Ich hab Zimmermann gelernt und im Bauwesen gearbeitet. Dann hab ich meinen Fachschulingenieur gemacht. Und als junger Familienvater arbeitete ich damals in einer Firma des Energiewesens und hab mich dort mächtig engagiert. Ich war auch ziemlich ehrgeizig, wollte alles ganz gründlich machen und guten Erfolg haben. Aber das brachte mir andere Probleme, weil ich mit der ganzen Zeit, in der wir lebten, nicht so richtig zurecht kam. Dazu kam die Sorge um die Familie, ich wollte also meine Vaterrolle möglichst gründlich spielen. Dann machte ich mir auch Vorwürfe, weil ich dachte, dass ich zu viel falsch mache. Wir wussten auch, dass die Staatsicherheit immer irgendwie am Wirken war und man unter Beobachtung stand.
Das war alles irgendwo belastend. Und ich bekam gesundheitliche Probleme, ich kam mit meinen Nerven nicht mehr so ganz zurecht. Ich war gezwungen, meine Arbeit zu unterbrechen. Ich musste zu einem Arzt gehen.
Ich hatte in meinem Kollegenkreis zwei Fälle, wo die Leute auch nervlich zu tun hatten. Und die wurden mit Medikamenten behandelt, aber das führte alles nicht so richtig zum Ziel. Und ich hatte Angst, mich dieser Medizin zu stellen. Aber ich hatte das Glück, dass ich einen Jugendfreund hatte, der hatte sein medizinisches Studium abgeschlossen und war an einer Poliklinik tätig. Wir haben uns viel ausgetauscht und er kannte meine Einstellung und akzeptierte sie. Er hat mir attestiert, dass ich unfähig war zu arbeiten.
Ich brauchte eine Form von Hilfe und ich hab die Hilfe auch gefunden, und zwar durch eine liebe Freundin, eine ältere Christliche Wissenschaftlerin. Ich bin zu ihr gegangen, um mich an ihrer Standhaftigkeit aufzurichten. Auch um mir Mut zu holen und um mir Angst von der Seele zu reden. Meine Angst ging hin bis zu Selbstmordgedanken.
Sie hat natürlich in dieser Zeit für mich gebetet. Und es ging dann langsam aufwärts. Ich sagte ganz einfach: „Ich bin nicht schlecht und ich bin nicht krank. Und ich bin nicht zu schwach für diese Welt. So nach und nach kam die Überzeugung dazu.
Ich spürte mehr und mehr: Ich bin nicht schlecht, weil Gott unendliche Güte ist, und Er nichts Schlechtes geschaffen hat. Und ich bin nicht schwach, weil Er stark ist und weil Er alle Kraft ist. Er hat mich geschaffen und Er ist die Grundlage meines Seins.
Diese Gedanken, so einfach und schlicht sie auch heute klingen, brachten mir den Freiraum, den ich brauchte, um mehr Zuversicht zu gewinnen und mehr Ruhe zu finden. Ich konnte auch wieder in Herolden, die uns teilweise durch Freunde mitgebracht wurden, kleine Passagen lesen, die in meiner Situation hilfreich waren. So nach und nach wurde die ganze körperliche Situation besser.
In dieser Zeit besuchte mich ein Freund aus West-Deutschland und mit ihm ging ich dann mal durch den Wald spazieren, und er versuchte mir natürlich auch Gedanken zu geben, die mir helfen. Und er fragte mich hintergründig, woran ich dächte, wenn ich diese Bäume sehe. Die Frage fand ich ein bisschen spitzfindig, aber wir haben alle möglichen Eigenschaften bewegt, die in einem Baum zum Ausdruck kommen. Bloß auf das Einfachste kam ich nicht, nämlich dass Bäume wachsen. Damit machte er mir klar, dass ich in meinem Verständnis von Gott wachsen musste. Wir wissen ja über den Menschen nicht mehr, als was wir über Gott wissen. So wie unser Verständnis über Gott als die Ursache allen Seins wächst, in dem Maße gewinnen wir auch ein Verständnis von uns selbst.
