daß ich auf diesem Gebiet viel mehr lernen und wachsen mußte, als ich jemals für möglich gehalten hätte.

Es hat viele interessante Herausforderungen mit den Kindern gegeben. Aber jede hat zur Selbstprüfung geführt, zur Klärung meiner — des Menschen — Beziehung zu Gott. Und das hat damit zu tun, wie ich die Praxis sehe, nämlich daß sie erlöst, das Denken erneuert und zur universellen wie individuellen Erlösung beiträgt. Und ich kann mir nichts vorstellen, was mehr Freude bereiten könnte, als zu heilen.

Elterliche Fürsorge erfordert unendlich viel selbstloses Dienen. Und das Dienen — das Dienen für die Menschheit — ist für mich die Jahre hindurch der Leitgedanke gewesen in bezug auf die Praxis. Ich war schon immer von dem tiefen Sehnen erfüllt, anderen Menschen zu helfen, anderen und meiner Familie zu Diensten oder von Nutzen zu sein. Bei der Praxis geht es wie bei guter elterlicher Fürsorge um das Dienen, den Dienst an Gott und der Menschheit.

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