Jede Lektionspredigt, die im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft — Bibellektionen veröffentlicht wird, bildet eine Einheit. Die Bibelzitate (nach der Lutherbibel, revidierte Ausgabe 1984) werden durch Stellen aus dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, bestätigt und erklärt. Der Herold veröffentlicht verschiedene Anmerkungen und Kommentare, um den Lesern die vielseitigen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie selbst weiterforschen können.
Liebe
4. August
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf. (1. Kor 13:4)
Hier begegnen wir drei Begriffen, die in der heutigen Umgangssprache nicht mehr vertreten sind. „Langmütig" wird im Wahrig mit „nachsichtig, geduldig" erklärt, während bei der Erklärung von „Mutwillen" außer „Absicht" u.a. auf die althochdeutsche Sprache verwiesen wird. „Muotwillo, eigener, freier Entschluß (zum Guten und zum Bösen)'" veranschaulicht eine menschlich begründete Liebe. Wenn sie nicht auf göttlicher Führung beruht, kann eine solche Liebe auch Schaden anrichten. Der dritte Begriff „blähen" wird in Hfa folgendermaßen wiedergegeben: „Liebe ist geduldig und freundlich. Sie kennt keinen Neid, keine Selbstsucht, sie prahlt nicht und ist nicht überheblich."
Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber ... Es traf sich aber, daß ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. Desgleichen auch ein Levit ... Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte er ihn; und er ging zu ihm ... und pflegte ihn. (Lk 10:30 37)
Das HdE zeigt wie zeitlos dieses Gleichnis Jesu ist: „Der Priester in der Geschichte wird eine zeremonielle Verunreinigung befürchtet haben, die ihn getroffen hätte, wenn sich die bewegungslose Gestalt am Straßenrand als tot erweisen hätte. Der Levit fürchtete sich vor einer von Räubern gelegten Falle. Bei einem Gewaltverbrechen in der Innenstadt geht der moderne Mensch mit ähnlichen Gedanken jeder Einmischung aus dem Wege. Wir haben keinen Hinweis darauf, daß der Überfallene etwa ein guter Mensch war. Der Samariter tat alles, woran es die anderen Passanten hatten mangeln lassen. Als Besucher aus dem verhaßten Norden fehlte ihm die Kenntnis der jüdischen Schriften des Alten Testaments. In Samarien kannte man nur die fünf Bücher Moses; ironischerweise steht das Gebot der Nächstenliebe im 3. Buch Mose 19, 18. Wie immer wußten die jüdischen Gesetzesmenschen diese Pflicht zu umgehen. Sie faßten einfach eine neue Definition des Wortes, Nächster', um sich zu rechtfertigen. Aber wieder einmal legte Jesus mit seinem gesunden Menschenverstand den Unsinn der Schriftgelehrten bloß."
Geist
11. August
Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er dem Menschen, daß alle an allen Enden Buße tun. (Apg 17:30)
Hier wird Unwissenheit als die Zeit gesehen, in der die Menschen nichts von Gott wissen und falsche Götter anbeten, seien sie aus Stein, Gold, Menschen oder die Materie. In der AÜ lautet dieser Vers so: „Diese Zeiten der Unwissenheit hat Gott in seiner Gnade übersehen. Jetzt aber ruft er alle Menschen überall zur Sinnesänderung." In der ScB finden wir eine Erklärung für den Begriff der Buße: „Buße' oder, Buße tun' ist die Übersetzung eines griechischen Zeitwortes metanoeo, das bedeutet einen anderen Sinn haben, den Sinn ändern. Es wird in dem NT gebraucht, um eine Änderung des Sinnes in bezug auf die Sünde, auf Gott und auf das Selbst zu bezeichenen. Dieser Wende des Sinnes kann, besonders bei Gläubigen, die in Sünde gefallen sind, Trauer vorausgehen (2Kor 7,8-11); aber Trauer über Sünde, auch wenn sie zur Buße führen kann, ist doch noch nicht Buße. Der Sohn in Mt 21,28.29 veranschaulicht wahre Buße. Buße ist nicht Handlung, die getrennt vom Glauben ist, sondern der rettende Glaube schließt sie ein und führt hin zu einer solchen Wende in der Gesinnung, die wir Buße nennen."
Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn. (Ps 143:10)
Zu allen Zeiten suchten Menschen nach Führung für ihren Lebensweg. Wir kennen z. B. die Begriffe „auf die schiefe Bahn kommen" oder „aus der Bahn geworfen werden". LBe schreibt in einer Fußnote zu o. g. Vers: „V.10 nimmt die Bitte um Wegweisung (V.8b) auf: Durch Belehrung und den Beistand seines guten Geistes (vgl. 51,13f; Neh 9,20) soll Gott dem Beter helfen, daß er nach seinem Wohlgefallen leben kann und nicht durch eigene Schuld (vgl. V.2) zu Fall kommt."