Rund zwei Monate vergingen und mein ärztlicher Freund wurde langsam unruhig, weil er nach außen hin ja meine Genesung zu vertreten hatte. Und er forderte mich dann eines Tages auf und sagte: „Du musst dich jetzt unbedingt aktivieren.” Und das machte mich dann wach, so dass ich bewusst meine Fähigkeiten beanspruchte. Ich machte mir klar, dass wir als Gottes geistige Kinder nicht in einer feindlichen Welt hilfslos umherirren, sondern dass wir von Gott gekannt und geliebt sind, und dass Gott für jede seiner Ideen einen Platz hat, wo sich diese Ideen entfalten können, wo die Eigenschaften gebraucht werden, die im Menschen zum Ausdruck kommen.
Das half mir wesentlich, mich wieder auf den Arbeitsprozess einzustimmen. Nach insgesamt 10 Wochen konnte ich meine Arbeit wieder aufnehmen.
Das war noch nicht das Ende dieser Erfahrung. Ich musste dann während meiner Tätigkeit weiterhin Wachsamkeit üben, um nicht in alte Denkweisen zu verfallen. Ich hab mich dann auch ehrlich darum bemüht, meine Mitmenschen als Gottes Kinder anzuerkennen, meine Kollegen nicht als Konkurrenten zu sehen, meine Aufgaben nicht so zu sehen, dass ich sie für Menschen tue, sondern dass ich sie für Gott tue.
Das hat natürlich weiter dazu beigetragen, dass ich meine Arbeit freudiger tun konnte. Und ich konnte später auch den Arbeitsplatz wechseln. Ich fand in einem Bauplanungsbetrieb eine Tätigkeit, die mehr meiner fachlichen Ausbildung entsprach. Dort konnte ich dann auch größere Verantwortung übernehmen.
Und ich konnte mich auch meiner Familie lockerer zuwenden. Ich wurde das falsche Verantwortungsbewusstsein für meine Kinder los. Ich lernte also sie so sehen, wie Gott sie sieht, als Seine Kinder. Und ich sah mich nicht mehr als Dreh- und Angelpunkt der Familie. Und das hat mir und uns allen sehr wesentlich den Weg zu einem harmonischen Familienklima geebenet. Ich hab Abstand gewonnen zu den Problemen und bekam eine größere Ruhe und Ausgeglichenheit.
Diese Depressionen sind nie wieder aufgetreten. Ich hab auch später, als ich unter ziemlichem Arbeitsdruck gestanden habe, nie in irgendeiner Weise ähnliche Zustände erlebt oder mich damit auseinandersetzen müssen. Ich bin dafür sehr dankbar.
Depressionen sind eine der weit verbreitesten mentalen Krankheiten und oft werden sie ignoriert oder nicht beachtet. Sie behindern unsere Kreativität und unsere Freude, unsere Frische, unsere Arbeitsfähigkeit, unsere Lebensfreude.
Um sich von Depressionen zu befreien braucht man einen Ansatzpunkt, der sich außerhalb unserer eigenen Gedanken befindet. Wie finden wir diesen außenliegenden Punkt, der uns herausziehen kann? Welche Kraft kann uns hier helfen?
Der Herold sprach vor einiger Zeit mit Friedmar Kröhnert aus Dresden. Er erzählt davon, wie er zur Zeit der DDR mit Depressionen zu kämpfen gehabt hat und sich gerne auf Christian Science verlassen wollte, um Heilung zu finden.
Im Kommunismus war die einzig anerkannte Heilmethode eine medizinische. Und er hat einen Weg gesucht, wie er trotzdem seiner inneren Überzeugung folgen kann und durch Gebet auf einem geistigen Weg Heilung finden kann.