Nehmen Wir Einmal an, Sie hätten ständig Schwierigkeiten mit der Mathematik. Alle Ihre Klassenkameraden wissen Bescheid. Schließlich erklärt man Ihnen, man werde Sie in eine andere Schule schicken, an der es einen speziellen Mathekurs für Lernschwache gibt.
In dieser neuen Schule nun ist auf einmal alles ganz anders. Mathe kommt Ihnen überhaupt nicht mehr schwierig vor, ja Sie werden sogar ein ziemlich guter Mathematiker. Nach kurzer Zeit schreiben Sie nur noch Einser. Jahre später treffen Sie unvermutet einige Ihrer früheren Klassenkameraden. Und dabei zeigt sich leider, daß sie die Vergangenheit nicht vergessen haben. In ihren Augen sind Sie immer noch der Mathe-Versager. Ihre Klassenkameraden sind nicht bereit, das in Ihnen zu sehen, was Sie wirklich sind — nämlich ein Spitzenmathematiker.
So etwas passiert, weil wir uns einbilden, die Leute blieben immer das, wofür wir sie seit jeher gehalten haben. Wir sind nicht bereit, an jemandem einen einschneidenden Wandel zu entdecken, denn nach allgemeinem Dafürhalten ist es sehr unwahrscheinlich, daß die menschliche Natur sich ändert.
Es ist aber wichtig zu wissen, daß die Menschen sich ändern können und es auch tun. Sie können sich von Grund auf und zum Besseren ändern. Charakter, sittliche Lebensführung und Gesundheit können sich ändern. In der Bibel finden wir machtvolle Beweise dafür. Eine solche Umwandlung findet statt, wenn wir vom Christus berührt werden.
Die Christliche Wissenschaft hilft uns verstehen, daß es Christus ist, der dem menschlichen Denken die Wahrheit über Gott und Mensch offenbart. Die Wahrheit ist, daß Gott Liebe ist und die einzige Macht. Und der von Gott erschaffene Mensch ist Sein Bild und Gleichnis, geistig und völlig gut, und spiegelt die göttliche Natur wider. Diese Wahrheit hat, wenn sie verstanden wird, eine bemerkenswerte Wirkung auf uns. Sie heilt und wandelt unser Leben um. Christus Jesus hat das in der ganzen Zeit seines Wirkens bewiesen. Christus, die Wahrheit, die von Jesus demonstriert wurde, ist immer gegenwärtig, immer tätig und offenbart unablässig Gottes Güte und unsere wahre Natur in Seinem Bilde. Durch das aufrüttelnde Wirken des Christus in unserem Bewußtsein und dadurch, daß wir dem Christus in uns Raum schaffen, vollzieht sich der Wandel in uns.
Saulus erlebte das. Der Bericht in der Apostelgeschichte über die Umwandlung des Saulus steht dem Herzen aller Christen besonders nahe. Siehe Apg 9:1–22. Auf der Straße nach Damaskus, im Begriff, die Christen zu verfolgen, wurde Saulus plötzlich von seinem Kurs abgebracht. Vielleicht ist der Ausdruck, er sei vom Christus berührt worden, zu schwach. Vielleicht können wir sagen, daß er nicht nur vom Christus berührt, sondern gründlich von ihm bekehrt wurde — und zwar so sehr, daß alle seine Wünsche, seine Zukunftsaussichten, sein ganzes Leben sich dramatisch veränderten. Aber einige Jünger, die seine Vergangenheit kannten, waren noch nicht bereit, dies zu sehen und den „neuen Menschen” Paulus willkommen zu heißen.
Bei den meisten von uns vollzieht sich der Wandel, der vor sich geht, wenn wir dem Christus Raum geben und christusähnlicher werden, nicht so dramatisch wie bei Saulus/Paulus. Es kann sein, daß wir nur allmählich unser Leben ernstlicher in den Dienst Gottes, der göttlichen Liebe, stellen und die Liebe zu unserem Nächsten sich vertieft. Vielleicht lernen wir nur langsam jene Güte und Reinheit erkennen, die uns als Kindern Gottes von Natur aus zu eigen sind. Oder wir haben harte innere Kämpfe durchzufechten, bis wir den Sieg über Groll, Ungerechtigkeit und die ganze Palette sündiger Gewohnheiten errungen haben.
Doch es ist falsch anzunehmen, es ändere sich nichts in einem Menschen, nur weil wir nicht erkennen, was bei so einer bemerkenswerten inneren Umwandlung in ihm vorgeht. Wir bleiben vielleicht bei unserer vorgefaßten Meinung, daß der Mensch so tief in der Materie anstatt im Geist verwurzelt ist, daß er gar kein Verlangen danach hat, von Sünde und Sinnlichkeit frei zu werden. (Und warum sollten wir dann auch erwarten, einen besseren Menschen zu sehen?) Aber diese Annahme ist falsch und muß aufgegeben werden. Die wahre Idee vom Menschen ist, daß er alles Gute von Gott widerspiegelt und liebt.
Unser Leben sollte soweit wie möglich den lebendigen Beweis für diese Tatsache erbringen. Und weil wir unseren Nächsten lieben, können wir immer bereit sein, in ihm eine christlichere Haltung und christlicheres Tun ausgedrückt zu sehen. In ihren Vermischten Schriften schreibt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft: „Mit der rechten Vorstellung vom Menschen in meinem Gemüt kann ich meine eigene Individualität, Gesundheit und Sittlichkeit und die anderer bessern; wenn ich indessen das gegenteilige Bild des Menschen als eines Sünders ständig im Bewußtsein trage, kann ich Gesundheit und Sittlichkeit ebensowenig fördern, wie es einem Künstler helfen würde, die Gestalt einer Königsschlange im Sinn zu haben, während er eine Landschaft malt.” Verm., S. 61.
Unsere Einschätzung, daß jemand ein unverbesserlicher oder sündiger Sterblicher sei, kann realistisch erscheinen, aber sie hält sich nicht an das, was Gott tatsächlich geschaffen hat. Es ist also unnatürlich, daß wir die Menschen immer wieder auf dieselbe alte Art und Weise betrachten, als ob sie für immer und ewig mit gewissen Schwächen oder herabziehenden Tendenzen behaftet wären. Unser eigener geistiger Fortschritt, unser eigenes Wohlbefinden werden gefördert, wenn wir uns beharrlich an eine höhere Anschauung vom Menschen halten und den Wert jedes einzelnen als Gottes Kind anerkennen.
Die umwandelnde Macht des Christus, der Wahrheit, wirkt hier und jetzt im menschlichen Denken. Wir sollten nicht überrascht sein, wenn wir wunderbare Auswirkungen davon erblicken!
