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Der Holocaust: über Denkmäler hinaus ...

Aus der November 1998-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich habe kürzlich eine Gedenkstätte für jüdische Opfer des holocaust besucht. Sechs Millionen Markierungen erinnern an die Menschen aus der jüdischen Gemeinschaft, die während des Zweiten Weltkrieges unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ihr Leben verloren. Solche Denkmäler — wie auch Bücher, Filme, Gedichte, Malereien, Schauspiele, Dokumentarfilme und Webseiten über den Holocaust — beschwören die Menschheit, die tragischen Ereignisse jener Zeit nicht zu vergessen und nie wieder solche schrecklichen Taten geschehen zu lassen. In dem Maße, wie es ihnen gelingt, menschlicheres Verhalten zu fördern, leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft. Allerdings ist offensichtlich mehr als Mahnmale und Berichte über Greueltaten nötig, um die Wiederholung solcher Taten zu verhindern.

Ich wuchs im Schatten des Zweiten Weltkriegs in einer jüdischen Familie in Europa auf. Trotz der Liebe meiner Eltern und ihrer erstaunlichen Überlebensfähigkeit während des Holocaust wurde doch, je mehr ich mir dessen, was geschehen war, bewusst wurde, umso mehr die tiefsitzende Furcht in bestärkt, dass solche Massenvernichtung, wenn sie einmal stattgefunden hatte, auch ein zweites Mal geschehen konnte. Jede Erwähnung des Holocaust, jede Einzelheit, die ich darüber erfuhr, führte mir die Unvermeidlichkeit einer Wiederholung solcher Ereignisse deutlicher vor Augen.

Doch dann geschah etwas, was mich allmählich von dieser wachsenden verzweiflung wegführte. Ich lernte mehr über Gott verstehen. Zunächst nicht durch irgendeinen formellen Unterricht, sondern durch kleine tröstliche Lichtblicke, die mein trübes Denken durchbrachen und mir die Gegenwart eines guten, liebevollen Gottes andeuteten. Mein Ausblick wurde hoffnungsvoller, als Gott mehr zur Wirklichkeit für mich wurde.

Ein wichtiger Wendepunkt für mich als ich herausfand, wie man durch die Praxis des geistigen Heilens, das in Wissenschaft und Gesundheit gelehrt wird, Gott näherkommen kann. Bis dahin hatte ich ein tiefes Grauen empfunden bei jedem Anzeichen, dass die dem Holocaust zugrunde liegende Mentalität wieder zum Vorschein kam. Doch durch Gebet, das dem Studium der Bibel und des Buches Wissenschaft und Gesundheit entsprang, verflog diese chronische Angst. Zugleich verschwand auch eine schmerzhafte Krankheit, die früher regelmäßig aufgetreten war und die anscheinend in direktem Zusammenhang damit gestanden hatte. Anstatt mich hilflos zu fühlen angesichts der Wucht der menschlichen Geschichte, wuchs in mir die Überzeugung, dass das Böse niemals das letzte Wort in unserem Leben hat — auch nicht im Leben jener Menschen, die im Holocaust umgekommen sind.

Mein Ausblick wurde hoffnungsvoller, als Gott mehr zur Wirklichkeit für mich wurde.

Diese Überzeugung stellte sich nicht so ohne weiteres mit einem Mal ein. Sie kam, nachdem ich einige Zeit damit verbracht hatte, ein besseres Verständnis von der Allheit Gottes zu erlangen. Ich erfasste etwas von der Wirklichkeit und Totalität des unendlichen Guten, Gottes, und von der Tatsache, dass Gott das einzige wirkliche Leben aller ist, wie Christus Jesus es durch seine Auferstehung bewies. Seine Überwindung des Todes bietet das höchste Beispiel dafür, dass das wahre Sein des Menschen unsterblich ist. Und das gilt ebenso für diejenigen, die ihr Leben im Holocaust — oder bei anderen Mordtaten an nationalen, rassischen oder religiösen Gruppen — verloren haben, wie es für Jesus am Kreuz galt. Dadurch fällt allerdings denjenigen, die für solche Genozide verantwortlich sind, nicht weniger Schuld zu, noch entfällt die Notwendigkeit für tiefe Scham, Reue und Umwandlung, sei es jetzt oder später — aber es nimmt dem Verbrechen den Stachel der Endgültigkeit. Das wirkliche Leben des Menschen ist geistig und dauert ewig an, unberührt vom Bösen. Diejenigen, die unter welchen Umständen auch immer verstorben sind, erleben die Fortdauer des Lebens. Da, wo sie sind, werden sie — wie die ganze Menschheit — aktiv vom göttlichen Gemüt, Gott, geführt, um immer mehr über ihre wahre unsterbliche Natur zu lernen und zu demonstrieren.

Sich von hasserfülltem Denken regieren zu lassen — das wurde mir auch klar — ist ein gräßlicherer menschlicher Zustand, als das Objekt dieses Hasses zu sein. Grausame Gedanken und ihre Verwirklichung in Taten bringen ein Gefühl völliger Trennung vom göttlichen Leben mit sich, von Gott, der einzig wahren Quelle von Freude und Glück. Wer solche Gedenken hegt, duldet den falschen Anspruch einer vom göttlichen Gemüt losgelösten Mentalität. Diese Mentalität ist der eigentliche „Verbrecher“ in allen Fällen von Bösem. Sie muss durch Gebet und geistige Macht und durch gottgelenktes Tun erkannt und zerstört werden. Sowohl diejenigen, die sich zu einem Verbrechen hinreißen lassen, wie auch diejenigen, die Opfer eines Verbrechens sind oder befürchten es zu werden, können dahin kommen, das Böse als eine den Menschen auferlegte falsche Mentalität zu sehen, die niemals ihre eigene wahre Identität noch die wahre Identität irgendeines anderen Menschen ist. Auch hartnäckig erscheinende Formen von Sünde müssen letztendlich der reinen, von Gott zu Seinem Bild und Gleichnis erschaffenen Individualität Platz machen. Dies ist die wahre Natur selbst des kaltblütigsten Kriminellen — und es ist die wahre Natur eines jeden Opfers.

