Bericht einer Mutter
Eines Nachts erhielten wir mitten in der Nacht einen Telefonanruf von der Zimmergenossin unserer Tochter. Sie teilte meinem Mann mit, dass unsere Tochter, die zu der Zeit studierte, gekidnappt und vergewaltigt worden war. Wir wurden gebeten, so schnell wie möglich zum Krankenhaus zu kommen. Mein Mann konnte kurz mit unserer Tochter sprechen und versicherte ihr, dass sie die Stärke habe dies durchzustehen, dass wir sie lieb hätten und in Kürze bei ihr sein würden.
Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, rief ich eine Christian Science Praktikerin an. Es war drei Uhr morgens, aber sie war hellwach und ruhig und sprach mir Trost zu. Sie Kind sorgte. Dann weckten wir unseren Sohn und fuhren alle drei zu unserer Tochter. Während der ganzen etwa einstündigen Fahrt hielt ich daran fest, dass Gott bei ihr war. Wenn sich Furchtgedanken einstellten über das, was geschehen war, versuchte ich mir klarzumachden, dass Gott, ihr wahrer Vater-Mutter, bei ihr war, sie liebte und umgab und umfangen hielt, dass Er sie tröstete und umsorgte.
Als wir im Krankenhaus ankamen, trafen wir viele Polizeibeamte, Spürhunde, Krankenhauspersonal usw. an. Wie wir hörten, war der Täter in die Wohnung unserer Tochter eingebrochen und hatte sie mit vorgewaltigt. Sie hatte Furchtbares durchemacht. Wir konnnten nur ein paar Minuten bei ihr sein und mit ihr sprechen.
Während unsere Tochter untersucht wurde, kan eine Krimminalbeamtin heraus und fragte, wie alt sie sei. Als ich ihr sagte, dass sie neunzehn ist, erwiderte sie: „Für ihr Alter hat sie eine ungeheure Widerstandskraft." Sie erzählte uns weiter, dass unsere Tochter in Erregung geriet, wenn sie der Polizei Beschreibungen und Einzelheiten geben musste, dass sie sich jedoch immer wieder beruhigte, ihre Gedanken sammelte und dann mit ihren Aussagen fortfuhr.
Nach einem Tag im Krankenhaus und writeren Stunden auf der Polizeiwache kehrten wir alle nach Hause zurück. Ich fuhr mit meiner Tochter in ihrem Wagen, damit wir unter uns sprechen konnten. Sie erzählte mir, als sie die Absicht des Einbrechers erkannt habe, sei ihr erster Gedanke gewesen, dass sie Gottes Kind ist. An dieser Wahrheit hielt sie fest, auch daran, dass Gott sich um sie kümmerte. Wenn die Schmerzen groß waren, betete hauptsächlich darum, dass der Täter sie am Leben ließ, was er auch tat. Er entschuldigte sich sogar bei ihr.
Im Laufe unseres Gesprächs wurde mir klar, wie sehr sich undere Tochter an ihren göttlichen Vater gewandt hatte, um aus ihrer Not erlöst zu werden. Dafür war ich sehr dankbar.
Später am Abend, als wir im Bett lagen, äußerte sie die Befürchtung, dass sich das Geschehen schlimm auf ihr Leben auswirken würde. Sie weinte und ich fragte unseren himmlischen Vater, was ich sagen könnte, um ihr zu helfen. Dann erinnerte ich mich an einen Artikel, der vor vielen Jahren in den Christian Science Zeitchriften erschienen war und den ich vor kurzem gelesen hatte; er trug den Titel „Der Brandgeruch" „The Smell of Fire" von Louise Knight Wheatley, The Christian Science Journal, März 1920.. Der Artikel beziecht sich auf die Bibelgeschichte von den dren Hebräern, die zum Tod im Feuerofen verurteilt wurden, weil sie den einen Gott verehrten anstatt das von König Nebukadnezar errichtete goldene Bild anzubeten. Siehe Dan, Kap. 3. Die Hebräer waren von Gottes rettender Macht so überzeugt, dass sie völlig unverletzt aus dem Often hervorkamen. Die Bibel erklärt, „dass das Feuer den Leibern dieser Männer nichts hatte anhaben können und ihr Haupthaar nicht versengt und ihre Mäntel nicht versehrt waren; ja, man konnte keinen Brand an ihnen riechen".
