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Der Ruf nach Russland zu gehen

Aus der November 1998-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im Jahre 1906 wurde mein Mann gebeten, einige Geschäfte in Russland durchzuführen. Wir beide empfanden, dass dies ein Ruf war, Christian Science in dieses Land zu bringen.

Gleich am ersten Sonntag nach unserer Ankunft in St. Petersburg sagte ich zu meinem Mann: „Wir könnten doch einen Gottesdienst abhalten und die Lektion miteinander lesen!“ Ich war Erste Leserin, mein Mann Zweiter Leser und wir hielten einen ordnungsgemäßen Gottesdienst ab.

Als wir durch die Straßen gingen, erklärte ich laut die Wahrheiten von Christian Science. Mein Mann fragte: „Hast du denn keine Angst?“ Ich antwortete: „Nein. Ich wurde gerufen und bin gekommen, um zu arbeiten und dem Ruf zu folgen.”

Die erste Heilung

Kurz nach meiner Ankunft fragte ich meine Wirtin, ob sie mir eine Schneiderin empfehlen könnte. Sie sagte, ihre Schwiegertochter sei Schneiderin, aber die sei gerade aus dem Krankenhaus gekommen und noch sehr schwach von der Operation. Die Schwiegertochter bot mir an, die Arbeit sofort für mich zu tun. Während ich wartete, sprach ich mit ihr und dachte christlich-wissenschaftliche Gedanken. Dann sprach ich zu ihr über die Bibel. Sie rief aus: „Ich habe noch nie jemand außer meiner Mutter so über die Bibel sprechen hören.“

Noch während des Gesprächs konnte sie sich freier bewegen. Ich bat sie, mich auf meinem Zimmer zu besuchen. Das tat sie gern und ich konnte ihr das christlichwissenschaftliche Heilen erklären. Sie hörte aufmerksam zu und sagte beim Abschied: „Ich glaube, ich werde geheilt werden.“ Sie kam regelmäßig zu unseren Gottesdiensten und musste nicht wieder ins Krankenhaus gehen, wie ursprünglich erwartet. Stattdessen lud sie mich ein, mit ihr auf eine Hochzeit zu gehen. Auf der Hochzeit konnte sie tanzen.

Wir hielten regelmäßig Gottesdienste ab. Die Familie dieser Bekannten horchte an der offenen Tür, wollte aber nicht hereinkommen. Sie fragten, ob sie andere bringen dürften, und daraufhin wurden zwei Kinder geheilt.

Ungefähr zu dieser Zeit wurde ich gebeten eine Frau Papmehl, eine jungverheiratete Frau, zu besuchen, die sich in den letzten Stadien der Schwindsucht befand. Ich musste eine fünfstündige Reise mit dem Zug nach Narwa machen.

Als ich ins Haus kam, wurde ich sofort in ihr Zimmer geführt. Die Heilung schritt stetig voran. Am Ende der zweiten Woche gab die Frau eine Gesellschaft am Abend. Der Familie erschien es wie ein Wunder.

In unserer neuen Wohnung litt die Tochter unserer Wirtin an Anfällen. Sie wurde durch christlich-wissenschaftliche Behandlung geheilt.

Wir nahmen unsere Mahlzeiten mit anderen Leuten ein und eine Dame war darunter, die über Neuralgie klagte. Ich erklärte ihr: „Gott der Vater versorgt Sie, Er wird uns den Weg weisen.“ Plötzlich rief sie von der anderen Tischseite zu mir herüber: „Ich bin ganz gesund.“ Ein Mann an dem Tisch war mir feindlich gesinnt und sagte, zu mir gewandt: „Man sollte Sie nach Sibirien schicken.“

Während dieser ganzen Zeit hielten wir regelmäßig Gottesdienste ab und es versammelten sich viele Leute, darunter auch Kinder.

Der weitere Aufbau der Kirche

Die Frau, deren Tochter von Anfällen geheilt wurde, bekam Angst und erzählte einem gewissen Buchhändler in einer boshaften Weise von der Heilung. Mit diesem Buchhändler machte ich während meiner Suche nach Bibeln Bekanntschaft.

Er sagte mir, es gebe Leute in St. Petersburg, die Christian Science lehrten, und er drohte, dass er dies verhindern würde, wenn er sie finden könnte. Ich antwortete: „Diese Menschen tun Gutes, indem sie die Leute zum Christus, zur Wahrheit, führen. Würden Sie das aufhalten wollen?“ Mit diesen Worten entwaffnete ich ihn. Dann enthüllte ich ihm, dass ich diejenige war, die diese Arbeit tat.

Bald danach wies uns die Wirtin aus unseren Räumen aus und wir fanden eine viel schönere Wohnung.

Alles lief erfolgreich. Aber eines Tages bekam mein Mann Besuch von einem Polizeibeamten. Er war gekommen, um uns zu warnen. Er sagte uns höflich, dass sich laut Gesetz in St. Petersburg nicht mehr als neun Personen ohne Erlaubnis zu irgendeinem Zweck versammeln können. Unsere Gottesdienste waren so voll geworden, dass wir nicht genug Sitzplätze für alle hatten.

