Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", die die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verkündeten, stellten einen gewaltigen Schritt vorwärts dar für den geistigen Fortschritt der Menschheit. Zum ersten Mal wurden darin auf globaler Ebene die Grundrechte für alle Menschen dargelegt. Der Zweck dieser Erklärung wird vielleicht am besten in den Anfangszeilen der Präambel zusammengefasst, wo es heißt, dass „die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet".
Artikel 1 der Erklärung lautet dann: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen."
In Artikel 2 wird erklärt: „Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand." Diese „Rechte und Freiheiten" schließen bürgerliche und gesetzliche Rechte (das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit) ebenso ein wie wirtschaftliche und soziale Rechte.
Obwohl die Erklärung ausdrücklich „die Gleichberechtigung von Mann und Frau" erwähnt, erkannte die internationale Gemeinschaft sehr bald die Notwendigkeit, sich besonders den Rechten der Frau zu widmen. Daher trafen die Vereinten Nationen im Dezember 1952 das „Übereinkommen über die politischen Rechte der Frau". Und im Dezember 1979 wurde das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau" getroffen. (Siehe Kasten auf Seite 19)
Diese internationalen Instrumente legen Standards fest, die noch längst nicht in allen Ländern in die Tat umgesetzt werden. Und doch werden diese Standards von den meisten Ländern der Welt als wünschenswerte Ziele anerkannt. So hatten bis Dezember 1999 165 der 188 Mitgliedsstaaten der UNO das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau" ratifiziert.
Die Denkweise der in der UNO vertretenen Nationen spiegelt in gewisser Weise das Gewissen der Menschheit wider. Diese Denkweise hat dazu geführt, dass verschiedene Gremien der UNO, u.a. die Kommission für die Rechtsstellung der Frau, speziell dazu ins Leben gerufen wurden, die Rechte der Frau zu schützen. Und unter der Schutzherrschaft der UNO haben bisher vier Welt-Frauenkonferenzen stattgefunden, an denen Regierungen und viele Nicht-Regierungsorganisationen beteiligt waren.
Mary Baker Eddy und Frauenrechte
Weniger als hundert Jahre vor der Gründung der Vereinten Nationen, sprach eine visonäre Denkerin, Mary Baker Eddy, in ihren Werken die Frage der Menschenrechte an. Sie unterstützte die wachsende Frauenrechtsbewegung in ihrem Land, den Vereinigten Staaten von Amerika.
Für Mrs. Eddy gründeten sich die Menschenrechte auf göttliches Gesetz. In ihrem Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit schrieb sie in Bezug auf alle Kinder Gottes: „Gott hat dem Menschen unveräußerliche Rechte verliehen, unter anderem Selbstregierung, Vernunft und Gewissen. Der Mensch regiert sich selbst nur dann in rechter Weise, wenn er von seinem Schöpfer, der göttlichen Wahrheit und Liebe, richtig geführt und regiert wird." Wissenschaft und Gesundheit, S. 106. In anderen Werken sprach sie speziell die Rechte der Frau an. Sie wusste, dass das Rechtssystem ihrer Zeit Männern und Frauen keine gleiche Behandlung garantierte. Und sie verteidigte das Recht der Frau Geschäftsverträge abzuschließen, Grundeigentum zu besitzen und im Fall von Scheidung das Sorgerecht für ihre Kinder zu behalten. Siehe ebd., S. 63.
Mrs. Eddys Forderung nach größerer Gerechtigkeit gründete sich auf die Entdeckung, die sie einige Jahre zuvor gemacht hatte — eine Entdeckung, die neues Licht auf die Natur Gottes und des Menschen warf. Ihr Leben lang hatte sie die Bibel studiert und dabei wurde ihr klar, dass Gott — der Schöpfer von allem — Geist ist und dass Er ein liebevoller Vater-Mutter ist. Sie erkannte weiter, dass Frau und Mann, da sie zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffen sind, eine geistige Individualität besitzen, die sowohl die männlichen als auch die weiblichen Eigenschaften Gottes widerspiegelt. In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Vater-Mutter ist der Name für die Gottheit, der auf Sein zärtliches Verhältnis zu Seiner geistigen Schöpfung hinweist." Ebd., S. 332. Mary Baker Eddys neu gefundenes Verständnis schuf eine logische Basis nicht nur für die Schwesterund Bruderschaft der Kinder Gottes, sondern auch für die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Ein spezieller Hinweis auf Frauenrechte ist im Glossar in Wissenschaft und Gesundheit unter dem Stichwort Gihon enthalten. Der biblische Fluss Gihon — einer der vier Ströme, die dem allegorischen Garten Eden entspringen — wird beschrieben als „die Rechte der Frau moralisch, bürgerlich und sozial anerkannt" Ebd., S. 587..