Je mehr wir das erkennen, desto notwendiger wird es, für die Freiheit jedes Menschen vom Einfluss dieser sterblichen Mentalität zu beten. Der Untergang des Bösen ist das Einzige, womit wir uns je wirklich abzufinden brauchen. Und wir tun das durch Gebet. Wir bekräftigen und erkennen Gott als das wahre Gemüt des wirklichen Menschen und so wird uns klar, dass weder die grausame Mentalität eines Verfolgers noch die furchtsame Mentalität, die sie in den Verfolgten hervorruft, wirklich existiert. Die göttliche Liebe ist die einzige Wirklichkeit des Seins.

Ich habe das bis zu einem gewissem Grad erlebt. Eines Abends, kurz bevor ich ganz von dem oben erwähnten körperlichen Problem geheilt war, spürte ich die Gegenwart der göttlichen Liebe so lebhaft, dass es mir vorkam, als wäre die ganze Welt um mich her wie ein kleines Kind, das von den liebevollen Armen seiner Eltern umfangen war. Weiteres Gebet und andere Heilungen, die ich seither erlebt habe, haben mir die Gewissheit gegeben, dass die geistige Wirklichkeit des ungetrübten Guten, die ich an jenem Abend spürte, für jedermann immer die Wahrheit des Seins ist. Und dass sich unweigerlich die eigene Situation bessert und es Segen für andere mit sich bringt, wenn man durch Gebet diese Wahrheit im Auge behält.

Die göttliche Herrschaft des Guten ist eine Wahrheit, die sich wie ein roter Faden durch die Bibel zieht. In einem Psalm zum Beispiel heißt es: „Das Angesicht des Herrn steht wider alle, die Böses tun, dass er ihren Namen ausrotte von der Erde.“ Ps 34:17. Dieses Bibelwort sagt mir, dass Gott die Oberhand über alles Böse hat und dass Er alle Gedanken, die in irgendeiner Weise in Unrechttaten der Vergangenheit gefangen sind, darüber hinwegheben kann und hinwegheben wird. Eigenwillige Bemühungen die menschliche Geschichtsschreibung zu ändern sind ein Übel für sich, das nicht hingenommen werden darf. Doch letztendlich liegt vor jedem von uns individuell — und vor der Menschheit kollektiv — ein geistiger Wendepunkt, an dem der Glaube, dass das Böse Macht hat, bezwungen und damit die Erinnerung an begangene Untaten nicht mehr existieren wird, weil wir zunehmend die Wirklichkeit des unversehrten, ewigen Guten verstehen und demonstrieren.

Jeder von uns hat die Möglichkeit darauf hinzuarbeiten, von bloßer Resignation gegenüber dem Bösen zur freudigen Überzeugung von der Unsterblichkeit des Guten zu gelangen.

Aus Gottes Sicht hat niemals auch nur der kleinste Nadelstich des Bösen die glorreiche, unendliche Reinheit und Vollkommenheit der von Ihm erschaffenen und erhaltenen geistigen Wirklichkeit durchbohrt. Und das ist die einzige Wirklichkeit für Sein Geschöpf, den geistigen Menschen. Wenn diese göttliche Wirklichkeit schließlich von den Einzelnen und der Allgemeinheit angenommen und bewiesen wird, erfüllt sich die Verheißung der Bibel von individueller und allgemeiner Erlösung. Diese vollständige Erlösung wird lebendig dargestellt in den folgenden Worten aus Wissenschaft und Gesundheit: „Wir können und werden uns schließlich so erheben, dass wir uns in jeder Hinsicht die Allerhabenheit der Wahrheit über den Irrtum, des Lebens über den Tod, des Guten über das Böse zu Nutze machen, und dieses Wachstum wird weitergehen, bis wir die Fülle der Idee Gottes erlangen und nicht mehr fürchten, dass wir krank werden und sterben.“Wissenschaft und Gesundheit, S. 406.

Die Genozide, die in jüngerer Zeit stattgefunden haben, etwa in Kambodscha, Ruanda und Bosnien, — wie auch immer wieder Fälle von Antisemitismus — zeigen, dass wir als Menschenfamilie noch ein Stück Weg vor uns haben, bis wir die absolute Allerhabenheit von Wahrheit, Leben, und vom unendlichen Guten völlig als die praktikable Wahrheit des Seins erkannt haben. Doch jeder von uns hat heute die Möglichkeit und die Verpflichtung auf dieses Ziel hinzuarbeiten und so von bloßer Resignation gegenüber dem Bösen zur freudigen Überzeugung von der Unsterblichkeit des Guten zu gelangen. In dem Maße, wie wir das ernsthaft tun, fühlen sich die Menschen aller Rassen und Religionen zunehmend in ihrem gottgegebenen Recht gestärkt, das wahre, ewige Erbe des Menschen, nämlich das unvergängliche geistige Gute, zu verstehen und zu erleben.

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