„Das ist unser Untergang,” beantwortet ein Schreibwarenhändler im Weißeritzkreis die Frage nach den Folgen der Flutkatastrophe. Ich habe viele Kommentare dieser Art gehört. Auf mittlerweile 15 Mrd. Euro schätzt man derzeit die Schäden, die durch das Hochwasser zugefügt wurden. [Stand 4. September, World Press Review, www.worldpress.org] Der Blick in die benachbarten Bundesländer tröstet da wenig. Auch dort schichteten Tausende und Abertausende freiwillige Helfer Sandsack um Sandsack, „gegen die Flut und gegen die Angst”, wie eine Regionalzeitung jüngst titelte.
Ich bin in der glücklichen Lage, dass nur mein Keller ein wenig unter Wasser stand. Chemnitz kam verhältnismäßig glimpflich davon. Und doch lassen die Berichte über den Kampf der Menschen gegen diese ungeahnten Schlamm- und Wassermassen in Städten und Dörfern mich nicht kalt. Aber was mich am meisten beeindruckt und berührt ist die Welle der Hilfsbereitschaft, der Solidarität und des unermüdlichen, selbstlosen Einsatzes vieler. Unzählige bis dahin Unbekannte stehen den Betroffenen zur Seite.
Warum mich das so beschäftigt? Weil ich überzeugt bin, dass dieses selbstlose Miteinander und Füreinander genauso wichtig ist wie die Dammverstärkung mit Sandsäcken. Die Hundertschaften an Freiwilligen, die mit Schaufel, Eimer und Gummistiefeln den Kampf gegen den Schlamm und Müll antreten, bilden gewisser maßen Schutzwall gegen die Verzweiflung, die Resignation, die Mutlosigkeit derer, die ihr Hab und Gut verloren haben, In einem Leserbrief bedanken sich Dresden-Urlauber aus Schwaben für die wunderschönen Tage, die sie in dieser faszinierenden Stadt erleben durften. Und sie rufen den Sachsen und allen anderen Betroffenen zu: Verzweifelt nicht, gebt nicht auf! Wir kommen so bald wie möglich wieder, nicht erst wenn alles wieder glänzt. Wir helfen! Und ich behaupte, dass dieses Füreinander die beste und wirkungsvollste Seelsorge ist. Es setzt Kräfte und Ideen frei, wie es weitergehen kann und die Schäden nicht noch unnötige Nachwirkungen nach sich ziehen.
Inzwischen war ich selbst in Mühlbach, dem Nachbarort von Weesenstein im Tal der Müglitz, und konnte ein kleines Stück weiterhelfen durch Schlammschaufeln und Entrümpeln. Ich war also selbst vor Ort und erlebte das Ausmaß der Verwüstung und auch die inspirierende andauernde Welle der Solidarität. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass meine Hilfe über ein ganzes Wochenende nicht sehr viel in Ordnung bringen konnte. Aber die Besitzerin des mittlerweile wieder bewohnbaren Hauses meinte darauf: „Ja, das stimmt schon, aber es tröstet.”
Diese Hilfe ist unendlich viel wirksamer als ein gewisses Maß an Ordnung herzustellen. Sie tröstet. Sie gibt den Betroffenen die Gewissheit, vom Guten in ihrem Leben nicht völlig abgeschnitten worden zu sein. In diesem Fall überwinden die Helfer für viele die Trennung von all dem Guten und Schönen in ihrem Leben. Sie lassen die Bewohner erfahren, dass es schon jetzt wieder Ermutigendes und Aufbauendes und Stärkendes in ihrem Leben gibt und weiter geben wird. Sie verbinden die Menschen miteinander — und ein Stück weitergedacht, mit Gott. Sie heilen Wunden, am Hab und Gut, aber wichtiger noch an der Seele der Menschen. Und das können wir gleichsetzen mit der göttlichen Liebe in Tätigkeit. Und die wird jetzt gebraucht in ihrer ganzen Reichweite!