Mein Mann und ich beschlossen uns an den Heiligen Synod zu wenden und mutig um Erlaubnis für unsere Gottesdienste zu bitten. Wir mussten unsere Glaubenssätze (aus dem Handbuch Der Mutterkirche) ins Russische übersetzen, denn der Synod wollte unser Glaubensbekenntnis wissen.

In jenen Tagen, wo an allen Ecken Detektive standen und alle Bewegungen aller in Verdacht kamen, konnte es verhängnisvoll sein, die Obrigkeiten überreden zu wollen. Wir wussten, wir mussten einfach mutig sein. Schließlich gelang es uns, verschiedene Gespräche zu führen. Unsere Glaubenssätze wurden gebilligt, denn sie (der Synod) konnten nichts Anstößiges an ihnen finden, und schließlich bekamen wir die Erlaubnis.

Als nächstes galt es einen passenden Raum zu finden. Ein Bekannter berichtete uns von einer Schule, die der Schwedischen Kirche gehörte. Mein Mann und ich sprachen mit dem Pastor der Kirche, einem Dr. Kajanus. Er befragte uns eingehend über Christian Science und ihre Lehren. Als er sah, dass wir ernsthafte Leute waren, meinte er: „Ich kann nur sagen:, Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.’" Und er veranlasste, dass wir jeden Sonntag von 11 bis 12 Uhr seine Sonntagsschule benutzen konnten, die ungefähr 200 Personen fasste.

1909 fingen wir mit den öffentlichen Gottensdiensten an und es lief regelmäßig weiter bis ungefähr 1928, als die Vereinigung vom bolschewistischen Regime verboten wurde. Zeugnisversammlungen wurden ab 1910 abgehalten. Bis 1917 waren mein Mann und ich die Leser und wir hatten viele Besucher aus der ganzen Welt.

Literatur hatten wir nicht viel. Als wir London verließen, schenkten uns einige Kirchenmitglieder die Werke von Mrs. Eddy, die zusammen mit den Büchern meines Mannes und meinen eigenen die Basis unserer Bestände bildeten. Ich abonnierte das Christian Science Journal, den Christian Science Sentinel, und den Herold; und als der Christian Science Monitor erschien, abonnierte ich gleich den allerersten Jahrgang.

Bald trugen einige, denen ich durch Christian Science half, dadurch zur Arbeit bei, dass sie denen, die es sich nicht leisten konnten, ein Herold-Abonnement schenkten.

Es dauerte zwei Jahre, bis wir einen Leseraum aufmachen konnten. Ich ließ jedoch in meinen Bemühungen nicht nach und wir wandten uns an Dr. Kajanus. Es gab einen Raum in dem Schulgebäude, der meiner Meinung nach für einen Leseraum genau richtig war. Er sagte mir, das sei sein Privatzimmer. Aber ich ließ nicht locker und schließlich legte er die Hand auf meine Schulter und sagte: „Sie sind eine mutige Frau.“ Und damit vermietete er uns diesen Raum täglich für zwei Stunden, von 16 bis 18 Uhr.

1909 wurde ich nach Moskau gerufen, um einen Mann zu besuchen, der in einer Fabrik verunglückt war. Er war gestürzt und hatte sich die Hüfte verletzt. In drei Tagen wurde er geheilt. Später sagte dieser Mann, er werde zur Polizei gehen und mich wegen illegalem Heilen anzeigen.

Einige Wochen später brachte ein Polizeibeamter ein Schreiben und sagte: „Sie sind wegen illegalem Heilen angezeigt worden. Wie heilen Sie?” Ich erinnerte mich daran, dass Jesus sagte: „Man wird euch vor Statthalter und Könige führen ... es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt“ (Mt 10:18, 19). Nach einer Weile gelang es mir, ihn zufrieden zu stellen. Auf diese Weise wusste die Polizei, was wir taten.

Im Juli 1917 organisierten wir die St. Petersburger Christian Science Vereinigung um und zum ersten Mal durfte ich auf Urlaub fahren. Ich folgte einem Ruf nach Gargary, einer Stadt im Kaukasus, um dort Christlichen Wissenschaftlern zu helfen, die sonntags die Bibellektion lasen. Während ich in Gargary war, wurde ich gebeten, in ein Sanatorium zu gehen und Schwindsüchtige zu besuchen, und ich vollbrachte einige Heilarbeit. Das Sanatorium wurde während meines Aufenthalts dort von den Bolschewiken bombardiert.

1901 - Mary Baker Eddy schickt dem russischen Schriftsteller Leo Tolstoj das Buch Wissenschaft und Gesundheit.

1907 - Lillie Wallich kommt nach St. Petersburg.

1910 - Bicknell Young hält einen Christian Science Vortrag in Wallichs Wohnzimmer.

1911 - Leseraum öffnet; täglich von 14–16 Uhr.

25. Okt. 1917 - Bolschewistische Revolution

Okt. 1917 - Antrag auf Christian Science Vereinigung bei Der Mutterkirche eingereicht.

31. Okt. 1918 - Die Vereinigung wird aufgelöst.

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