Folgenden Satz werden Sie gewiss auch schon oft in Ländern gehört haben, wo es im Dezember schneit: „Für mich ist erst richtig Weihnachten, wenn am Heiligen Abend Schnee liegt.”
Schon als Kind musste ich bei diesem Satz schmunzeln. Aus zwei Überlegungen:
1. Bei den vielen künstlerischen Darstellungen der Geburt Jesu hatte ich nie eine schneebedeckte Krippe gesehen, wahrscheinlich wegen der geografischen Lage Bethlehems.
2. Wenn man glaubt, dass man Schnee braucht um Weihnachten feiern zu können, bedeutet das, dass Südamerikaner und Australier nie „richtig” Weihnachten feiern können. Liegt dieses Fest doch für sie mitten im Sommer.
Jetzt sitze ich also hier mitten im August und schreibe dieses Editorial. Seit zwei Tagen blicke ich auf den Golf von Mexiko und bewundere die Pelikane, wie sie sich geschickt Fische aus dem Wasser holen.
Ich kann mir regelrecht das Erstaunen vorstellen, wenn mich jetzt jemand fragen würde, was ich da schreibe: Gedanken über Weihnachten, mitten im August.
Aber August und Weihnachten passen zusammen. Weihnachten passt überall im Jahr.
Aber genau die Frage, was denn Weihnachten bzw. die Geburt Jesu Christi eigentlich ausmacht, greift die folgende Bibelstelle auf: “Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus ...” (Lk 2:10,11).
Hier werden also zwei Aspekte miteinander in Verbindung gebracht: der Mensch und die Freude. Diese Engelsbotschaft an die Hirten bei Bethlehem vor etwa 2000 Jahren gilt jedem einzelnen Menschen zu jeder Zeit. Löst man sich einmal von der bildlichen Darstellung von Engeln, wie sie viele Künstler empfunden haben, wird folgende Definition interessant, die ich in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy gefunden habe: „Engel. Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Intuitionen, rein und vollkommen ...” (Das vollständige Zitat können Sie auf Seite 581 des oben genannten Buches nachlesen.)
Ich empfinde in dieser Definition eine große Freiheit. Für mich bedeutet sie, dass mich Gottes Gedanken zu jeder Zeit, an jedem Ort erreichen. Nicht nur zur Weihnachtszeit, nicht nur im verschneiten (oder auch nicht verschneiten) Deutschland. Wenn ich weiter davon ausgehe, dass Gott gut ist, dann sind Gottes Gedanken gute Gedanken. Und das hat positive Auswirkungen für eigene Entscheidungen und Handlungen.
Diese Gedanken der göttlichen Freude werden nun ganz unterschiedlich wahrgenommen. Jemand, der gerade einer drohenden Gefahr ohne Schaden entgangen ist, wird vielleicht von einem Schutzengel sprechen. Andere haben, vielleicht entgegen ihrer ursprünglichen Planung, sich intuitiv anders verhalten oder entschieden und merken nun, dass ihr Verhalten bessere Resultate erbracht hat als erwartet. Und solche Menschen — falls sie religiös eingestellt sind — werden vielleicht sagen, dass Gott oder einer Seiner Engel zu ihnen gesprochen habe.
Gibt es nicht auch andere Beispiele für Weihnachtsfreude? Eine Freude, die über die Feiertagsfreude hinausgeht. Weihnachten kann bedeuten, dass dem Menschen die Intelligenz gegeben ist, im entscheidenden Moment das Richtige zu tun. Es kann bedeuten, im Geschäftsleben einer Aufgabe zuzustimmen und sie erfolgreich zu beenden, wo niemand sonst die Chance für einen Erfolg gesehen hat. Es kann bei Kummer und Leid bedeuten, eben nicht die Hoffnung sinken zu lassen, sondern sich trösten und ermutigen zu lassen. Oder in schier auswegloser Situation weiter zu beten und sich von Gottes Liebe gehalten zu fühlen.
Was steckt noch alles in der verheißenen Freude? Vielleicht auch folgender Gedanke: Die schlimmen politischen und gesellschaftlichen Zustände auf der Welt können verbessert werden, Krankheiten können verringert werden.
So bescheiden Erfolge auch aussehen mögen, die Freude über jeden Fortschritt macht Mut und gibt Hoffnung. Jeder einzelne gute Gedanke, jedes einzelne Gebet, leistet einen Beitrag zur Erlösung der Menschen. Das zeigt, dass die weihnachtliche Botschaft der Erlösung und Freude auch heute wirkt.
Dann ist es egal, ob in Deutschland der Schnee leise rieselt. Dann kommt es auf die Herzen der Menschen an, die tief innen spüren, dass der Mensch und die von Gott kommende Freude zusammengehören. In Deutschland, in Brasilien, in den USA — zu jeder Jahreszeit. Sogar im heißen Sommer im August am Golf von Mexiko.