Wie diese gottesgläubigen Männer hatte auch unsere Tochter nichts Unrechtes getan; trotzdem war sie in einen Feurerofen geworfen worden. Doch was immer der körperliche Augenschein zu sagen schien, das wahre Sein unserer Tochter — ihre geistige Identität — hatte nie die vollkommene Sicherheit der Obhut Gottes verlassen. Wir verglichen den Brandgeruch mit dem seelischen Schaden, mit der Furcht, dem Zorn und all den Nachwirkungen, unter denen angeblich die Opfer eines Verbrechens zu leiden haben. Meine Tochter und ich warren uns jedoch darin einig, dass sie genauso wie die Hebräer diesem Feuerofen errettet worden war und daher nicht unter etwas leiden konnte, was ihr wahres Selbst nicht beruhrt hatte. Wenn sie noch Monate danach von ihrem Erlebnis sprach, fragten wir und immer, ob wir den „Brand" rochen.
Wir erwarteten natürlich, dass der Täter festgenommen und vor Gericht gestellt würde. Ich fing an für Gerechtigkeit zu beten. Ich erkannte, dass Gerechtigkeit eine göttliche Eigenschaft ist und nicht etwas, was nur die Kriminalbeamten zuwege bringen konnten. Gerechtigkeit ist immer gegenwärtig. Folgende Wahrheit aus der Bibel war mir eine große Hilfe: „Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird." Mt 10:26. Dem Täter musste Einhalt geboten werden und er musste die notwendige Hilfe erhalten, damit meine Tochter sich nicht zu fürchten brauchte, wo er war und ob sie ihm wieder begegnen würde. Ich betete jeden Tag für ihren Schutz und auch dafür, dass Gott, das eine Gemüt, allen Beteiligten offenbaren würde, was sie wissen mussten.
Der Mann vergriff sich später in derselben Weise noch an anderen jungen Frauen. Schließlich aber wurde seine Identität ermittelt und er wurde festgenommen. Jetzt hatten wir mit der Möglichkeit zu rechnen, dass meine Tochter in einem Prozess als Zeugin auftreten musste. Wir trafen mehrere Male mit dem Staatsanwalt zusammen und besprachen den Fall. Am Ende dieses ganzen Erlebnisses zeigten sich zwei wunderbare Beweise für Gottes Fürsorge.
Alles Beweismaterial war an das Labor der staatlichen Kriminalpolizei in Atlanta (USA) geschickt worden. Wie uns mitgeteilt wurde, bewies die DNS-Probe von unserer Tochter, dass der Verhaftete auch in ihrem Fall der Täter war. Vom juristischen Standpunkt aus stellte dies die Lösung des Falls dar. Vom geistigen Standpunkt aus betete ich jedoch, um besser zu verstehen, dass unsere Tochter als Gottes Kind all dies in Wirklichkeit nie erlebt hatte. Dem von Gott geschaffenen Menschen konnte nur Gutes widerfahren. Ganz gleich, was die materiellen Sinne behaupteten, ich hielt an der Tatsache fest, dass unsere Tochter „mit Christus in Gott verborgen" Siehe Kol 3:3. ist und dass das schon immer so war und auch immer so bleiben würde.
Für die kleinen Kinder
Vater-Mutter Gott, der mich liebt, wenn ich schlafe, mich umgibt; leite meine Füßchen mir hinauf zu dir.
Mary Baker Eddy
Als wir zu unserer Tochter fuhren, um ihr bei den Vorbereitungen für den Prozess zu helfen, sagte uns der Staatsanwalt, dass sich in dem Beweismaterial unserer Tochter keine DNS befand und dass er sich nicht zu erklären vermochte, warum. Es war nichts verloren gegangen — von der Untersuchung und dem Labor war alles vorhanden —, doch es gab keine DNS und kein „schlüssiges Beweismaterial, dass er [der Täter] sie jemals berührt hatte".