Wenn wir im Geist leben, so laßt uns auch im Geist wandeln. (Gal 5:25)
Die Übersetzung der GN zeigt noch deutlicher als der Luthertext, daß der Geist Gottes unausweichlich das Wollen und Vollbringen, ja die ganze Lebensweise des Menschen beeinflußt: „Wenn nun Gottes Geist von uns Besitz ergriffen hat, dann wollen wir auch aus diesem Geist unser Leben führen."
Seele
18. August
Es war aber nahe das Laubhüttenfest der Juden. (Joh 7:2)
Wie im CB beschrieben wird, ist das Laubhüttenfest eins der drei großen Wallfahrtsfeste der Israeliten. Es schloß in alter Zeit das Erntejahr ab, wurde ursprünglich Lesefest genannt, das die Kanaanäer in ihren Obst- und Weingärten feierten. (2. Mose 23:16). Dabei wurden Früchte und grünes Buschwerk verwenden, und man fertigte aus Palmzweigen Hütten, in denen sieben Tage lang gewohnt und gefeiert wurde (Neh 8:14ff). Im NTW heißt es darüber: „Das Laubhüttenfest ist das große jüdische Erntefest, das acht Tage lang im Oktober gefeiert wird (15-21.7. des jüdischen Jahres, vgl. Hes 45,25). Dazu vgl. 3. Mose 23,33-44; 5. Mose 16,13-15; Neh 8,13-18. Später erwartete der Prophet Sacharja (14,16), daß sich in der Endzeit alle Völker zum Laubhüttenfest in Jerusalem versammeln werden."
Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. ... Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. (Offb 21:2-4)
Johannes nimmt als Seher eine neue Stadt wahr, ja eine völlig neue Welt, in der Gottes mütterliche Eigenschaften zum Ausdruck kommen. Bruns beschreibt diese enge Gemeinschaft mit Gott, die wie eine Ehe geschildert wird, folgendermaßen: „Zugleich wird Gott sich um jeden einzelnen kümmern (darum das Bild vom Tränentrocknen). Es ist die vollendete Gemeinschaft mit Gott. Darum gibt es keine Mißklänge und keinen Kummer mehr, darum hört auch das Sterben auf. Hier wird das Bild Gottes geradezu mütterlich gezeichnet."
Gemüt
25. August
O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! (Röm 11:33)
Barclay vertritt die Meinung, daß es keine Bibelstelle gibt, die charakteristischer für Paulus ist als diese. Er schreibt: „Theologie wird hier zur Poesie. Der suchende Mensch wird zum anbetenden Menschen. Letztlich bleibt alles ein Geheimnis, das Menschen unbegreiflich ist, aber auch ein Geheimnis, dessen Wesen Liebe ist. Wenn wir sagen können, daß alles von Gott, durch Gott und zu Gott ist, was bleibt dann noch zu sagen? Die Situation des Menschen ist von einer gewissen Widersprüchlichkeit gekennzeichnet. Einerseits hat Gott die Menschen mit Vernunft begabt und ihnen einen Verstand gegeben, und der Mensch hat die Pflicht, beide bis an die Grenzen des Möglichen zu nutzen, andererseits gibt es Situationen, in denen nur noch Annahme und Anbetung möglich sind."
Liebe Brüder, freut euch, laßt euch zurechtbringen, laßt euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. (2. Kor 13:11)
Bruns betont den Kernpunkt christlicher Einheit: das gemeinsame Ziel, das diese Gemeinschaft nicht aus den Augen verlieren darf und das trotz unterschiedlicher Auffasssungen immer wieder vereint: „Und nun lebt wohl, liebe Brüder, freut euch! Bringt alles bei euch in Ordnung! Ermahnt und ermuntert euch gegenseitig! Habt immer dasselbe im Auge! Haltet Frieden untereinander! Dann wird auch der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein."
Und es kam zu ihm (Jesus) ein Aussätziger, der bat ihn, kniete nieder und sprach zu ihm: Willst du, so kannst du mich reinigen. (Mk 1:40)
Aus der Geste des hier erwähnten Mannes spricht große Demut: er kniete nieder, was ihm vielleicht sowohl physisch als auch psychisch schwerfiel. Sein Glaube und sein Vertrauen in Jesus muß so groß gewesen sein, daß ihm keine Gedanken an Unheilbarkeit kamen. In GNe lesen wir den Kommentar: „Aussätzige waren aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen. Der Kranke mußte jeden, der in seine Nähe kam, mit dem Ruf:, Unrein!' warnen. Der Aussätzige hier wagt, diese Schranke zu durchbrechen, weil er grenzenloses Vertrauen zu Jesus hat."
Abkürzungen
AÜ = Albrechts Bibelübersetzung
Barclay = William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments
Bruns = Hans Bruns, Die Bibel mit Erklärungen
CB = Calwer Bibellexikon
GN = Gute Nachricht
GNe = Gute Nachricht erklärt
HdE = Handbuch der Evangelien
Hfa = Hoffnung für alle
LBe = Lutherbibel erklärt
NTW = Das Neue Testament, übersetzt und kommentiert von Ulrich Wilckens
ScB = Scofield-Bibel
Wahrig = Wahrig, Deutsches Wörterbuch