Das Glossar enthält auch Beschreibungen der drei anderen Flüsse, die von Eden ausgehen. Der Euphrat wird gekennzeichnet als „göttliche Wissenschaft, die das Universum und den Menschen umfasst; die wahre Idee Gottes ..." Ebd. S. 589.. Der Tigris wird beschrieben als „göttliche Wissenschaft, verstanden und anerkannt" Ebd., S. 588. und der Pischon als „die Lieben zum Guten und Schönen und zu deren Unsterblichkeit" Ebd., S. 593..
Könnte man nicht sagen, dass diese Definitionen einen Zustand vergeistigten Bewusstseins darstellen, das im Stande ist bessere menschliche Verhältnisse zu schaffen? Mrs. Eddy sagt voraus: „Durch das Erkennen des geistigen Gegenteils der Materialität, nämlich des Weges durch Christus, Wahrheit, wird der Mensch mit dem Schlüssel der göttlichen Wissenschaft die Tore des Paradieses wieder öffnen, die menschliche Ansichten verschlossen haben ..." Ebd., S. 171. Würde demnach nicht die Definition von Gihon darauf hinweisen, dass die Anerkennung der Rechte der Frau eine der Bedingungen ist, um dieses Paradies zu erreichen?
Die göttliche Wissenschaft ist das, was unser Vater-Mutter über Seine/Ihre Schöpfung weiß. Es ist das, was unser wahres, zu Gottes Ebenbild geschaffenes Selbst durch Widerspiegelung immer und ewig weiß. Da dieses Selbst geistig ist, ist es mit geistigem Verständnis ausgestattet. Jeder Mann und jede Frau hat Zugang zu diesem Verständnis und daher werden die Männer und Frauen letztlich ganz natürlich erkennen, dass sie als Gottes vollständige Ideen geistig gleichgestellt sind. Und dieses Verständnis wird sie befähigen mehr von der Gerechtigkeit, der Weisheit und Harmonie der Gottesschöpfung zu erleben. Diese geistige Schöpfung ist in Wirklichkeit die Heimat, die wir als Gottes Kinder niemals verlassen haben.
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Auszüge)
vom 18. Dezember 1979
Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens —
im Hinblick darauf, dass die Charta der Vereinten Nationen den Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt...
im Hinblick ferner auf die Entschließungen, Erklärungen und Empfehlungen der Vereinten Nationen und der Sonderorganisationen zur Förderung der Gleichberechtigung von Mann und Frau...
jedoch besorgt darüber, dass die Frau trotz dieser verschiedenen Urkunden noch immer weitgehend diskriminiert wird...
überzeugt, dass die größtmögliche und gleichberechtigte Mitwirkung der Frau in allen Bereichen Voraussetzung für die vollständige Entwicklung eines Landes, für das Wohlergehen der Welt und für die Sache des Friedens ist...
in dem Bewusstsein, dass sich die traditionelle Rolle des Mannes und die Rolle der Frau in der Gesellschaft und in der Familie Wandeln müssen, wenn die volle Gleichberechtigung von Mann und Frau erreicht werden soll...
sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
In diesem Übereinkommen bezeichnet der Ausdruck „Diskriminierung der Frau" jede mit dem Geschlecht begründete Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung, die zur Folge oder zum Ziel hat, dass die auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau gegründete Anerkennung, Inanspruchnahme oder Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch die Frau — ungeachtet ihres Familienstands — im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, staatsbürgerlichen oder jedem sonstigen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird.
Artikel 2
Die Vertragsstaaten verurteilen jede Form von Diskriminierung der Frau; sie kommen überein, mit allen geeigneten Mitteln unverzüglich eine Politik zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau zu verfolgen...