Am Tag der Geschworenenauswahl hielt ich daran fest, dass der göttlichen Gerechtigkeit nichts im Wege stehen kann, und ich betete mit folgender Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit: „Lass Wahrheit den Irrtum auf Gottes eigene Weise aufdecken und zerstören und lass die menschliche Gerechtigkeit die göttliche nachbilden." Wissenschaft und Gesundheit, S. 542. Dann rief uns unsere Tochter an und teilte uns mit, dass es zu keinem Prozess kommen würde. Der junge Mann, der mehr als ein Jahr lang seine Unschuld beteuert hatte, gestand alle Taten ein — eine Liste von einunddreißig Anklagepunkten. Er bekannte sich sogar in allen Punkten im Fall unserer Tochter schuldig, obwohl es hier kein schlüssiges Beweismaterial gab. Am Ende wurde er zu zweifacher lebenslänglicher und zusätzlich dreihundertjähriger Gefängnisstrafe verurteilt, ein Urteil, das er sich für sein Schuldbekenntnis eingehandelt hatte.
Als ich das hörte, fragte ich mich immer wieder, wie es wohl dazu gekommen war, dass sich alles so sehr zugunsten meiner Tochter ergeben hatte. Unser Rechtsanwalt erzählte uns später, dass dieser Mann vor kurzem eine junge Frau geheiratet hatte, die sehr religiös ist. Sie hielt zu ihm und vermochte ihn davon zu überzeugen, dass er nur durch ein Schuldbekenntnis Vergebung und inneren Frieden finden konnte. Sie sagte ihm, er müsse den Frauen, denen er ein Leid zugefügt hatte, ihre Freiheit geben, indem er es ihnen ersparte, in einem Prozess auszusagen. Er stimmte dem zu und bei der Verhandlung weinte er und tat Abbitte für all das Leid und die Angst, die er verursacht hatte.
Ich bin sehr dankbar sagen zu können, dass wir niemals Hass gegen den Mann empfanden oder nach Vergeltung trachteten. Unsere Tochter kehrte an das gleiche College zurück und war entschlossen, sich ihre Studienjahre nicht verderben zu lassen. Sie musste noch manche Nacht mit dem „Brandgeruch" kämpfen, doch hat sie ihre Furcht allmächlich überwinden können. Sie hat kürzlich die Hochschule mit einem Diplom im Strafrecht absolviert und hofft, eine Arbeit im Strafvollzug zu finden. Sie ist der Meinung, dass selbst einer, der furchtbare Fehler begangen hat, Hilfe braucht.
Mary Baker Eddys Gedicht für kleine Kinder bringt mir zu Bewusstsein, wie dankbar ich dafür bin, dass unsere Kinder, auch wenn sie ihren eigenen Weg gehen, doch von den Wahrheiten begleitet werden, die sie schon früh gelernt haben, und diese Wahrheiten helfen ihnen, wenn sie sie am dringendsten brauchen.
Bericht der Tochter
Ich möchte bestätigen, dass dies — leider — eine wahre Geschichte ist, die ich erlebt habe. Obwohl es ein traumatisches Erlebnis war, habe ich dadurch viel über das Leben gelernt, und besonders auch über Gott. Ich wäre nicht in der Lage gewesen mit dieser Situation und den Nachwirkungen fertig zu werden, wenn meine Mutter mir nicht ein total geistiges Gefühl für Gott und Seine Allgegenwart mitgegeben hätte. Sie hat mir immer beigebracht, dass Gott völlig gut ist und dass ich Gottes vollkommenes Kind, Sein Bild und Gleichnis, bin. Das sind nur zwei Wahrheitsgedanken, an die ich mich klammerte, als ich in Not war und solche Angst hatte. Der starke Glaube meiner Mutter und ihre Liebe zu Gott hat uns beiden durch diese schwere Prüfung hindurchgeholfen.
Ich möchte Gott auch danken für Mary Baker Eddy und für ihr Leben und ihre Erkenntnisse. Ich weiß nicht, wie unsere Familie ohne Christian Science auskommen würde. Die Überzeugungen und Gebete meiner Mutter haben uns Gott sehr nahe gebracht.
Ich danke dafür, dass ich anderen von dieser Erfahrung berichten darf.
